Als «die neue Ära des M&A» beschreibt sich die Investmentbankboutique Zumera mit Sitz in Berlin. Hier konzentrieren sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Firmenübernahmen und -zusammenschlüsse von kleineren und mittelgrossen Firmen. In diesem Bankingbereich verläuft die Digitalisierung bisher anders als in anderen Bereichen: Menschen spielen weiterhin die wichtigste Rolle. Aber im Hintergrund arbeiten sie mit modernsten Technologien, wie ihr Gründer Felix Engelhardt in Zürich sagte.

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Herr Engelhardt, wo steht das Investmentbanking bezüglich Digitalisierung und Innovationen im Vergleich zu anderen Bereichen des Bankings?

Ich halte das Investmentbanking für deutlich weniger fortschrittlich als die anderen Bankbereiche. Das liegt besonders an den nach wie vor hohen Margen, die zu wenig Handlungsnotwendigkeit führen, und an der sehr personenabhängigen Arbeit in der Beratung. Auf der anderen Seite ist der Datenschutz im B2B-Kontext im Vergleich zum Retailbanking ein geringeres Problem, und man kann Datenanalysetools und KI im Investmentbanking leichter einsetzen. Es ist nicht nur wichtig, eine Balance zu finden zwischen der Wahrung der traditionellen Stärken des Investmentbankings – wie persönlicher Beratung und massgeschneiderten Lösungen – und der Einführung von Technologien, die Effizienz und Effektivität steigern. Sondern es gilt auch, die Kundschaft mit neuer Technologie nicht zu überfordern. Deshalb eignet sich die interne Nutzung neuer Technologien häufig besser, als diese beim Kunden direkt einzusetzen. Zu den Innovationen, die man im Investmentbanking in den vergangenen Jahren gesehen hat, zählen die Special Purpose Acquisition Companies (Spacs). Nach einem kurzen Boom ist es wieder ruhiger geworden.

Was ist von dieser Innovation zu halten?

Spacs wurden primär als ein alternativer Weg zum Initial Public Offering (IPO) betrachtet. Sie ermöglichen es Unternehmen, schneller und mit potenziell weniger regulatorischen Hürden an die Börse zu gehen. Dieser Mechanismus war besonders attraktiv in einem Marktumfeld, das von niedrigen Zinsen und hohen Liquiditätsniveaus geprägt war. In volatilen Marktphasen, wie sie in den letzten Jahren häufiger auftraten, steigt das Risiko für Investoren in Spacs. Dies liegt daran, dass die Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Performance der übernommenen Unternehmen grösser ist. Solche Bedingungen führen dazu, dass Investorinnen und Investoren vorsichtiger werden und sich eher von risikoreicheren Anlageformen wie Spacs abwenden.

Gibt es noch ausreichend attraktive Ziele für Spacs?

Ein kritischer Aspekt ist die Notwendigkeit, innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens ein geeignetes Übernahmeziel zu finden. In einem Markt mit vielen Spacs und einer begrenzten Anzahl von attraktiven Übernahmezielen kann es schwierig sein, ein Unternehmen zu finden, das den Erwartungen der Investorinnen und Investoren entspricht. Diese Herausforderung wird durch den Druck verschärft, innerhalb einer bestimmten Frist ein Target zu akquirieren, was zu voreiligen oder weniger vorteilhaften Deals führen kann. Spacs haben auch verstärkte Aufmerksamkeit von Regulierungsbehörden auf sich gezogen, die sich um Transparenz und Anlegerschutz sorgen. Die Performance einiger Spacs nach der Übernahme war gemischt, was zu einer gewissen Skepsis unter den Anlegenden führte und das Vertrauen in diese Anlageform untergrub. Ziele gibt es sicher noch genügend, aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten, diese auch ohne Spac zu erwerben. Zumera verfolgt einen Boutiquenansatz, wie man das auch von anderen kleinen spezialisierten Investmentbanken und teilweise vom Private-Banking kennt.

Wo sehen Sie die Chancen und die Grenzen der Boutiquen?

Boutiquen bieten oft einen persönlicheren, massgeschneiderten Ansatz in der M&A-Beratung. Sie sind agiler und können sich schneller an die spezifischen Bedürfnisse und Situationen ihrer Kundinnen und Kunden anpassen. Dieser unternehmerische Ansatz ermöglicht innovative Lösungen und eine engere Kundenbindung. Im Vergleich zu grösseren Banken und Finanzinstitutionen können Boutiquen flexibler agieren, da sie oft weniger strengen regulatorischen Anforderungen unterliegen. Dies ermöglicht eine schnellere Anpassung an Marktveränderungen und die Möglichkeit, Nischenmärkte effizienter zu bedienen. Mittels Technologie können wir bei Zumera sowohl sektorspezifische Spezialistenteams als auch geografische Coverage aufbauen. Aktuell sind wir besonders präsent in den Sektoren Technologie und in den mittelständisch geprägten Industriezweigen, insbesondere in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und Grossbritannien.

Wie sieht es mit Interessenkonflikten aus?

Boutiquen sind in der Regel unabhängiger, was zu weniger Interessenkonflikten führt. Dies kann das Vertrauen der Kundschaft stärken, da sie sich auf eine objektivere Beratung verlassen kann. Der Eintritt in stark regulierte Märkte wie das Kapitalmarktgeschäft kann für neue Boutiquen besonders herausfordernd sein. Hier dominieren etablierte Akteure mit starken Kundenbeziehungen und umfassenden Compliance-Strukturen. Neue Boutiquen können dagegen durch innovative Ansätze, Nischenfokussierung und den Aufbau starker Netzwerke Markteintrittsbarrieren überwinden. Deshalb bleiben wir auch bei unserem Fokus, mittelständische Transaktionsgrössen zu betreuen.

Welche Rolle spielen neue Technologien?

Die Nutzung von Technologie kann auch dabei helfen, regulatorische Anforderungen effizienter zu erfüllen und sich schnell an Marktveränderungen anzupassen. Es gibt nur wenige hoch qualifizierte Boutiquen, die sich auf mittelständische Transaktionen im DACH-Raum spezialisiert haben. Hier klafft eine riesige Lücke zwischen Nachfrage und gutem Angebot. Um in diesem Segment erfolgreich zu sein, müssen Boutiquen in Technologien investieren, die es ihnen ermöglichen, effizienter und zielgerichteter zu arbeiten. Dazu gehören datengetriebene Analysetools, CRM-Systeme und vielleicht auch KI-gestützte Evaluierungstools. Hier fehlen oft die Kompetenz und die nötigen Ressourcen.

Felix Engelhardt ist Co-Gründer und CEO des M&A-Hauses Zumera. Einschlägige Erfahrungen sammelte Engelhardt unter anderem bei der Commerzbank, der Deutschen Bank und der UBS. 

Welchen Einfluss wird die Generative Künstliche Intelligenz auf Ihre Aktivitäten haben?

Ein wesentlicher Schritt in der Digitalisierung ist das Sammeln und die Zugangsmöglichkeit des Wissens und der Netzwerke aller Bankerinnen und Banker. Durch eine digitale, KI-gestützte Plattform kann dieses Wissen strukturiert und für alle Teammitglieder verfügbar gemacht werden. Durch den Einsatz von Technologien wie künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen können ausserdem interne und externe Daten und Informationen zusammengeführt und so aufbereitet werden, dass sie genau dann verfügbar sind, wenn sie benötigt werden. Dies erhöht die Effizienz und die Relevanz der Informationen für spezifische Projekte oder Entscheidungen. Schlussendlich ermöglicht uns der Einsatz von Technologie bei Zumera, einen hohen Qualitätsstandard sicherzustellen, der mit rein manueller Arbeit kaum abbildbar wäre.

Vielerorts beklagt man den Mangel an Talenten – wie sieht es bei Ihnen aus, wer sollte sich mit Ihnen in Verbindung setzen?

Wir suchen Talente im klassischen M&A-Bereich, achten hier aber darauf, besonders unternehmerische Personen einzustellen, die Innovationsgeist, Eigeninitiative und Anpassungsfähigkeit mitbringen. Die Kombination aus Investmentbanking und Wachstumsunternehmen zieht jedenfalls viele Talente an. Wir werden in den kommenden Jahren weitere Standorte eröffnen, um unseren neuen Kolleginnen und Kollegen die Standortwahl bieten zu können.

Wie steht es um Partnerschaften mit anderen Finanzdienstleistern?

Bei Zumera haben wir uns darauf spezialisiert, den Bereich kleinerer M&A-Transaktionen zu bedienen – ein Segment, das von grösseren Investmentbanken oft nicht prioritär behandelt wird. Unsere Partnerschaften mit diesen Banken sind zentral für unsere Strategie. Wir unterstützen sie dabei, diese kleineren, aber dennoch wichtigen Deals in hoher Qualität abzuwickeln. Wir wären sicher auch eine mögliche Tür für Investmentbanken, die auch mit ihrem Corporate-Banking-Geschäft in den europäischen Mittelstand wollen.

Und wenn wir in die Zukunft schauen: Wie wird Ihr Unternehmen 2030 aussehen?

Unsere Vision für Zumera im Jahr 2030 ist klar und ambitioniert: Wir streben an, die unangefochtene Nummer eins im europäischen M&A-Markt zu sein. Wir sehen uns nicht als ein Unternehmen, das in seiner Grösse begrenzt ist. Ganz im Gegenteil: Unsere Strategie und Struktur sind so ausgerichtet, dass wir mit zunehmender Grösse immer effizienter und effektiver werden. Wir sind überzeugt, dass unser Geschäftsmodell und unsere Arbeitsweise einzigartige Vorteile bieten, die sich mit wachsender Grösse multiplizieren. Zum einen verbessern wir kontinuierlich unsere Prozesse und Technologien, um die Qualität zu steigern. Zum anderen bedeutet Wachstum für uns auch eine Ausweitung unseres Netzwerks und unserer Expertise, was jedem und jeder einzelnen unserer Banker und Bankerinnen zugutekommt.

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