Flixbus drängt in den Bahnmarkt mit einer Kampfansage. Am Freitag fährt in Deutschland der erste Flixtrain – so nennt der Fernbussriese seine Züge. Wie schon auf der Strasse setzt das Unternehmen auf Tiefpreise. Im Bahnangebot sind Verbindungen zwischen Köln und Hamburg sowie zwischen Stuttgart und Berlin.

Das Auto- und Verkehrsportal «Stau.info» hat 16 Hin- und Rückfahrten zwischen Flixtrain und der Deutschen Bahn ( DB) verglichen. Und einen Preisunterschied von 75 Prozent festgestellt. «Für eine Fahrt mit der Bahn auf den verfügbaren Strecken zahlen Kunden durchschnittlich 70.78 Euro; bei einer Fahrt mit Flixtrain sind es nur 17.42 Euro», heisst es in der Auswertung.

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Eine Strecke kostet im Schnitt unter 20 Euro

Verglichen wurden insgesamt 16 Hin- und Rückfahrten auf denselben Strecken, am selben Tag und zu vergleichbaren Uhrzeiten. So kostet etwa eine Fahrt ohne «Bahncard 50» – dem Pendant zum Halbtax-Abonnement — von Frankfurt nach Berlin mit der DB 84.80 Euro, während sie mit Flixtrain 19.98 kostet. Will man von Stuttgart nach Hannover, kostet das mit der DB 114.80 Euro und mit Flixtrain 19.98 Euro.

«Über den hohen Prozentsatz der Ersparnis waren wir selbst überrascht», sagt Désirée Rossa von «Stau.info» auf Anfrage. Bei Flixtrain zahle man tatsächlich aktuell für jede Hin- und Rückfahrt höchstens 20 Euro, was den hohen Preisunterschied erkläre.

«Flixtrain bietet aktuell die ersten Fahrten sicherlich zu diesen Dumpingpreisen an, um sich stark auf dem Markt zu positionieren», sagt Rossa. Allerdings sei es gut denkbar, dass die Preise auf Dauer stiegen – so geschah es zumindest beim Busangebot.

Flixtrain

Flixtrain will 2019 das Streckennetz erweitern.

Quelle: Screenshot «Stau.info»

Konkurriert Flixtrain bald die SBB?

Doch selbst mit etwas teureren Preisen, bliebe Flixtrain für die Deutsche Bahn ein ernstzunehmender Konkurrent. Doch könnten die grünen Züge auch den SBB gefährlich werden? Dass nämlich einst ausländische Transportunternehmen in die Schweiz drängen, ist nicht undenkbar. Vergangenen Oktober wurde bekannt, dass der Bundesrat den Markt für ausländische Zugunternehmen öffnen will. So sollen ausländische Bahnbetriebe ohne Kooperation mit den SBB in die Schweiz fahren dürfen. Der Bundesrat prüfe eine teilweise Öffnung im Rahmen des Landverkehrsabkommens mit der EU, teilte das Bundesamt für Verkehr (BAV) damals mit.

SBB-Chef Andreas Meyer warnte vor einer solchen Entwicklung kürzlich im Interview: «Unternehmen, die vom Ausland in die Schweiz drängen, werden sich natürlich auf die lukrativen Linien stürzen. Und irgendjemand muss dann den Rest noch fahren», kritisierte er die Liberalisierungs-Bestrebung des Bundes. Die Auswirkungen könnten einschneidend sein, sagt Meyer. «So könnte es sein, dass wir eines Tages keine eigenen starken Verkehrsunternehmen mehr haben. Oder die Verkehrsbetriebe in einer Kooperation mit ausländischen Unternehmen gedrängt werden.»

Neue Trassen für 2019

Ist es realistisch, dass Flixtrain bald in die Schweiz fährt? «Wir konzentrieren uns zunächst auf die beiden Verbindungen Hamburg – Köln und Stuttgart – Berlin», sagt Flixbus-Sprecher David Krebs. Weitere Trassen würden 2019 beantragt. «Unser Kerngeschäft ist allerdings der Fernbusbetrieb und hier liegt der Fokus auf dem Netzausbau in Deutschland und Europa.» Das Unternehmen lässt sich also nicht in die Karten blicken.

Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) relativiert jedoch: «Es wäre schwierig, überhaupt in den Schweizer Markt zu kommen, da die meisten Trassen bereits vergeben sind. Und selbst wenn sie Trassen erhielten, müsste Flixtrain die Kompatibilität des Rollmaterials sicherstellen.» Besonders die Lokomotiven seien überwiegend nicht grenzüberschreitend zwischen Deutschland und der Schweiz einsetzbar. So gibt es Unterschiede, was Vorschriften, Zugsicherungssysteme und Stromabnehmer auf den Loks anbelangt. «Über die Grenze zu kommen ist mit der Bahn also nicht so einfach wie mit dem Bus», sagt Sauter-Servaes.

In Deutschland jedoch spricht er Flixtrain grosse Chancen zu, die Deutsche Bahn zu konkurrieren. Da Flixtrain im Gegensatz zur DB keine Schalterbetriebe führen muss, können sie ihren Bahnverkehr günstiger produzieren. Allerdings haben die Flixtrain-Züge auch einige Nachteile: «Bei Flixtrain gilt das Ticket nur für einen bestimmten Zug zu einer bestimmten Zeit, bei der Deutschen Bahn kann man dagegen mit einem Normalpreisticket auch spontan einen früheren oder späteren Zug wählen.»