Sie ist die schweizerische Antwort auf die Smartwatch – will selber aber keine sein: T-Touch Connect Solar heisst die Uhr von Tissot; sie hat mit der T-Touch Connect Sport eben eine Nachfolgerin erhalten. Und eines kann man dazu gleich vorweg sagen: Wer einen Computerersatz fürs Handgelenk sucht, eine Variante zur Apple Watch, wird damit nicht glücklich werden. Und wessen Herz nur für mechanische Kaliber schlägt, ebenso wenig.

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Wer sich hingegen irgendetwas dazwischen wünscht, eine Uhr mit veritablen Zeigern und ein paar smarten Funktionen, der findet darin eine eigenständige helvetische Lösung. Einen Markt dafür gibt es sehr wohl, die Tagesproduktion der Uhr ist jedenfalls regelmässig ausverkauft. Ohnehin ist die Uhr derzeit nur in der Schweiz zu haben.

Was war das Pflichtenheft für das neue Modell? «Wir wollten auf jeden Fall die grosse Stärke der Uhr beibehalten», sagt CEO Sylvain Dolla, «die Solarzellen.» Dafür habe man schliesslich zwischen 15 und 20 Millionen Franken investiert und mit dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) eine Zusammenarbeit angeschoben. Zweite Auflage: «Wir wollten die Uhr kleiner und dünner machen, damit sie auch eine feminine Kundschaft ansprechen kann.» Drittens sei es darum gegangen, neue Funktionen für Sport und Wellbeing zu integrieren.

Tissot-CEO Sylvain Dolla

«Wir machen schöne Schweizer Uhren, denen man den Aspekt der Konnektivität beifügt», sagt Tissot-Chef Sylvain Dolla.

Quelle: Tissot

Und über allem sei als wichtigste Anforderung die Ästhetik gestanden. «Ästhetik, Ästhetik, Ästhetik – das war das Motto. Wir machen schöne Schweizer Uhren, denen man den Aspekt der Konnektivität beifügt», so Dolla. Deshalb habe man auf Zeiger bestanden, deshalb setze man auch «noble Materialien» wie Titan und Keramik ein, und deshalb sei es nicht in Frage gekommen, eine Uhr zu bauen, die man täglich aufladen müsse.

80 Angestellte verbesserten die Software der Uhr

Als reine Uhr verwendet, läuft die T-Touch Connect Sport dank Sonnenenergie unbeschränkt. Nutzt man die Möglichkeit, sich Meldungen vom Mobiltelefon auf das Zifferblatt zu spielen, sogenannte Notifikationen, sei ein Aufladen höchstens nach sechs Monaten fällig. Und brauche man die sportlichen Funktionen intensiv, insbesondere die Herzfrequenz-Messfunktion, sinke die Autonomie zwar noch etwas, betrage aber weiterhin locker mindestens zwei Monate, so Sylvain Dolla. «Das war eine Obsession von uns», sagt er, «die Uhr sollte so wenig energiehungrig wie möglich sein.»

Dafür wurde ein Kompetenzzentrum eingerichtet, das sich mit der Entwicklung der Software befasst. Gegen 80 Leute kümmern sich hier um die Entwicklung der Codes, um die Firmware und die Programme der Uhr. Und um die App auf dem Mobiltelefon, welche die Uhr auf Wunsch unterstützt. Dazu gibt es auch die sogenannte «Ferme» – deutsch: Bauernhof –, einen grossen Raum, der allerlei Roboter beherbergt, die den Gebrauch der Uhr simulieren und das Zusammenspiel mit diversen Mobiltelefon-Betriebssystemen testen. «Wir wollten unsere Unabhängigkeit beibehalten und auch die App zur Uhr verbessern», sagt Sylvain Dolla. Und das sei gelungen.

Auch die Solarzellen sind «made in Switzerland»

«Made in Switzerland» ist neben der Software weiterhin auch die Hardware: Eingebaut in das Zifferblatt ist ein kleiner AMOLED-Bildschirm, von der Swatch-Group-Tochter EM Microelectronic in der Schweiz gebaut. Die Solarzellen, die zugleich das Zifferblatt sind, werden von der Swatch-Group-Tochter Nivarox-FAR produziert – ausgehend von Glas, Silizium, Zinkoxid, Aluminium, Silber und Harzen. Eine Zelle liefere jährlich so viel Energie wie fünf Knopfbatterien, schreibt Tissot dazu, und bringe auch bei schlechten Lichtverhältnissen eine hervorragende Leistung.

Tatsächlich bezirzt die Energieautonomie der Uhr eine wachsende Fangemeinde, die sich in den sozialen Medien rege zu Wort meldet. Lautes Bashing allerdings gab es auch – vor allem wegen Problemen mit der Vernetzung. Dolla kennt die Stimmen, die kritisierten Probleme hätten allerdings meistens mit Verbindungsproblemen beim Telefon und nicht mit der Uhr zu tun, sagt er. «Das Problem ist, dass es Zigtausende von Telefonen verschiedenster Marken mit verschiedensten Betriebssystemen gibt.» Mit den wichtigsten Akteuren gebe es praktisch keine Probleme, bei einigen Modellen aber könne es Knacknüsse zu lösen geben

Man habe deshalb entsprechend in den Support investiert: «Auch die Customer Care betrat Neuland. Es ist eine ganz andere Sache, Fragen zu einer Uhr mit mechanischem Werk zu beantworten, als Fragen zu einer App.»

Im Vergleich mit den anderen Produkten der Marke aus Le Locle, etwa mit den PRX- oder Seastar-Modellen, bleibt die T-Touch-Familie in Bezug auf die produzierte Stückzahl eher marginal – geschätzt etwa fünf Prozent. «Sobald man in die Preiskategorie von 1000 Franken vorstösst», sagt Sylvain Dolla, «ist man bei Tissot nicht mehr bei den grossen Volumen.» Die finde man eher bei Uhren für 300 bis 500 Franken. Aber in Bezug auf den Umsatz sei die Uhr trotzdem sehr wichtig, «und vor allem ist sie ein Innovationstreiber».

Dolla: «Wir arbeiten an der Zukunft»

Die Spezialisten, die dafür rekrutiert worden seien, kämen zum Teil aus einer anderen Welt mit anderen Prozessen und Informatikwerkzeugen. «Das ist für uns höchst interessant, weil man es dann zum Teil mit Vorteil auch für traditionellere Produkte anwenden kann.» Ganz generell erlaube es die Uhr, technische Dinge zu entwickeln, die später vielleicht auch für erschwinglichere Produkte eingesetzt werden könnten.

CEO Sylvain Dolla sieht es so: «Wir arbeiten an der Zukunft. Und bleiben auch in Bezug auf die Investitionen dafür am Ball.» Denn wer in diesem Bereich beim Entwickeln eine Pause mache, werde die Rechnung unweigerlich präsentiert bekommen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei «Watch Around».

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