Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird mit grosser Wahrscheinlichkeit am Donnerstag den Leitzins nicht antasten und ihre seit langem anhaltende expansive Geldpolitik damit im neuen Jahr fortführen. Im Fokus werden neben dem eigentlichen Zinsentscheid wohl vermehrt auch die negativen Auswirkungen der aktuellen Geldpolitik stehen.

Die dreimonatliche «geldpolitische Lagebeurteilung» an sich dürfte jedenfalls eher unspektakulär sein. Die Nationalbank wird wohl am Leitzins von -0,75 Prozent festhalten und ihre Bereitschaft zu Devisenmarkt-Interventionen betonen. In diesem Zusammenhang wird sie wohl auch wieder zum Ausdruck bringen, dass der Franken noch immer «hoch bewertet» ist.

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«Zinsentscheid auslassen»

Vor drei Monaten hatten einige Ökonomen noch mit einer Zinssenkung gerechnet, nun sind die Meinungen (praktisch) einstimmig. Kein einziger der von der Nachrichtenagentur AWP befragten Marktbeobachter erwartet einen Zinsschritt. "Wenn jemand am nächsten Donnerstag etwas Spannendes erleben will, dann soll er den SNB-Zinsentscheid auslassen", heisst es gar in einem Kommentar von Capital Economics.

Von gewisser Bedeutung dürfte die aktualisierte Inflationsprognose der SNB sein, zumal diese einen Hinweis darauf gibt, wie lange noch mit sehr tiefen Zinsen zu rechnen ist. Nachdem die Jahresteuerung zuletzt wieder leicht in den deflationären Bereich gerutscht ist, wird die SNB ihre (bedingte) Inflationsprognose vermutlich weiter leicht nach unten anpassen, jedenfalls sicher nicht erhöhen. Das zumindest erwarten Ökonomen.

Dass eine weitere Zinssenkung derzeit trotzdem kein Thema ist, dürfte vor allem mit der Entwicklung an den Devisenmärkten zu tun haben. Der Franken hat zum Euro in den letzten Monaten per Saldo jedenfalls nicht angezogen, obwohl die Zinsdifferenz zum Euro mit der leichten EZB-Zinssenkung im September etwas kleiner geworden ist.

Zinsdifferenz im Fokus

Das wiederum bringt die SNB in gewisse Erklärungsnöte: Denn die Währungshüter begründen die anhaltende Notwendigkeit für die Negativzinspolitik auch mit der Zinsdifferenz zum Euro. Das heisst, Anlagen in Franken sollen eine geringere Rendite als in Euro abwerfen. Ansonsten sei der Franken für Investoren zu attraktiv. Viele Marktteilnehmer zweifeln aber daran, dass der Franken auf Zinsänderungen überhaupt gross reagieren würde.

Der Druck auf die SNB hat in den letzten Wochen denn auch wieder zugenommen. Vor allem die negativen Auswirkungen der Zinspolitik bei Banken oder Pensionskassen sind wieder verstärkt in den Fokus gerückt. Eine weitere Zinssenkung käme daher in breiten Kreisen nicht gut an. "Bei einer weiteren Zinssenkung auf -1,00 Prozent würde die Belastung von Sparern durch Negativzinsen zunehmen und das könnte die SNB im öffentlichen Diskurs Goodwill kosten", meint etwa die St. Galler Kantonalbank in einem Kommentar.

Die grosse Medien-Berichterstattung mit Blick auf mögliche Negativzinsen für Kleinsparer lässt denn auch erwarten, dass die Nationalbank-Spitze an der Medienkonferenz, die auf den Zinsentscheid folgt, ihre Politik einmal mehr genau erklären muss. Ein Thema dürfte dabei auch sein, wie die im letzten September bekannt gegebene Erhöhung der Freigrenze für Negativzinsen bei den Banken sich ausgewirkt hat.

SNB erhält auch Unterstützung

Allerdings gibt es auch Unterstützer der SNB-Politik. So hat sich etwa Anfang Woche Swissmechanic, der Branchenverband der KMU in der Maschine- und Metall-Branche, hinter die Nationalbank gestellt. Und auch viele Ökonomen sehen weiter die Notwendigkeit der Negativzinsen.

So verhindere dieses geldpolitische Instrument eine noch stärkere Überbewertung des Frankens zum Euro, was im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld weiterhin sinnvoll sei, meint die Credit Suisse. Generell sei der Spielraum der SNB bei der Bestimmung der Zinsen wesentlich beschränkter als oft angenommen werde und die Nachteile müssten relativiert werden.

(awp/tdr)