Dr_Hongguang_DONG

Impulsgeber 2021: Gesellschaft

Veröffentlicht am 24.06.2021 - 08:52 Uhr
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Von Medizin über Journalismus bis zur Kunst: Mit ihrem Tun versetzen diese Impulsgeberinnen und Impulsgeber Berge – und zwar bis nach China und zurück.

Seit 2019 kürt das Europa Forum Luzern jedes Jahr herausragende Persönlichkeiten, deren Visionen etwas bewegen. Passend zum Jahresmotto «Im Banne Chinas» sind es heuer 25 Impulsgeberinnen und Impulsgeber, die im Spannungsfeld Schweiz, Europa und China Herausragendes leisten und Brücken bauen. Nachfolgend 5 Porträts aus dem Bereich Gesellschaft.

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Hongguang Dong, 58: Zwei Philosophien vereint

Als Professor Aldo Campana, Direktor der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe an den Genfer Universitätskliniken (HUG), 1996 nach Möglichkeiten suchte, die Erfolgsquoten für In-vitro-Schwangerschaften am Universitätsspital zu erhöhen, kam er auf die Idee, es mit der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) zu versuchen. Er hörte sich bei Kollegen um und fand schliesslich an der Pekinger Universitätsklinik den Reproduktionsmediziner und TCM-Experten Hongguang Dong. «Professor Campana sagte, ich solle doch für zwei bis drei Monate die wunderschöne Schweizer Landschaft geniessen und ihn in der Klinik mit der TCM unterstützen», erinnert sich Doktor Dong. Aus den zwei bis drei Monaten wurden 25 Jahre.

Inzwischen gilt Hongguang Dong als einer der wichtigsten Wegbereiter der TCM in der Schweiz und ist neben seiner medizinischen Tätigkeit in führender Position in zahlreichen TCM-Organisationen tätig: Er ist Vizepräsident des Weltverbandes der Akupunktur-Moxibustion-Gesellschaften, stellvertretender Generalsekretär des Weltverbandes der chinesischen Medizin und Vizepräsident der Association Romande des Médecins Acupuncteurs (Agmar). Zudem ist er Experte des Teams für traditionelle, komplementäre und integrative Medizin der WHO. Doktor Didier Chardonnens, ehemaliger Chef der Klinik für Reproduktion und Gynäkologie am HUG: «Der interessante Aspekt von Doktor Dongs Arbeit bestand darin, zwei verschiedene Philosophien der Medizin zu vereinigen und den Vorteil einer Verschmelzung wissenschaftlich zu belegen.»

Als Dong 1996 der Abteilung des HUG um Professor Campana beitrat, versuchten beide, die besten Elemente östlicher und westlicher Ansätze bei der Behandlung vieler Erkrankungen wie etwa Unfruchtbarkeit zu untersuchen. Durch die Einführung der Akupunktur in die Behandlung konnten sie sowohl die physischen als auch die psychischen Aspekte der Störung behandeln und so die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöhen. Die Forschung hat inzwischen den positiven Einfluss der TCM bei vielen Behandlungen bewiesen.

Mehr als zehn Jahre arbeitete Dong hauptberuflich am HUG, bevor er zum Hôpital de la Tour in Genf wechselte. 2010 gründete er eine private Klink für TCM in Meyrin bei Genf, während er gleichzeitig weiter in der Klinik La Tour arbeitete. Am HUG sitzt er bis heute als «Médecin Associé» in einem multidisziplinären Gremium für Schmerztherapie. Im Jahr 2018 wurde am Hôpital de la Tour in Genf ein multidisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie eingerichtet. Dong arbeitet mit einer Expertengruppe aus verschiedenen Kantonen der Schweiz in diesem Zentrum zusammen, das heute zu den Top-Einrichtungen in Europa gehört und einen integrativen Ansatz im Bereich der Schmerztherapie verfolgt. Professor François Pralong vom Hôpital de la Tour: «Die Errungenschaft von Doktor Dong, die Lücken zwischen traditioneller chinesischer Medizin und westlicher Medizin zu schliessen, wurde durch seine doppelte Ausbildung ermöglicht. Er hatte also von Anfang an die perfekte Basis, um die Brücke zwischen beiden Welten zu schliessen.»

2018 wurde in Meyrin das chinesisch-schweizerische Zentrum für TCM gegründet, das Dong leitet. Das Zentrum wird von China als Modellplattform für die chinesische Medizin anerkannt und erhält vom chinesischen Staat jährlich rund 140 000 Franken. Auf die Frage, ob ihn die Vielzahl seiner Aktivitäten nicht überlaste, zitiert Dong Konfuzius: «Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.»  Florian Fels

3 Fragen an Hongguang Dong

Sollten Schweizer ihren Blick auf China ändern?

Die Basis ist bereits gut, aber um das Verständnis weiter zu stärken, empfehle ich, China zu besuchen und vor Ort zu spüren.

Vermissen Sie Ihre Heimat?

Ich vermisse meine Familie und meine chinesischen Freunde. Und natürlich chinesisches Essen.

Was gibt es bei der TCM-Arztwahl zu beachten?

Der Praktiker sollte einen soliden Bildungshintergrund und natürlich den Willen und das Herz haben, dem Patienten zu helfen.

Aline Ballaman-Garibian, 38: Toröffnerin zum Reich der Mitte

Mit Exporten von mehr als 13 Milliarden Franken ist China der viertwichtigste Absatzmarkt der Schweiz, hinter Deutschland, den USA, Frankreich und Italien und noch vor Grossbritannien. Dafür, dass im Riesenreich nicht nur Grosskonzerne, sondern auch kleinere und mittlere Unternehmen Fuss fassen, hat in den vergangenen knapp zehn Jahren sie gesorgt: Aline Ballaman-Garibian, ehemals General Manager der Swiss Centers China und heute Vorstandsmitglied der Wirtschaftskammer Schweiz-China sowie der Stiftung Fondation Swiss Centers, welche die Swiss Centers China gegründet hat. Mehr als 350 Schweizer Firmen hat das im Jahr 2000 gegründete und inzwischen an fünf Standorten an Chinas Ostküste vertretene Swiss Center bei ihren Aktivitäten in China unterstützt und dabei mitgeholfen, mehr als 30 Produktionsbetriebe und mehr als 50 Büros und Vertriebsfirmen aufzubauen. Ziel des in seiner Art einzigartigen Netzwerkes ist es, die Risiken eines Markteintritts zu minimieren und den Neuankömmlingen ein sicheres Umfeld zu bieten.

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Quelle: ZVG

Aline Ballaman-Garibian hat in La Chaux-de-Fonds Betriebswirtschaft studiert und ist derzeit  am IMD für den EMBA eingeschrieben. Vor ihrem Wechsel zu den Swiss Centers studierte sie ein Jahr Chinesisch an der Universität in Suzhou, einer Stadt westlich von Schanghai. Davor war sie unter anderem als Sales Managerin bei Swatch Group tätig.  Seraina Gross

Noah Barkin, 54: Beziehungs-Spezialist

Der China-Experte Noah Barkin lebt seit mehr als 15 Jahren in Berlin. In seiner 25-jährigen Karriere bei der Nachrichtenagentur Reuters berichtete Barkin aus über zwanzig Ländern. Als Sonderkorrespondent für Europa hatte er sich zuletzt auf die Beziehungen zwischen Europa und China spezialisiert. Bis 2019 leitete er das Reuters-Büro für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Zuvor hatte der gebürtige Amerikaner in Paris, London und New York gearbeitet. Zudem schrieb er für die «New York Times», «The Atlantic», «Foreign Policy» und «Politico». Heute arbeitet Barkin für das Forschungsunternehmen Rhodium Group. Zudem ist er Visiting Fellow beim German Marshall Fund of the United States in Berlin, wo er sich vor allem mit Europas Beziehungen zu China und den Auswirkungen von Chinas Aufstieg auf die transatlantischen Beziehungen beschäftigt. In seinem Heimatstaat Kalifornien hatte Barkin Politikwissenschaften und Französisch studiert, später internationale Beziehungen an der Columbia University in New York.  Melanie Loos

Noah Barkin
Quelle: ZVG
Catherine Gfeller, 55: Kunst verbindet

Im vergangenen März präsentierte Catherine Gfeller in ihrer Heimatstadt Neuchâtel die Installation «Chinese Women» in Form einer dreifachen Wandprojektion, die parallel Porträts von Frauen aus der französischen Schweiz und China zeigt. Dieses Projekt, das im Rahmen des 70-Jahre-Jubiläums der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und China ins Leben gerufen wurde, wirft unweigerlich Fragen auf über die Kluft, die westliche Frauen und chinesische Arbeiterinnen immer noch trennt, und das in einer Zeit, in der die Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte steht.

Cathrine Gfeller
Foto: Burkhard Maus
Foto: Burkhard Maus

Als unermüdliche Reisende bekennt Catherine Gfeller, dass sie in Kalifornien auf einer prägenden Reise nach der Matura künstlerisch geboren wurde: Angezogen von den weiten Räumen und der Mythologie des Westens begann sie, diese fast schon zwanghaft zu fotografieren – und hörte damit nicht mehr auf. Mitte der 1990er Jahre, nach ihrem Master-Abschluss in französischer Literatur und Kunstgeschichte an der Universität Neuenburg, zog sie dank einem Stipendium an die andere Küste der USA, nach New York. Nach den kalifornischen Landschaften war es Zeit für «Urban Friezes», eine Serie, die sie in der Schweiz, in Frankreich und in den USA ausstellte.

Ganz am Ende des 20. Jahrhunderts liess sich die Neuenburgerin schliesslich in Paris nieder, wo sie bis heute lebt und mit dem Preis der HSBC-Stiftung für Fotografie ausgezeichnet wurde. Seitdem verfolgt Catherine Gfeller eine internationale Karriere mit Standbildern – oft am Computer nachbearbeitet – und mit Videos; in den kommenden Monaten sind von ihrer Kunst Ausstellungen in Zürich und Hongkong geplant.  Stéphane Gobbo

Uli Sigg, 75: Asienkenner schlechthin

Uli Sigg ist heute als Sammler und Förderer der modernen chinesischen Kunst, als Mäzen und China-Kenner eine international bekannte Marke. Der ehemalige Schweizer Meister im Achter arbeitete nach seinem Jus-Doktorat an der Universität Zürich als Wirtschaftsjournalist. In welcher Region? Richtig, in Asien. Ab 1977 zog er für Liftbauer Schindler in China das erste Joint Venture zwischen einem westlichen Unternehmen und einem chinesischen Staatsbetrieb hoch. Später war er Schweizer Botschafter in Peking, zuständig für die Volksrepublik China und Nordkorea. Mehr Schweiz–Asien geht nicht.

Uli Sigg
Foto: Gerry Nitsch / 13 Photo
Foto: Gerry Nitsch / 13 Photo

Doch. Sigg ist Gründungspräsident der Wirtschaftskammer Schweiz-China (SCCC), deren Geschäftsführerin derzeit Beilun Wei ist (siehe Seite 20). Daneben ist der passionierte Liberale Mitglied des Beirats der China Development Bank. Beim Bau des Nationalstadions in Peking war er Berater der Architekten von Herzog & de Meuron. Seine Sigg Collection gilt als die weltweit grösste und bedeutendste Sammlung chinesischer Gegenwartskunst. Er ist heute auch als Co-Kurator der Eröffnungsausstellung im Museum M+ am Victoria Harbour in Hongkong engagiert, das im November eingeweiht werden soll. Eine Gratwanderung und ein Kraftakt ist dies zweifellos. Überall lauern Kritiker und Gegner. Sigg, der erprobte Spitzendiplomat mit tiefen Kenntnissen der chinesischen Seele, wird auch diese Herausforderung meistern. Der Asienkenner ist übrigens auch in der Heimat engagiert, etwa als Verwaltungsratsvize bei Ringier und VR-Mitglied bei der Axon Active Holding.  Eckhard Baschek

Die Jury, welche die Impulsgeberinnen und Impulsgeber 2021 kürte:

Executive Commitee, Europa Forum Luzern.

  • Marcel Stalder, Präsident, Chain IQ
  • Philipp Gmür, Vizepräsident, Helvetia
  • Morten Hannesbo, Quästor, Dignitinis
  • Elvira Bieri, SGS
  • Julie Cantalou, glp Lab
  • Andreas Gerber, Credit Suisse
  • Hans Hess, ehem. Swissmem
  • Daniel Keist, Metall Zug AG
  • Michael Moersch, Ringier Axel Springer Schweiz
  • Damian Müller, Ständerat
  • Fabian Peter, Regierungsrat Luzern
  • Cécile Rivière, foraus
  • Jean-Philippe Rochat, Kellerhals Carrard
  • Stefan Rösch-Rütsche, EY
  • Bruno Staffelbach, Rektor Universität Luzern
  • Fritz Studer, Luzerner Kantonalbank
  • Sophie Weerts, Professorin Universität Lausanne
  • Beat Züsli, Stadtpräsident Luzern