Als Frau N im letzten November mit dem Velo ausrutschte und auf die rechte Schulter fiel, dachte sie noch, ihre Schulter würde sich schon erholen. Vor allem, weil sie am nächsten Tag für sieben Wochen in die Ferien fuhr. Doch stattdessen wurden die Schmerzen schlimmer, weshalb sie sofort nach der Rückkehr ihren Arzt aufsuchte. 

Die Magnetresonanztomografie (MRT) zeigte ein Riss an der Rotatorenmanschette. Da sie beruflich mit dem Auto Kunden besuchen musste, konnte sie im Januar und Februar nicht mehr arbeiten. Auch war aufgrund der Schmerzen der Schlaf weg. Doch das war noch nicht alles: Ihr Arbeitgeber betrachtete ihr Arbeitsverhältnis per Ende des Vorjahrs als aufgelöst. Und die Unfallversicherung anerkannte zwar ihre Arbeitsunfähigkeit im Februar, zahlte jedoch die Unfalltaggelder nicht direkt an sie, sondern an ihren Ex-Arbeitgeber. Aufgrund ihres Streits leitete er ihr diese aber nicht weiter. 

Als sie die Unfallversicherung aufforderte, ihr die Taggelder direkt auszuzahlen, stellte diese sich auf den Standpunkt, es handle sich um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit, welche sie mit dem Ex-Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht klären müsse. Da die Versicherung nicht einlenkte, wandte sie sich an die Ombudsstelle. Ohne Einkommen musste sie sich zudem beim Sozialamt anmelden.

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Wir teilten daraufhin der Versicherung mit, dass unseres Erachtens Art. 19 Abs. 2 ATSG anwendbar sei. Demnach kommen Taggelder und ähnliche Entschädigungen lediglich in dem Ausmass dem Arbeitgeber zu, als er der versicherten Person trotz der Taggeldberechtigung einen Lohn zahlt. Die Beschwerdeführerin hatte uns glaubwürdig geschildert, dass sie die Unfallversicherung vor der Überweisung der Taggelder darauf hingewiesen habe, dass der Ex-Arbeitgeber ihr den Lohn für den Monat Februar schuldig geblieben sei und die Versicherung den Taggeldanspruch an sich auch nicht bestritten habe. Dies überzeugte schliesslich auch die Versicherung. 

Da das Sozialamt Frau N unterdessen Sozialhilfeleistungen gezahlt hatte, gingen die Taggelder schlussendlich an das Sozialamt. Der Gang zum Sozialamt wäre Frau N jedoch erspart geblieben, wenn die Unfallversicherung ihr die Taggelder direkt ausgezahlt hätte. 

Autorin:
Nathalie Garny
, Rechtsanwältin, Stiftung Ombudsman der Privatversicherung und der Suva, help@versicherungsombudsman.ch