Zur selben Zeit im letzten Jahr prognostizierte Pimco für 2023 eine leichte Rezession sowie eine weiterhin über dem Zielwert liegende Inflation. Zwar erwarteten wir, dass pandemiebedingte Überhänge – also überschüssige Ersparnisse aus umfangreichen staatlichen Transfers – zu einer Abfederung der Wirtschaft beitragen würden.

Dennoch gingen wir davon aus, dass die Geschwindigkeit und das Ausmass der geldpolitischen Straffung in den Industrieländern in Verbindung mit dem europäischen Energiepreisschock die entwickelten Volkswirtschaften in eine leichte Rezession treiben würden.

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Wachstum in USA über den Erwartungen

Zu dieser leichten Rezession kam es nicht. Stattdessen verzeichneten die Volkswirtschaften der Industrieländer, mit Ausnahme der USA, ein stagnierendes Wachstum. Das Wachstum in den USA blieb erstaunlicherweise sogar so robust, dass es über dem Trend lag. Dass die Volkswirtschaften der Industrieländer sich im laufenden Jahr besser entwickelten als erwartet, ist insbesondere auf folgende drei Faktoren zurückzuführen: Zwar sorgte die restriktive Geldpolitik für steigende Kreditkosten, löste jedoch keine Verschärfung der allgemeinen Finanzbedingungen aus. Vor allem deshalb, weil die Zentralbanken die Auswirkungen von Ereignissen eindämmten, die die Finanzstabilität hätten gefährden können.

Erhöhtes Zinsrisiko für Kreditgeber

Die Kehrseite davon, dass Unternehmen und Verbraucher die Schulden aus der Pandemie auf Niedrigzinskredite umschulden, ist ein erhöhtes Zinsrisiko für Banken und anderweitige Finanzierer. Der durch die Marktwertverluste bei diesen Krediten verursachte Stress – insbesondere der Stress im Bankensektor in den USA und Europa – wurde jedoch durch rasche staatliche Interventionen eingedämmt, wodurch die Auswirkungen auf die Realwirtschaft begrenzt wurden.


Ausserdem haben die erhöhten Sparguthaben der privaten Haushalte die negative Auswirkung auf Unternehmensbilanzen gemildert – nicht zuletzt durch zusätzliche Unterstützung durch die überraschende Ausweitung des US-Haushaltdefizits. Das stabile Wachstum – unterstützt durch die Verbraucher – kam den Unternehmen zugute.

Lieferengpässe sind kein Thema mehr

Zu guter Letzt dämpfte die besser als erwartete Entwicklung auf der Angebotsseite die Inflation trotz der robusten Nachfrage. Viele globale Angebotsengpässe wurden endlich behoben, der US-Mehrfamilienhaussektor erlebt einen gewissen Angebotsüberhang aus dem Bauboom nach der Pandemie, und – nach der Deflation der chinesischen Erzeugerpreise zu urteilen – sind auch die dortigen Fabrikkapazitäten wieder ausreichend vorhanden. Zeichen der Entspannung kommen auch vom Arbeitsmarkt, da sich das Arbeitskräfteangebot erholt hat. In vielen Ländern liegen die Erwerbsquoten jetzt über dem Niveau vor der Pandemie.

Trotz der geschilderten Entwicklungen, von denen die Volkswirtschaften im Jahr 2023 profitierten, ist das Risiko eines Abschwungs im Jahr 2024 unserer Ansicht nach weiterhin hoch. Die realen Sparpuffer dürften bald wieder das Vorpandemieniveau erreichen. Die Fiskalpolitik wird wahrscheinlich leicht restriktiv sein und die wirtschaftliche Belastung durch höhere Kreditkosten wird wohl wachsen – und das alles zu einem Zeitpunkt, wenn die Angebotsseite ihre Aufholjagd bereits abgeschlossen hat.

Harte oder weiche Landung?

Vor allem aber haben die Zentralbanken betont, die Leitzinsen über einen längeren Zeitraum hinweg restriktiv halten zu wollen. Dieses Vorhaben steht im Widerspruch zu den Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, als die Lockerung der Goldpolitik zu weichen Landungen beigetragen hat. Anhaltende Wirtschaftsexpansionen sind historisch betrachtet äusserst selten, wenn eine hohe Inflation vorherrscht und die Zentralbanken eine straffe Geldpolitik verfolgen. Wenn es zu weichen Landungen kam, dann nur, nachdem die Zentralbank angesichts eines positiven Angebotsschocks, der die Inflation nach unten drückte, präventiv die Zinsen gesenkt hatte.

Höhere Inflation für Aufschwung in Kauf nehmen

Deshalb könnte eine Schlüsselfrage hinsichtlich der Aussichten für 2024 sein, wann und ob die Zentralbanken den Sieg über die Inflation erklären und wann sie mit einer präventiven Zinssenkung und Normalisierung der Geldpolitik beginnen werden. Die Messgrössen für die Gesamt- und Kerninflation sind weiterhin rückläufig, doch angesichts der geringeren Fortschritte bei den lohnsensiblen Kerndaten zur Dienstleistungsinflation und der niedrigen Arbeitslosigkeit befinden sich die Zentralbanken nach wie vor in einer schwierigen Lage – die Tolerierung einer etwas über dem Ziel liegenden Inflation könnte der notwendige Preis für die Aufrechterhaltung der Expansion sein.

Zinsen tief zu halten, verhindert Rezession

Auch hier sprechen die vergangenen Erfahrungen nicht unbedingt für die Zentralbanken: Die vergangenen Zinssenkungszyklen lassen darauf schliessen, dass die Zentralbanken in der Regel wirtschaftliche Schwäche nicht mit ausreichend langer Vorlaufzeit vorhersehen, um die Zinsen präventiv zu senken und eine Rezession zu vermeiden. Stattdessen haben sie die Zinssenkungen in der Regel mit dem Anstieg der Arbeitslosenquote und der Verengung der Produktionslücke begonnen. Natürlich wiederholt sich die Geschichte nicht, aber sie reimt sich oft.