Vorsorgepläne für Kader und Spezialisten werden immer beliebter. Der Fachkräftemangel hat die Firmen erfinderisch gemacht. «Sehr viele Unternehmen bewerben sich heute ganz bewusst mit einer 1e-Vorsorge als 1a-Arbeitgeberin um Fach- und Führungskräfte», sagt Rafael Lötscher , CEO bei PensExpert. Der Name bezieht sich auf den Artikel 1e in der Verordnung über die berufliche Vorsorge. Und diese Lösungen für besser verdienende Mitarbeiter werden auch immer häufiger genutzt. Auslöser war vor einigen Jahren eine Änderung in den Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes: Die Pensionskassen müssen ihren Versicherten im Austrittsfall keine Mindestgarantien mehr gewähren. Seit dieser kostenlose Kapitalschutz in den 1e-Plänen entfällt, ist das Interesse gestiegen. Zwischen 2017 und 2022 ist die Anzahl der Versicherten mit einem 1e-Plan von 8000 auf über 40`000 gestiegen.

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Rasch wachsender Markt

Die derzeit rund 7,6 Milliarden Franken an Vorsorgekapital bei 1e-Stiftungen sind im Vergleich zum gesamten Altersguthaben der beruflichen Vorsorge von 1076 Milliarden Franken noch immer verschwindend klein. Nur gerade 0,7 Prozent der Gelder bei Pensionskassen entfallen auf Vorsorgepläne für Kader und Spezialisten. Entsprechend gross ist das Potenzial. «Der Markt wird sicher weiterhin wachsen, insbesondere im Bereich der KMU», beobachtet Willi Thurnherr, Partner und Pensionsversicherungsexperte bei Aon Schweiz. Schätzungen gehen davon aus, dass dieses Vermögen bis 2027 auf 14 bis 15 Milliarden Franken steigen wird, was einem jährlich prognostizierten Wachstum von über 20 Prozent entsprechen würde. Bei einem Jobwechsel wird heute deutlich stärker auf diese zusätzliche Lohnkomponente geachtet. Aus der Sicht von PensExpert-Chef Lötscher wollen Kaderpersonen und Spezialisten «eigenverantwortlich und individuell ihr Geld in der Vorsorge auf- und ausbauen.»  

Dieser Trend zur Individualisierung schafft in der sogenannten «Bel Etage» der beruflichen Vorsorge mehr Spielraum bei den Investitionsmöglichkeiten.  Löhne über 132`300 Franken können in 1e-Stiftungen versichert werden. Dabei wählt jeder Versicherte die Anlagestrategie  entsprechend seinem Risikoprofil und Anlagehorizont. Auf eine Zinsgarantie, wie beim obligatorischen Alterskapital, wird verzichtet. Die Performance auf dem angesparten Guthaben gehört im positiven wie im negativen Sinn dem Versicherten. Die Anlagestrategie lässt sich je nach Alter und Risikobereitschaft selbständig wählen. Zur Auswahl stehen zehn Investmentvarianten, darunter mindestens eine risikoarme Version. Als risikoarm gelten Bargeld, Geldmarktanlagen, Bankguthaben oder Kassenobligationen. Diese Variante wird in der Regel auch als Standardstrategie angeboten, das heisst der  neu eintretende Versicherte wird dieser Strategie zugeteilt. Man muss also selbst aktiv werden, um eine risikoreichere Anlageform zu wählen. «Das hat viel mit Beratung und Kommunikation zu tun», sagt Aon-Experte Thurnherr. Vom Arbeitnehmer wird aber auch ein erhöhtes Verständnis für Anlageentscheidungen vorausgesetzt. Die Palette der 1e-Pläne umfasst risikomässig abgestufte Fondslösungen, die maximal 50 Prozent an Aktien umfassen können.

Entlastung für Unternehmen

Praktisch alle Anbieter bieten die Möglichkeit über ein digitales Portal die Anlagestrategie auch online anzupassen. Rafael Lötscher beobachtet bei seinen PensFlex Sammelstiftungen allgemein einen Aktienanteil von 35 Prozent bis 40 Prozent. «Ich würde das als zurückhaltend aggressiv bezeichnen.» Auffällig sei, dass die Versicherten ihre gewählte Strategie auch bei starken Börsenschwankungen konstant beibehalten. Oft würde bei niedrigen Notierungen am Aktienmarkt mit zusätzlichen freiwilligen Einkäufen reagiert. Für die Mitarbeiter schaffen die 1e-Pläne eine klare Trennung zwischen dem obligatorischen und überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge. Das sichert im Gegensatz zu den umhüllenden Pensionskassen, mit Obligatorium und Überobligatorium, eine maximale Transparenz. In diesen Kassen findet wegen den unterschiedlichen Umwandlungs- und Verzinsungssätzen oft eine Quersubventionierung statt.   

Die Guthaben aus den 1e-Plänen werden bei der Pensionierung bar bezogen. Damit ergibt sich für die Vorsorgeeinrichtung langfristig eine Entlastung, weil weniger hohe Neurenten anfallen. Interessant sind die 1e-Pläne  für die Arbeitgeber. Sie sind weniger in der Pflicht. Bei Grossfirmen mit internationalen Rechnungslegungsstandards wird über dieses Splitting im Vorsorgekapital die Bilanz entlastet. Marktanalysen zeigen, dass es bei den 1e-Anbietern erhebliche Preisunterschiede gibt. Die vom Arbeitgeber zu begleichenden Risiko- und Verwaltungskosten erreichen durchschnittlich rund 25`000 Franken. Dazu kommen teilweise noch Stiftungsgebühren, die dem Versicherten belastet werden.