Mangels anderer Geldanlagen hält der Run auf Stockwerkeigentum an. Fachleute schätzen, dass bereits jede fünfe Stockwerkeinheit als Kapitalanlage dient.
Ansgar Gmür*: Diese Tendenz hat in den letzten Jahren tatsächlich zugenommen. Unser Verband erhält auch viele Anfragen zu diesem Thema. Es gibt indessen keine offizielle Statistik. Aber die Grössenordnung von 20 Prozent scheint mir realistisch. Besonderer Beliebtheit erfreut sich Stockwerkeigentum bei Personen über 45 Jahren. Sie kaufen eine Wohnung zum Zweck der Altersvorsorge und als Kapitalanlage.

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Was sind die Risiken?
Man muss sich im Klaren sein, dass die Preise heute hoch sind. Das Risiko, dass sie in den nächsten Jahren fallen könnten, ist grösser geworden. Damit ein solches Investment gleichwohl sinnvoll ist, empfiehlt sich ein langer Zeithorizont. Besonders wichtig erscheint mir, sich klare Ziele zu setzen: Will ich die Wohnung später fürs Wohnen im Alter nutzen? Kaufe ich sie für meine Kinder oder doch vor allem als Kapitalanlage? Wenn man ein solches Investment ohne klare Zielsetzung tätigt, rechnet sich das meist nicht. Der ganze Aufwand eines solchen Einzelobjekts, aber auch der Ärger, der damit verbunden sein kann, ist dann einfach zu gross.

Weshalb sind gerade Eigentumswohnungen im Fokus?
Früher galt das Interesse von Privatpersonen in diesem Segment kleinen Mehrfamilienhäusern. Für solche Objekte wird heute, im Umfeld tiefer Zinsen, fast jeder Preis bezahlt. Entsprechend tief sind die Renditen von solchen Mehrfamilienhäusern. Eigentumswohnungen schneiden im Vergleich besser ab. Etwas abseits der grossen Zentren findet man ein recht grosses Angebot an guten Stockwerkeinheiten zu zahlbaren Preisen.

Was, wenn die Zinsen steigen?
Ich empfehle allen Käufern, sich eine allzu hohe Verschuldung mit Fremdkapital sehr gut zu überlegen. Die Finanzierung muss längerfristig gesichert sein. In Sachen Zinsen und Geldpolitik bewegen wir uns auf labilem Gelände. Es ist sehr schwer vorhersehbar, wie sich die Verschuldungsproblematik in Europa und die Geldpolitik in den nächsten Jahren für die Schweiz auswirken werden.

Welche Wohnungen eignen sich als Investment? Und von welchen sollte man die Finger lassen?
Diejenigen Wohnungen, die auf dem Markt über die üblichen Ausschreibungen und Plattformen relativ leicht aufzuspüren sind, liegen oft im teureren Segment. Wer etwas zu einem vernünftigen Preis finden will, sollte auch seine persönlichen Kontakte nutzen und über «Vitamin B» nach einer guten Kaufgelegenheit fragen. Dieser Weg führt über den Bekanntenkreis, über Arbeitskollegen, über Vermittler vor Ort, über die Hausbank. Ich mahne zur Vorsicht bei teuren Eigentumswohnungen, da ist die Party vorüber! Bei Mieten von mehreren Tausend Franken findet man heute auch in Zürich kaum noch Interessenten.

Wie verhalten sich die Banken, wenn «Feierabendvermieter» die Käufer sind?
Noch vor einigen Jahren agierten die Banken bei der Kreditvergabe erstaunlich lax. Doch heute ist das anders: Hypotheken werden nur noch unter restriktiven Bedingungen und nach gründlicher Prüfung gewährt. Das Pendel schlägt in die andere Richtung aus. Vor allem ältere Kunden haben Mühe mit den Banken, selbst dann, wenn die finanzielle Tragbarkeit und die Kreditfähigkeit wirklich eindeutig gegeben sind. Bei nicht selbst bewohnten Objekten legt die eine oder andere Bank ebenfalls grosse Zurückhaltung an den Tag. Doch die Konkurrenz spielt. Tatsache ist, dass Hypotheken für die Banken im heutigen Tiefzinsumfeld ein gesuchtes Geschäftsfeld sind.

* Ansgar Gmür ist Ökonom und seit Mai 2000 Direktor des Hauseigentümerverband Schweiz.

 

 

 

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