Verkehrsministerin Doris Leuthard will einen Tesla als Dienstfahrzeug. Tesla baut Ladestationen in der Schweiz, Tesla kooperiert mit BMW und Nissan bei der Entwicklung von Batterienstandards, Tesla-Chef Elon Musk öffnet den Zugang zu den Patenten des Autobauers. Dies sind alles Meldungen über den Hersteller von Elektrofahrzeugen, nur schon in den letzten Tagen. Tesla, immer wieder Tesla.

Damit hat das Unternehmen aus Palo Alto in Kalifornien eine verstärkte Aufmerksamkeit erreicht. An der Nasdaq stieg nämlich das Handelsvolumen in Tesla-Aktien in der letzten Woche deutlich an. Im Durchschnitt der letzten fünf Handelstage wurde die Aktie des Elektroauto-Konzerns mit rund 1,6 Milliarden Dollar pro Tag gehandelt. Im Vergleich zum 30-Tage-Durchschnitt ist dies ein Anstieg um 50 Prozent.

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Kursexplosion seit 2013

Öffentlich wirksame Aktionen scheint Manager Musk auf jeden Fall zu beherrschen. Die Entwicklung der Aktie dürfte auch auf dies zurückzuführen sein. Seit Anfang 2013 stieg die Notierung auf das Siebenfache! Mit einem Börsenwert von 28 Milliarden Dollar kommt Tesla inzwischen schon auf einen Drittel der Bewertung von BMW und ist an der Börse in etwa genauso viel wert wie Audi.

Ohne Zweifel – Elektromobilität ist im steilen Aufwärtstrend. Die Bundesregierung in Deutschland etwa will bis 2020 auf Deutschlands Strassen 1,0 Millionen Elektrofahrzeuge sehen. In den letzten Monaten belegte Tesla mehrfach mit ihrem Model S in Norwegen bei Neuzulassungen den ersten Platz, noch vor VW-Golf! Auch in der Schweiz ist Tesla zunehmend gefragt. Bis Ende Mai wurden in diesem Jahr mit 215 Fahrzeugen bereits mehr Tesla ausgeliefert als 2013 insgesamt.

Der Umsatz stieg seit 2009 auf das 20-Fache

Wie Kursanstieg und Börsenwert zeigen, sind auch Anleger von der Aktie fasziniert. Doch: 215 Fahrzeuge in der Schweiz oder einige hundert Neuzulassungen des Model S in Norwegen und ein Börsenwert von 28 Milliarden Dollar – passt das zusammen? Ein Blick in den Geschäftsbericht vom Jahr 2013 zeigt: Seit dem Börsengang 2010 schrieb das Unternehmen niemals schwarze Zahlen. Immerhin: Seit 2009 steigerten die Elektrospezialisten den Umsatz von 111,9 Millionen auf 2,0 Milliarden Dollar. Das Ergebnis verbesserte sich dabei konstant und deutlich: Der Verlust schrumpfte in den letzten vier Jahren von 7,94 auf 0,62 Dollar je Aktie.

Wie hoch die Bewertung ist, zeigt sich auch am Kurs/Buchwert-Verhältnis. Renommierte Autobauer wie Daimler, BMW und VW kommen auf KBVs im Bereich von etwa 1,0 bis 2,0, während Tesla bei einem Eigenkapital von 667,1 Millionen Dollar an der Börse derzeit mit dem 40-fachen Buchwert bezahlt wird.

Expansion, Expansion, Expansion

Erfahrene Börsianer fragen sich da natürlich: Kann das gerechtfertigt werden? Tesla setzt weiter auf massive Expansion. Das Service- und Vertriebsnetz wird weltweit ausgebaut. Zu den 110 Servicezentren Ende 2013 sollen in diesem Jahr viele neue, auch in China, dazukommen. Zudem forciert Manager Musk den Ausbau des Ladenetzes. Neben den rund 100 Stationen in Nordamerika und Europa sollen nun auch Stationen in China, Japan und Hongkong folgen. Dabei soll auch die Ladezeit verbessert werden. Derzeit beträgt nämlich die Reichweite bei einer Ladezeit von einer Stunde maximal 55 Kilometer. Wer das Model S mit seinen 306 bis 421 PS-Motoren antreibt, wird wohl nicht annähernd so weit kommen. In diesem Jahr soll auch die Produktionskapazität der beiden Modelle S und X signifikant erhöht werden. Ebenso kündigt Musk deutlich steigende Entwicklungskosten, vor allem für Model X, an.

Und da ist natürlich noch der geplante Bau der Tesla-Gigafactory. Dort wollen die Kalifornier Batterien produzieren und mit Zulieferern zusammenarbeiten. Die Fläche der Fabrik soll etwa eine Million Quadratmeter – also einen Quadratkilometer! – gross sein. 6500 Menschen sollen dort arbeiten. 2020 soll die volle Kapazität erreicht werden, die Kosten sollen insgesamt bei vier bis fünf Milliarden Dollar liegen, zwei Milliarden Dollar sollen von Tesla selbst kommen. Dabei weiss Musk noch nicht einmal sicher, ob das Werk 2020 schon stehen wird, und Tesla kann nicht selber Lithium-Ionen-Batterien fertigen.

Ist Tesla 28 Milliarden Dollar wirklich wert? Ein Rechenbeispiel

Trotz des Megatrends und des starken Wachstums fangen Anleger angesichts fortwährender Verluste und der geplanten Milliardeninvestitionen an zu rechnen:

Wurden 2012 erst 2650 Autos abgesetzt, so waren es im vergangenen Jahr rund 22'500 Exemplare des Modells S. Beim genannten Umsatz von 2,0 Milliarden Dollar lag der durchschnittliche Preis bei rund 90'000 Dollar. Die Kosten der Autoproduktion lagen 2013 bei rund 75 Prozent der Verkaufserlöse. Dazu kommen Kosten für weitere Posten wie Verwaltung, Entwicklung, Zinsen.

Eine Wette auf die Zukunft

Angenommen, Tesla wird nicht 22'500 Autos verkaufen wie im 2013, sondern 100'000 Fahrzeuge zum selben Preis, bei gleichen Materialkosten. Und weiter angenommen, die Personal- und Entwicklungskosten sowie die Zinsbelastung würden konstant bei rund 500 Millionen Dollar bleiben, dann würde sich folgende Rechnung ergeben: Der Umsatz läge bei rund 9,0 Milliarden Dollar. Nach Materialkosten bringen 100'000 Tesla bei einer Marge von 25 Prozent einen Bruttogewinn von rund 2,3 Milliarden Dollar. Abzüglich der Kosten für Personal und Zins ergäbe das einen Vorsteuergewinn von rund 1,8 Milliarden Dollar. Bei einer Steuerquote von 20 Prozent würden 1,4 Milliarden Dollar übrig bleiben.

Tesla kostet jetzt 28 Milliarden Dollar an der Börse – das wäre ein 20er-KGV. Audi, BMW oder Daimler sind etwa halb so hoch bewertet. Aber 100'000 Fahrzeuge – davon ist Tesla noch weit entfernt. In diesem Jahr sollen 35'000 Stück von Model S verkauft werden. Vielleicht ist ein Jahresabsatz von 100'000 Stück in zwei oder drei Jahren drin. Aber dann kommt vielleicht schon die nächste globale Rezession. 100'000 Dollar für ein Model S ist aber in einer Rezession erst recht ein stolzer Preis. Als Unsicherheitsfaktor sind da noch die hohen Investitionen in das Service- und Ladenetz sowie in die geplante Gigafabrik. Und überhaupt: Vielleicht wird das ganze Elektroauto-Thema doch ein Flop? Tesla, eine tolle Story mit Wachstumsphantasie, aber eine Wette auf die Zukunft! Konservative, value-orientierte Anleger würden sagen: Eine Kursblase!