Der Name des Anlasses klingt harmlos: Kleinbankensymposium. Doch just dieses nutzte Stefan Walter, der neue Direktor der Schweizer Finanzaufsicht (Finma), für seinen ersten öffentlichen Auftritt. Und dieser hatte es in sich. Denn in der Rede hat der Deutsche umrissen, wie er sich eine griffige Aufsicht vorstellt. Die Prognose sei gewagt: Walter und UBS-Chef Sergio Ermotti werden wohl keine Freunde. 

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Denn gleich in seiner ersten Wortmeldung legt sich Walter mit der UBS an. So fordert er für seine Behörde mehr Kompetenzen für den Normalbetrieb, um schon das Entstehen einer Krise bei einer Bank zu verhindern. In diesem Punkt stimmt das UBS-Management grundsätzlich überein, doch Walter will an die Boni und sogar an die Dividenden ran: «Zum Beispiel fehlt der Finma die gesetzliche Kompetenz, Ausschüttungen und Vergütungen einzuschränken, wenn vorausschauende Stresstests eine potenzielle Kapitallücke offenlegen», sagte der neue Finma-Chef laut Redemanuskript. 

Finma soll Boni deckeln dürfen

Zu Deutsch: Walter verlangt erheblich mehr Macht für die Finanzmarktaufsichtsbehörde. Sie kann nach derzeitigem Recht Boni nicht untersagen. Sie kann nur die Grundsätze festlegen, nach denen die Banken ihre Vergütungssysteme aufsetzen müssen. Die Banken müssen zum Beispiel bei der Vergabe von Boni die eingegangenen Risiken angemessen berücksichtigen. 

Was Walter nun will, geht viel weiter: Statt nur Prinzipien festzulegen, will er direkt in die Vergütungen ad hoc eingreifen dürfen, wenn aus Sicht der Finma droht, dass zu hohe Ausschüttungen die Kapitalposition einer Bank gefährden.

Paradebeispiel dafür ist die Credit Suisse: In den zehn Jahren vor ihrem Untergang 2023 schüttete die Grossbank insgesamt 32 Milliarden Franken an Boni aus, gleichzeitig machte sie in dem Zeitraum einen Verlust von 3,2 Milliarden Franken.

Walter geht auch mit seiner Forderung auch über das hinaus, was die Finma in ihrem «Lessons learned»-Bericht im vergangenen Dezember vorgeschlagen hatte. Darin plädiert die Aufsicht lediglich dafür, die Eingriffsrechte der Finma mit Blick auf die  Vergütungssysteme in einem Gesetz besser zu verankern. Von einer ad hoc Begrenzung von variablen Ausschüttungen ist in dem Papier aber nicht die Rede.   

Der Aufschrei in der Bankenszene gegen die Machtansprüche des neuen Finma-Chefs kann daher als sicher gelten. Und Walter ist sich dessen auch bewusst: Solche «frühen Eingriffsmöglichkeiten der Finma könnten als einen exzessiven Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit» gesehen werden, erklärt er selbst. 

Solchen Bedenken hält er entgegen, dass es entscheidend sei, dass die Aufsicht früh Fehlentwicklungen unterbinden kann. Andere grossen Aufsichten wie die Fed in den USA oder auch die EZB – wo Walter zuvor Bankenaufseher war – hätten bereits die Kompetenz, bei den Banken im Normalbetrieb einzugreifen. «Am Ende entscheidet sich die Resilienz des Finanzplatzes der Schweiz am Anfang – in der Phase der Ruhe und der Frühintervention», so Walter. 

Die UBS soll deutlich dickere Kapitalpolster vorhalten

Der neue Finma-Chef stellt sich in einem zweiten Punkt diametral gegen UBS-Chef Ermotti und unterstützt die Pläne des Bundesrates, von der UBS mehr Eigenkapital zu verlangen. Gegen diese Pläne läuft die UBS Sturm. Konkret soll das sogenannte Stammhaus – die UBS AG – den Wert der Auslandstöchter mit bis zu 100 Prozent Eigenkapital unterlegen müssen. Das könnte die UBS zwischen 15 und 25 Milliarden kosten, wie die «Handelszeitung» bereits vorrechnete. 

UBS-Chef Ermotti argumentiert, dass die CS nicht wegen zu wenig Eigenkapital zugrunde gegangen sei. Höhere Eigenmittelanforderungen bedrohten aber die Profitabilität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der UBS. Zudem könnten höhere Eigenmittelanforderungen die Kredite verteuern.

Der neue Finma-Chef dagegen erklärt: «Die CS-Krise hat insbesondere die Verwundbarkeit der Stammhäuser schonungslos aufgezeigt.» Im Fall der UBS setze man sich für eine volle Kapitalisierung der Beteiligungen dieser Einheit ein.

Streit um höheres Eigenkapital

Ziel müsse sein, auch eine UBS im Krisenfall abwickeln zu können – ein Schritt, den die Behörden bei der CS nicht gewagt hatten. Die Aufsicht müsse die Macht haben, Geschäftsaktivitäten oder Verflechtungen zu verhindern, die einer Abwicklung im Wege stehen könnten, so der neue Finma-Chef. 

Und weiter sagt er: «Je schwieriger es ist, eine Bank abzuwickeln, desto höher sollten die Puffer zur Vorsorge sein.»

Im nächsten Jahr will der Bundesrat im Detail darlegen, wie die neuen Eigenmittelanforderungen aussehen sollen. Der Finma-Neuling Stefan Walter hat sich in dieser Debatte nun sehr klar positioniert. Mit ihm dürfte die UBS-Spitze wohl noch das eine oder andere Mal aneinandergeraten.  

Holger Alich
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