Einst galten Krankentaggeldversicherungen als gutes Geschäft. Die Lebensversicherer und Krankenkassen lieferten sich einen Konkurrenzkampf um neue Kunden und Kundinnen. Das sorgte für niedrige Prämien. Doch bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie entwickelte sich die Sparte zum Verlustgeschäft. Viele Anbieter kalkulierten zu knapp. Mit Covid-19 hat sich die Situation nochmals verschärft. Die Prämien werden angepasst, weil die Einnahmen aus der Krankentaggeldversicherung oft die Kosten nicht mehr decken.

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Das spüren vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Gemäss einer Umfrage des Offertenportals Gryps.ch ist im laufenden Jahr jedes dritte KMU mit steigenden Prämien konfrontiert. Bei den Gründen für die Verteuerung lässt sich kein eindeutiges Muster ausmachen. Die Covid-19-Schadenfälle spielen jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle. Meist wird von den Versicherern eine länger andauernde Arbeitsunfähigkeit und ein Anstieg bei den psychischen Erkrankungen genannt. Fazit in der Branche: Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wird als «schlechtes Risiko» eingestuft.

Sanieren oder quittieren

In vielen Fällen erreicht die Schadenquote bei der kollektiven Krankentaggeldversicherung 80 Prozent und mehr, gemessen an den Prämieneinnahmen. Das zwingt die Versicherer zu Sanierungsmassnahmen – oder sie steigen, wie etwa Atupri, Sanitas oder Concordia, ganz aus diesem Geschäft aus. Die verbliebenen Anbieter verfolgen eine selektivere Zeichnungspolitik. Wurde früher oft eine Mischrechnung in Verbindung mit Anschlussversicherungen gemacht, muss heute jede Sparte profitabel sein. Speziell in risikoreichen Branchen und bei Betrieben mit einem hohen Altersdurchschnitt sind viele Versicherer gar nicht mehr bereit, eine Offerte für die Krankentaggeldversicherung zu erstellen. Einzig in Kombination mit anderen Produkten, etwa einer Unfall- oder Haftpflichtversicherung, erhöht sich die Chance für den Abschluss einer Lösung.

Die Kündigung einer Krankentaggeldversicherung stellt kleine Firmen oder Selbstständigerwerbende vor grosse Probleme. Wer als schlechtes Risiko eingestuft wird, findet nur schwer eine neue Lösung. Aus der Sicht von Branchenkennerinnen gibt es für den krankheitsbedingten Lohnausfall jedoch immer eine Versicherung – fragt sich nur, zu welchem Preis. Die Prämienhöhe variiert stark, liegt aber in der Regel bei rund 1 Prozent der jährlichen Lohnsumme.

Die Tarife werden anhand der Erfahrungszahlen aus der Vergangenheit sowie anhand der zukünftigen Risikoeinschätzung berechnet. Massgeblich sind dabei meist die Schadenquoten der letzten drei Jahre. Zudem ergeben sich bei der Krankentaggeldversicherung je nach Anspruchsgruppe erhebliche Kosten-Leistungs-Differenzen. Standardisierte Lösungen für mittlere und grosse Firmen sind kostengünstiger als spezialisierte Modelle für Selbstständige. Abhängig ist der Tarif auch von der vereinbarten Wartefrist, die von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten reichen kann. Entsprechend werden die Taggeldleistungen erst nach Ablauf dieser Zeit erbracht.

Vorteil einer Versicherung

Jedes Unternehmen ist gesetzlich zu einer Lohnfortzahlung bei Krankheit verpflichtet. Allerdings ist dafür nicht zwingend eine Versicherung notwendig. Einzig die einem Gesamtarbeitsvertrag unterliegenden Unternehmen verfügen in der Regel über kollektive Taggeldversicherungen. Die Versicherung bietet dem Arbeitgeber eine finanzielle Sicherheit. Ohne eine Krankentaggeldversicherung kann es bei einem längeren Arbeitsausfall zu einer doppelten Belastung in der Lohnbuchhaltung kommen, wenn nebst dem Stelleninhaber noch eine Ersatzkraft zu entschädigen ist. Gleichzeitig entsteht beim Versicherten keine Einkommenslücke. Die Lohnfortzahlung wird bis zum 720. Tag vereinbart. Dabei kommen je nach Firmenstandort unterschiedliche Berechnungsskalen (Berner, Basler, Zürcher etc. Skala) zur Anwendung. Offen ist, wie die Kosten für eine Krankentaggeldversicherung aufgeteilt werden. Der Arbeitgeber kann entweder die Prämie vollständig übernehmen oder maximal die Hälfte vom Lohn des Mitarbeitenden abziehen.

Bei einer selbstständigen Tätigkeit gibt es zwei Möglichkeiten für eine Krankentaggeldversicherung: Es lässt sich eine Police nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) oder nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG) abschliessen. Für den Versicherer steht die Version nach VVG im Vordergrund. Die Anbieter können bei dieser die Aufnahme eines Interessenten oder einer Interessentin verweigern und die Prämien abhängig von Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand gestalten. Bei einem Vertrag nach KVG sind Beitrittswillige von einer Versicherungsgesellschaft oder Krankenkasse zwingend aufzunehmen. Die Antragstellerin muss jedoch Gesundheitsfragen beantworten und für bestehende Krankheiten sind auch Vorbehalte für maximal fünf Jahre erlaubt.

Dieser Beitrag ist erstmalig erschienen am 21. April 2022 im HZ Special Unternehmensversicherungen unter dem Titel "Jedes dritte KMU zahlt mehr".