«i» ist in. Seit Beginn des Booms beim iPhone von Apple mit der Einführung im 2007 haben nicht nur hunderte Millionen Menschen das Smartphone des US-Konzerns in der Tasche – auch der Buchstabe «i» ist in aller Munde. Es gibt sogar Pfandleihhäuser, die das «i» im Firmennamen führen. Swatch hat schon Ende 2007 die Marke iSwatch registrieren lassen, inzwischen ist der Begriff in 80 Ländern eingetragen.

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Kein Wunder, dass der Konzern aus Biel nun gegen die noch für dieses Jahr geplante Einführung einer iWatch – einer Art Smartphone-Uhr fürs Handgelenk von Apple – wegen Verwechslungsgefahr vorgehen will. 

iWatch – 50 Millionen Uhren im Jahr ...

Immerhin besteht da nicht nur Verwechslungsgefahr, sondern auch Konkurrenz. Die Experten des auf den IT- und Telekomsektor spezialisierten Marktforschers Gartner halten einen Einstiegspreis der iWatch von 149 bis 199 Dollar für möglich. Branchenanalyst Ming Chi Kuo von KGI Securities hält für Spitzenmodelle auch Preise von bis zu einigen tausend Dollar für möglich. Gerüchten zufolge soll der Verkaufsstart des neuen Smartphones fürs Handgelenk im September sein. Und die Stückzahl – wohl typisch «Apple-Gigantomie». Analyst Ming Chi Kuo hält schon in diesem Jahr eine Produktion von 5,5 Millionen Stück für möglich. 2015 könnten es seiner Schätzung nach 30 bis 50 Millionen Smart-Uhren werden.

Angesichts dieser Zahlen ist das Vorgehen von Swatch gegen die neue Marke von Apple kein Wunder. Zwar sagt Swatch-Chef Nick Hayek: «Uhren sind Schmuckstücke», Swatch hat aber reagiert und bereits im März eine Swatch mit Bluetooth-Funktion vorgestellt.

... mit bis zu 50 Milliarden Dollar Extra-Umsatz

Dennoch sind Anleger verunsichert: Stellt Apple mit ihrer iWatch womöglich die gesamte Uhrenbranche auf den Kopf? Die Produzenten mit wirklich hochpreisigen Uhren dürften von Apple kaum bedroht sein. Chronometer von Patek oder Rolex kosten schnell 5000 Franken und mehr. Auch Stücke von den zahlreichen Edel-Marken von Swatch, wie etwa von Omega oder Breguet, gibt es nicht selten erst ab einigen tausend, wenn nicht gar von mehr als 10'000 Franken. Und auch die Uhrmarken von Richemont wie Lang & Söhne, Piaget oder Ralph Lauren sind meist ab dem mittleren vierstelligen Preisbereich zu finden.

Aber die von Analyst Kuo genannten Stückzahlen von bis zu 50 Millionen sind keine Kleinigkeit. Schon bei einem Preis von 200 Dollar sind das 10 Milliarden Dollar pro Jahr. Bei 1000 Dollar Stückpreis könnte der Umsatz bei 50 Milliarden Dollar liegen. Ein grosser Brocken. Zwar läuft die heimische Uhrenindustrie seit Jahren äusserst zuverlässig. Im vergangenen Jahr stiegen die Exporte nach Angaben des Verbandes der Schweizer Uhrenindustrie FH um 1,9 Prozent auf 21,8 Milliarden Franken. In den letzten zehn Jahren hat sich das Exportvolumen damit verdoppelt und das trotz der Schwäche in China und Hongkong im vergangenen Jahr. Die Region nimmt immerhin einen Viertel der Schweizer Uhren ab und verbuchte 2013 einen Rückgang von rund 7 Prozent.

Starker Uhrenexport im ersten Quartal

2014 deutet sich zumindest in Hongkong, mit einem Anteil von 20 Prozent der wichtigste Exportmarkt der Schweizer Uhrenhersteller, eine Wende nach oben ab. Bis März meldete der Branchenverband ein Umsatzplus der Region um 6,5 Prozent auf 1,0 Milliarden Franken. Weltweit konnten Schweizer Uhrenexporteure den Quartalsumsatz um 4,5 Prozent auf 4,9 Milliarden Franken ausbauen. Am Rande sei bemerkt, dass Luxusuhren offensichtlich zum Kriseninvestment werden. Denn die Exporte in die Rezessionsstaaten Spanien und Portugal kletterten im Quartal um 11,5 und 11,8 Prozent.

Wenn die erwartete Massenproduktion des iWatch aus Asien – die taiwanesischen Technologieunternehmen Quanta und Inventec werden als mögliche Hersteller der Smartphone-Uhr genannt – für die extrem hochpreisigen Edelmarken wahrscheinlich nicht gefährlich werden kann, wer ist dann der Leidtragende? Auf jeden Fall lag der durchschnittliche Preis der 28,1 Millionen exportierten Schweizer-Uhren im vergangenen Jahr bei 775 Franken und damit deutlich über dem erwarteten Preis für das Einsteigermodell von iWatch.

China und Hongkong exportieren 1,0 Milliarden Uhren

Die grössten Exporteure nach Stückzahl weltweit sind China und Hongkong. Die Chinesen exportierten 2013 rund 650 Millionen Uhren zum Durchschnittspreis von rund 10 Dollar. Aus Hongkong kamen etwa 350 Millionen Uhren. Der durchschnittliche Hongkong-Wecker kostete rund 30 Dollar. Also keine wirkliche Konkurrenz durch iWatch. 

Bleibt Swatch. Das Unternehmen aus Biel im Kanton Bern beliefert auch Dritthersteller mit Uhrwerken und Bauteilen. Die Bestseller der Marke Swatch sind modisch, haben ein kreatives Design und sind dennoch mit Preisen schon ab rund 100 Franken deutlich tiefpreisiger als es das neue iWatch sein soll. 

20 Prozent Netto-Marge mit skalierbaren Massenprodukten

Wahrscheinlich wird auch iWatch nicht so heiss gegessen wie gekocht. Auch Elektroautos wurde schon vor ein paar Jahren der ganz grosse Boom vorausgesagt, und heute schreiben beispielsweise Audi, BMW, Mercedes oder VW ihre Gewinne mit althergebrachten Motoren. Und bei Uhren dürfte Apple selbst im Hochpreissegment nicht unbedingt den Marsch blasen.

Die Kalifornier machen ihr Geld in der Regel nicht mit eng limitierten teuren Auflagen, sondern mit skalierbaren grossvolumigen Produkten. Nur damit schaffen die Kalifornier ihre Netto-Marge nach Steuern von rund 20 Prozent.

Die grossen Player der Uhren-Industrie

Im zweiten Quartal 2013/14 überraschte Apple mit 43,7 Millionen verkauften iPhones, der Konsens der Analysten lag bei 38 Millionen Stück. Angesichts der bisher üblichen hohen Margen könnte die neue Smartphone-Uhr Apple neue Gewinnimpulse geben. Aber schon der geplante Aktiensplitt im Verhältnis 7:1 dürfte den Kurs antreiben. Zusätzlich wurde auch noch das Aktienrückkaufprogramm aus 2012 von 60 auf 130 Milliarden Dollar bis Ende 2015 aufgestockt. Bisher wurden dafür 66 Milliarden Dollar ausgegeben. Angesichts der zahlreichen Kurstreiber scheint die Aktie mit 13er-KGV nicht sonderlich hoch bewertet zu sein.

Nach einem Umsatzplus von 8,3 Prozent auf 8,8 Milliarden Franken im vergangenen Jahr peilt Swatch-Chef Hayek für 2015 einen Umsatz von 10 Milliarden Franken an. Erreicht werden soll das unter anderem durch die fortwährende Eröffnung neuer Geschäfte. In den nächsten drei Jahren sollen das rund 200 neue Läden sein. Dann gab es 2013 die Komplettübernahme der Ladenkette Rivoli in Dubai und den Kauf des Diamant-Spezialisten Harry Winston und damit den Einstieg in einen neuen Geschäftsbereich. Die Aktie notiert nahe der starken Unterstützung um 535/540 Franken. Anleger setzen darauf, dass der Kurs von hier wie schon in den letzten zwölf Monaten mehrmals kräftig nach oben dreht.

Der Luxusgüterkonzern wächst schnell bei Umsatz und Gewinn, mit deutlich zweistelligen Raten und ist mit seinem Portfolio breit aufgestellt. Etwa die Hälfte der Umsätze kommt aus dem Uhrensegment, rund ein Drittel aus dem Juwelen-Bereich, Accessoires und Bekleidung decken den Rest ab. Obwohl Richemont zuletzt unter einer schwächeren Nachfrage zu leiden hatte, bleibt Luxus wegen der steigenden Einkommen vor allem in den Schwellenländern ein Wachstumsmarkt. Die erwartete Konjunkturbeschleunigung 2014 und 2015 dürfte auch dem SMI-Mitglied aus Genf Rückenwind geben. Anleger spekulieren auf überraschend starke Zahlen und auf einen erfreulichen Ausblick bei der Präsentation der Jahreszahlen am 15. Mai.