Die Branche sei auch im Jahr 2023 stark und widerstandsfähig geblieben, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) bei der Vorstellung der Ergebnisse der jährlichen Bankenprüfung mit. Dabei hätten die Institute auch von den kräftig gestiegenen Zinsen profitiert. Die Risiken hätten aber zugenommen. «Banken werden sich den Herausforderungen der restriktiveren Finanzierungsbedingungen, der dauerhaft erhöhten Inflation und den anhaltenden geopolitischen Spannungen stellen müssen», sagte EZB-Chefbankenaufseher Andrea Enria, der zum Jahresende nach fünf Jahren aus dem Amt scheidet.

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Zwar seien die Quoten fauler Kredite niedrig. «Steigende Kreditkosten und eine schwächere Nachfrage könnten die Kreditqualität aber generell beeinflussen», warnte Enria. Die schwache Konjunkturprognose bleibt laut EZB eine Risikoquelle. Es gebe erste Anzeichen für eine sich verschlechternde Qualität von Vermögenswerten. Zudem hätten die Unternehmensinsolvenzen und Ausfallraten verglichen mit den Tiefstständen während der Zeit der Corona-Pandemie zugenommen. Dazu befänden sich die Märkte für Wohn- und Gewerbeimmobilien im Abschwung. Auch bleibe das Risiko von Cyberattacken auf Banken nachwievor erhöht. Anleger zweifelten weiterhin, ob die verbesserte Ertragslage der Institute langfristig anhalten werde.

Weitere Stärkung der Widerstandsfähigkeit

In den Jahren 2024 bis 2026 wollen sich die Bankenaufseher vor allem mit der Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Institute gegen Schocks beschäftigen. Eine weitere Priorität sei die Beseitigung von Mängeln in der Unternehmensführung sowie bei der Handhabung von Klimarisiken, sagte Enria. Auch die Digitalisierung in der Branche habe die Aufsicht im Fokus. Die EZB will 2024 einen Stresstest auflegen, bei dem speziell ihre Widerstandsfähigkeit gegen Cyberattacken geprüft werden soll.

Kapitalanforderungen leicht gestiegen

Ein Ergebnis der jährlichen Bankenprüfung war, dass kein Institut Kapitalniveaus unterhalb der Gesamtsumme aus Kapitalanforderungen und -empfehlungen sowie Puffern aufgewiesen hat. Noch im Vorjahr hatte ein Geldhaus die Kapitalanforderungen und -empfehlungen nicht erfüllt. Im Schnitt besässen die Banken eine solide Kapital- und Liquiditätsausstattung, teilte die EZB mit. Diese läge weit über den aufsichtlichen Anforderungen. Die Gesamtkapitalanforderung und -empfehlung für das harte Kernkapital (CET 1) nahm laut EZB für 2024 im Schnitt leicht zu auf 11,1 Prozent von rund 10,7 Prozent 2023.

Bei 20 Grossbanken erhöhte die Aufsicht die Kapitalanforderungen. Bei ihnen wurden laut EZB Kapitallücken festgestellt, da sie nicht genügend Vorsorge getroffen haben für faule Kredite. Die Abdeckung von Risiken aus solchen Engagements sei unzureichend gewesen. Acht Institute bekamen einen Zuschlag für stark gehebelte Finanzierungen (Leveraged Finance) auferlegt. Aus Sicht der Bankenaufseher ist die Gewinnstärke der Institute dank der massiv gestiegenen Zinsen auf Niveaus zurückgekehrt, die seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen wurden. Dies habe ihre Fähigkeit gestärkt, externen Schocks standzuhalten. Der Rückenwind durch die gestiegenen Zinsen werde jedoch abnehmen, wenn die Banken diese auch an die Sparer weiterreichen. Der Wettbewerb um Einlagen wird nach Einschätzung der Aufseher zunehmen.

Die EZB ist seit Herbst 2014 für die Aufsicht über die grossen Banken in der Euro-Zone zuständig. Aktuell kontrolliert sie 109 Institute. (Reuters/hzb/pg)