Das ist der niedrigste Stand seit 2013 und der sechste Rückgang in Folge, wie aus der Analyse des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY hervorgeht. Im europäischen Vergleich belegt Deutschland damit zwar weiterhin den dritten Platz - der Abstand zu Primus Frankreich vergrösserte sich aber erneut. EY zählte dort zwar fünf Prozent weniger Vorhaben, aber immer noch 1194.

Das Nicht-EU-Land Grossbritannien folgt mit 985 Projekten (plus sechs Prozent). Die höchste Zahl ausländischer Investitionen in den Standort Deutschland verzeichnete EY mit 1124 Vorhaben im Jahr 2017. Vor der Corona-Pandemie 2019 lag die Zahl bei 971. EY führt die Studie seit 2006 durch. Angaben zum Investitionsvolumen wurden nicht gemacht.

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EY-Chef: Deutschland wird abgehängt

Der Vorsitzende der EY-Geschäftsführung, Henrik Ahlers, hält den Rückgang für eine beunruhigende Entwicklung: «Das ist ein Alarmsignal. Deutschland wird abgehängt, andere europäische Standorte entwickeln sich viel dynamischer», wird er in einer Mitteilung zitiert. Seit 2017 sei die Zahl der Investitionsprojekte in Deutschland um 35 Prozent gesunken, in Grossbritannien betrug das Minus in dem Zeitraum 18 Prozent. Frankreich legte hingegen um 20 Prozent zu. «Frankreich ist der grosse Brexit-Gewinner. Deutschland hingegen hat sogar noch mehr Investitionen verloren als Grossbritannien», sagte Ahlers.

Ahlers macht für das schwache Abschneiden Deutschlands mehrere Gründe aus, darunter die hohe Steuerbelastung, hohe Arbeitskosten, teure Energie sowie die Bürokratie im Land. «Das Ergebnis: Die Investitionen sinken, die Stimmung bei Verbrauchern wie Unternehmen ist im Keller, die Konjunktur entwickelt sich so schwach wie in keinem anderen Industrieland».

Auch in ganz Europa schwächelte die Entwicklung, aber nicht so stark wie in Deutschland. 2023 sank die Zahl angekündigter Projekte um vier Prozent auf insgesamt 5694. Die grösste Dynamik wiesen die Türkei (plus 17 Prozent) und die Schweiz (plus 53 Prozent) aus. Das Vor-Pandemie-Niveau wurde europaweit aber weiterhin verfehlt. Die Zahl der Vorhaben lag elf Prozent unter dem Wert von 2019.

US-Investoren fahren Engagement zurück

US-Unternehmen waren vergangenes Jahr zwar immer noch die wichtigsten Investoren in Europa und Deutschland - die Zahl der Projekte schrumpfte aber um 15 Prozent, hierzulande sogar um 22 Prozent. Ahlers macht dafür milliardenschwere Subventionsprogramme wie den Inflation Reduction Act (IRA) verantwortlich. «Die US-Standortpolitik zeigt Wirkung», sagte er. «US-Konzerne investieren offenbar verstärkt im eigenen Land und seltener in Europa.»

US-Investoren hätten den Standort Deutschland zwar keineswegs abgeschrieben, das Vertrauen sei aber erschüttert. Top-Prioritäten der deutschen Politik und Wirtschaft sollte sein, dieses wieder herzustellen, sagte Ahlers. Um einen Subventionswettlauf könne es aber nicht gehen. Vielmehr müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden.

Ahlers zeigte sich jedoch skeptisch, ob das schnell gelingen kann: «Die Probleme in Deutschland liegen tief und sind auch struktureller Art. Eine Trendwende wird daher nicht von heute auf morgen gelingen», sagte er. Notwendig seien eine echte Steuerreform und ein Abbau von Regulierung.