Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments stimmten am Donnerstagabend mehrheitlich für den Sitz der sogenannten Amla (Anti-Money Laundering Authority) in der Main-Metropole, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Damit setzte sich die Bewerbung Deutschlands um den Sitz gegen acht europäische Hauptstädte durch.

Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte, Frankfurt sei für die neue Behörde ein «starker, glaubwürdiger und nachhaltiger Standort». Als Behörde mit europäischer Perspektive werde die Amla die Anstrengungen im Kampf gegen Geldwäsche auf eine neue Stufe heben, so der FDP-Politiker. Die Bundesregierung habe sich intensiv für Frankfurt am Main als Sitz eingesetzt: «Wir wollen den Finanzplatz dadurch weiter stärken, denn die Konkurrenz ist schärfer geworden und das Potenzial noch nicht ausgeschöpft.»

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Die EU-Kommission hatte 2021 eine gemeinsame Anti-Geldwäschebehörde vorgeschlagen. Mit der Amla sollen in der EU Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpft werden. Sie soll grenzüberschreitend tätige und als hochriskant geltende Kredit- und Finanzinstitute direkt beaufsichtigen, einschliesslich Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen. Auch soll sie mit mehr als 400 Beschäftigten die nationalen Aufsichtsbehörden koordinieren und unterstützen. Ihre Tätigkeit soll die Amla Mitte 2025 aufnehmen.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) freute sich über den Zuschlag. Stadt, Land und Bund hätten gemeinsam gekämpft. «Es ist eine Ehre für unser Bundesland Hessen, die Amla beheimaten zu dürfen.» Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) nannte die Entscheidung «richtig und konsequent». Die Stadt biete kulturell und infrastrukturell «ideale Voraussetzungen» dafür, teilte Josef mit. Zudem gebe es in Frankfurt bereits wesentliche Institutionen der Finanzaufsicht. Daher sei «die Entscheidung auch in der Sache schlüssig». Auch die Europäische Zentralbank (EZB) ist in Frankfurt angesiedelt.

Die Bundesrepublik, Hessen und die Stadt Frankfurt wollen mindestens zehn Millionen Euro für die Ansiedlung zur Verfügung stellen, hiess es zuvor.

Neben Frankfurt hatten sich auch Rom, Wien, Vilnius, Riga, Dublin, Madrid, Brüssel und Paris als Standort für die neue Behörde beworben. Frankfurt erhielt den Angaben nach die kleinstmögliche Mehrheit. Die zweitmeisten Stimmen wurden für Spaniens Hauptstadt Madrid abgegeben. Die Entscheidung für den Standort Frankfurt muss noch formal angenommen werden.

EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis gratulierte Frankfurt. Die neue Behörde werde den Kampf gegen schmutziges Geld grundlegend verändern, schrieb er auf der Plattform X (ehemals Twitter).

Der deutsche Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen gratulierte Frankfurt und der Ampel-Koalition. «Dieses Votum bedeutet Vertrauensvorschuss, damit die Bundesrepublik beim Kampf gegen Geldwäsche gegenüber anderen Mitgliedsstaaten aufholt», sagte er. Sehr positiv sei der demokratische Auswahlprozess: «Die Gewinnerstadt wurde nicht mehr in einem Hinterzimmerdeal zwischen den Mitgliedstaaten bestimmt, sondern musste sich der Bewertung des Parlaments in einer öffentlichen Anhörung und einer gemeinsamen Abstimmung zwischen Parlament und Rat stellen.»

Zum ersten Mal waren öffentliche Anhörungen Teil des Prozesses zur Auswahl des Standorts einer neuen EU-Agentur. Der Europäische Gerichtshof hatte dem Parlament ein gleiches Mitspracherecht wie den Staaten eingeräumt, wenn es um den Sitz künftiger EU-Behörden geht.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sieht die Wahl als eine «grosse Auszeichnung für den Finanzplatz Frankfurt». Die Stadt sei der ideale Standort für die neue Geldwäschebehörde. «Gerade die Nähe zum gemeinsamen Aufsichtsmechanismus bei der EZB ist ein unschlagbarer Vorteil», so der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament.

Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der sozialdemokratischen S&D-Fraktion, sieht Frankfurt als «hervorragenden» Standort. Priorität der Anti-Geldwäsche Behörde müsse nun sein, umfassende Strukturen zu schaffen, um die neu geschaffenen direkten Aufsichtsbefugnisse der Behörde auszufüllen. Ein weiterer Fokus muss die notwendige ergänzende Gesetzgebung zur Unterstützung und Koordinierung der nationalen Anti-Geldwäsche-Behörden sein: «Hier bedarf es noch vieler ergänzender Rechtsakte, um diese grosse Verantwortung in der neuen EU-Anti-Geldwäsche-Behörde zu vereinen.»

Martin Schirdewan, Vorsitzender der Linksfraktion im Europäischen Parlament, bezeichnete die Wahl als strategisch klug. «Hier ist die grosse Bankenwelt zu Hause, die die Behörde im Auge behalten muss.» Die Bankenaufseher der EZB seien um die Ecke und könnten Starthilfe geben. «Das gibt unseren neuen Geldwäschekontrolleurinnen und -kontrolleuren einen Vorsprung im Kampf gegen die organisierte Kriminalität.» 

Gerhard Wiesheu, Präsident der Finanzplatzinitiative Frankfurt Main Finance, sagte, es sei «ein grossartiger Erfolg und eine sinnvolle Entscheidung der Europäischen Union». Der Aufbau der Behörde in Frankfurt unterstreiche die Bedeutung und den Stellenwert des Finanzzentrums am Main. «Nun gilt es, der Verantwortung gerecht zu werden.» (awp/hzb/ps)

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