«Zum Frühstück 'nen Joint und der Tag ist dein Freund.» Mit diesem Leitspruch scheinen sich auch in den USA immer mehr Menschen anfreunden zu können. Denn die Legalisierung von Cannabis findet ausgerechnet in der aus europäischer Sicht oft als konservativ wahrgenommenen amerikanischen Gesellschaft immer mehr Zuspruch. Jedenfalls ist der grüne Hanf inzwischen in den vier Bundesstaaten Alaska, Colorado, Oregon, Washington sowie in der Landeshauptstadt Washington D.C.  ganz allgemein legalisiert, und in 23 Bundesstaaten ist zumindest die medizinische Verwendung von Marihuana erlaubt. Weitere US-Bundesstaaten debattieren zudem intensiv über eine zumindest partielle Marktöffnung, und in der US-Bevölkerung gibt es Umfragen zufolge anders als früher mittlerweile eine Mehrheit, die sich für eine Entkriminalisierung von Cannabis ausspricht.

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Auch in anderen Ländern auf dem Globus scheint es viele Menschen zu geben, deren Alltagsleben so frustrierend ist, dass sie sich durch einen Rauschzustand dem leidigen Trott entziehen wollen. Weltweit gibt es etliche Initiativen, die für eine Legalisierung von Marihuana werben. Das Ziel eines Aus des Cannabisverbotes verfolgt auch der Global Marijuana March, der auch in diesem Jahr Anfang Mai in vielen Weltstädten durchgeführt worden ist.

Cannabis hat auch in der Schweiz viele Freunde …

Wie viele Schweizer diesem Hanfwandertag positiv gegenüberstehen, ist nicht bekannt. Cannabis ist aber in der Schweiz die am häufigsten konsumierte illegale Droge, und laut einer Studie haben rund 29 Prozent der Bevölkerung zumindest einmal in ihrem Leben Marihuana konsumiert. Rund 5,7 Prozent der Einwohner der Schweiz sollen demnach im Vorjahr einen Joint geraucht haben.

Die Politik versucht mit diesem Thema offener umzugehen, und es wird mit sogenannten Cannabis Social Clubs experimentiert. Noch im Jahr 2008 wurde allerdings eine Volksinitiative «Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz» mit über 63 Prozent der Stimmen abgelehnt.

… und in den USA ist das ein Milliarden-Geschäft

Während viele Kiffer im Rauchen von Hanf vor allem eine Form der selbstbestimmten Freizeitgestaltung sehen, wittern andere darin das grosse Geschäft. Wie viel Geld die Legalisierung in den USA bereits ins Rollen gebracht hat, zeigen einige wenige Zahlen. So wuchs der Cannabis-Markt nach Angaben von The ArcView Group im Jahr 2014 um 74 Prozent auf 2,7 Milliarden Dollar, und bis 2018 sollen es sogar schon zehn Milliarden Dollar werden.

Vor dem Hintergrund dieser Wachstumszahlen verwundert es nicht, dass in Anlehnung an die 1860er- und 1870er-Jahre in Colorado von einem neuen Goldrausch gesprochen wird. Nur mit dem Unterschied, dass es jetzt nicht um das gelbe Edelmetall geht, sondern um den grünen Hanf.

Cannabis-Aktien – die erste Blase im 2014

Wie immer, wenn eine neue Wachstumsindustrie entsteht, werden natürlich auch sofort Börsianer hellhörig. Besonders angelockt werden davon typischerweise spekulativ angehauchte Investoren, und das ist auch jetzt im Fall von Cannabis nicht anders. Als Folge davon sind viele Cannabis-Aktien im ersten Quartal 2014 förmlich explodiert. Allerdings platzte die Blase schnell wieder, und die Notierungen sind praktisch wieder auf das Ausgangsniveau zurückgefallen.

Doch in diesem Jahr scheint das Fieber nun wieder neu zu erwachen, zumindest präsentieren sich viele Cannabis-Aktien, repräsentiert durch den Marijuana Index Global, unter einer weiterhin volatilen Schwankungen in diesem Jahr plötzlich wieder in Hausse-Laune.

Grossanleger mischen mit

Angefacht wird das Interesse dabei von Meldungen über den Einstieg von Grossinvestoren, die in anderen Bereichen bereits ein glückliches Händchen bewiesen haben. Den Auftakt machte zum Jahresanfang der deutschstämmige Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel, der durch frühe Investments in Unternehmen wie Facebook und PayPal reich geworden ist. Als Partner der Risikokapitalfirma Founders Fund hat er sich mit mehreren Millionen Dollar an der auf Cannabis-Geschäfte spezialisierten Private-Equity-Firma Privateer Holdings beteiligt. Dieser Schritt wurde mancherorts als eine Art Ritterschlag für das ganze Segment gewertet. Die vorherrschende Goldgräberstimmung zeigt sich ansonsten auch daran, dass bei der Anlegermesse MoneyShow in diesem Jahr ein Cannabis-Symposium abgehalten wird, und die Deutsche Cannabis AG veranstaltet im Oktober 2015 in Berlin die erste Fachmesse in Deutschland rund um das Thema Cannabis.

Das Interesse vieler Zocker muss dabei nicht erst angefacht werden, sondern es ist bereits sehr gross. Sie lassen sich dabei auch nicht von den nach wie vor bestehenden rechtlichen Risiken bremsen. Diese bestehen unter anderem darin, dass die US-Bundesregierung die Legalisierung von Marihuana jederzeit wieder rückgängig machen könnte, zumindest solange, wie Cannabis auf Bundesebene als illegale Substanz eingestuft wird. Kürzlich nahm übrigens auch US-Präsident Obama den Optimisten Wind aus den Segeln, indem er sagte, er sehe derzeit keine Chance, dass der Kongress das Recht auf nationaler Ebene ändern werde. Und vielleicht werden 2016 die Karten sogar ganz neu gemischt, falls bei den Präsidentschaftswahlen ein Republikaner ins Amt gewählt werden sollte.

GW Pharmaceuticals– Höhenflieger aus dem medizinischen Bereich

Wackelfaktoren wie diese haben die Aktien der derzeitigen Stars aus der Branche zuletzt aber nicht von einem Höhenflug abgehalten. Eine der heissesten Wetten ist dabei das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals (ISIN: GB0030544687), welches das Cannabis-Medikament Sativex vertreibt und das Patienten mit multipler Sklerose und spastischen Krämpfen hilft. Der Aktienkurs hat sich seit Mitte 2013 mehr als verzehnfacht und als dem Marktführer bei verschreibungspflichtigen Cannabis-Medikamenten wird der Gesellschaft damit schon jetzt eine tolle Zukunft zugebilligt. Allerdings ist zu beachten, dass einem Börsenwert von 2,0 Milliarden Euro derzeit nur ein für 2015 vom britischen Broker Hunt geschätzter Umsatz von 45,4 Millionen Euro gegenübersteht. Viel von dem möglicherweise vorhandenen Geschäftspotenzial scheint somit kurzfristig bereits in den Notierungen enthalten zu sein.

Zudem schreibt GW Pharmaceuticals bis auf weiteres Verlust, aber das ist in dieser jungen Branche ohnehin die Norm. Viele der börsennotierten Cannabis-Unternehmen erzielen noch keine Gewinne und teilweise auch keine oder nur geringe Umsätze. Auch tummeln sich in diesem Bereich viele schwarze Schafe, die mit Hilfe betrügerischer Machenschaften versuchen, Anleger in die Aktien ihrer Unternehmen zu locken. Die Wertpapieraufsichtsbehörde sah sich auch deshalb bereits im Vorjahr dazu veranlasst, mit Blick auf solche Cannabis-Gesellschaften Warnhinweise abzugeben.

Insys Therapeutics – starkes Wachstum und vergleichsweise günstig bewertet

Etwas besser sieht es in Sachen Bewertung bei Insys Therapeutics (ISIN: US45824V2097) aus. Dahinter steckt eine Biotechfirma, die ihr Geld mit Schmerzmitteln verdient, die auf Marihuana-Basis beruhen. Das ist eine Konstellation, die den Aktienkurs seit dem Gang an die Nasdaq im Jahr 2013 von acht Dollar in der Spitze bis auf 64,32 Dollar getrieben hat. Positiv ist hier, dass bereits Gewinne erzielt werden. Analysten rechnen für 2015 mit einem Ergebnis je Aktie von 1,69 Dollar sowie von 2,70 Dollar für 2016 und damit, dass der Gewinn in den kommenden fünf Jahren im Schnitt um 28 Prozent p.a. steigen wird. Gemessen daran scheint ein 2016er-KGV von gut 20 nicht einmal übertrieben hoch zu sein.

Mit Risiken behaftet, ist aber natürlich auch Insys, und allgemein muss den Branchenvertretern ein relativ hohes Risikoprofil bescheinigt werden. Wie schnell in diesem Sektor für Anleger Glück und Pech beisammen liegen, zeigt sich unter anderem am eindrucksvollsten an Medbox (ISIN: US58405D1000). Die Aktie des Unternehmens war nach dem Börsengang Ende 2012 förmlich explodiert, was nicht zuletzt mit der Hoffnung zu tun hatte, die hergestellten Verkaufsautomaten könnten künftig auch mit Marihuana bestückt werden. Doch derzeit plagt sich die Gesellschaft mehr mit Investorenklagen über unsaubere Bilanzpraktiken herum. Als Folge davon ist der Titel nachhaltig auf die Verliererstrasse gerutscht und zum Penny Stock mutiert.

Cannabis-Aktien – der Sektor ist klein und volatil

Auch viele andere Marihuana-Aktien notieren derzeit meilenweit unter ihren Höchstkursen. Aber das kann nicht wirklich überraschen, sondern das bisher gezeigte volatile Kursverhalten ist vielmehr typisch für eine Branche, die noch in den Kinderschuhen steckt. Wie klein der Sektor im Grunde genommen ist, zeigt sich auch an der niedrigen Marktkapitalisierung des Marijuana Index Global von 6,8 Milliarden Dollar. Fliesst in diesen Sektor Kapital rein oder raus, führt der geringe Börsenwert auch weiterhin wohl zu stark schwankenden Kursbewegungen. Zusammen mit den vielfach noch nicht ausgereiften Geschäftsmodellen spricht das dafür, dass konservative Anleger dem Sektor derzeit noch sehr reserviert begegnen sollten. Wer dennoch Kapital einsetzen will, sollte das als Spielgeld sehen und eher auf Unternehmen setzen, die Marihuana aus medizinischen Gründen zum Einsatz bringen wollen.