Die Herrschaft der Maschinen schien niemals greifbarer. Selbstfahrende Autos erobern die Strasse, der Supercomputer AlphaGo hat den Weltmeister im Brettspiel Go besiegt, in Japan kümmern sich humanoide Roboter um Hotelgäste. Science Fiction wird Realität.

Das Potenzial der Industrie 4.0 löst Faszination, aber auch grosse Ängste aus: Viele Menschen fürchten, dass Roboter sie am Arbeitsplatz ersetzen. Wie eine neue Studie von Deloitte zeigt, könnten diese Sorgen aber unbegründet sein – zumindest teilweise. «Der Bedarf an Arbeitskräften ist immer stärker gewachsen, als Jobs durch die Automatisierung ersetzt wurden», sagt Deloitte-Partner Markus Koch

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Jeder zweite Job durch Roboter gefährdet

Das Beratungsunternehmen hatte selbst im Herbst 2015 vorausgesagt, dass in der Schweiz jeder zweite Job durch Roboter gefährdet ist. Allerdings hielt Deloitte schon damals fest: Insgesamt wird die Nachfrage nach Personal steigen. Jetzt haben die Berater ausgerechnet: Bis 2025 werden auf dem Schweizer Arbeitsmarkt 270'000 Arbeitsplätze netto entstehen.

Richtig ist, dass der Strukturwandel durch die Industrie 4.0 den Arbeitsmarkt wohl grundlegend verändern wird. Allerdings werden Jobs nicht einfach abgebaut, vielmehr verschieben sich die Kräfteverhältnisse zwischen den Branchen. «Für Arbeitnehmer entstehen dabei Risiken und Chancen zugleich», heisst es in der Studie.

800'000 Stellen innert 25 Jahren entstanden

Die Ängste durch die Konkurrenz durch Technologie sind häufig übertrieben, hat David Autor festgestellt, Ökonom am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Dafür sprechen auch die historischen Argumente: Seit Beginn der Industrialisierung ist die Nachfrage nach Arbeitskräften gestiegen. In der Schweiz sind allein in den vergangenen 25 Jahren 800'000 neue Stellen entstanden, nicht zuletzt durch den technologischen Fortschritt.

Eine Zukunft hätten laut dem Papier von Deloitte vor allem kreative Berufe und solche, bei denen die Interaktion von Mensch und Maschine von Bedeutung ist. Ein Beispiel sei der Arztberuf. «Ein Arzt war vor 100 Jahren Mediziner und wird es in 100 Jahren noch sein», sagt Dennis Brandes von Deloitte. Durch Technologie erweiterten sich aber seine Möglichkeiten, und die anderer Wachstumsbranchen. «Produktivität und Qualität der Arbeit wird gesteigert, dadurch steigen auch die Löhne», sagt Dennis Brand von Deloitte. Auch für Architekten und Ingenieure zum Beispiel sind die Zukunftsaussichten blendend, sie werden noch lange nicht durch Roboter zu ersetzen sein. Auch Coiffeure und Kinderbetreuer haben gute Perspektiven.

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Bedroht sind hingegen zum Beispiel niedrig qualifizierte Bürotätigkeiten und Teile des Handwerks, etwa Maler oder Maurer. Ihre Tätigkeiten lassen sich in Zukunft schneller durch Maschinen ausführen. Generell würden aber auch die Jobs in Bereichen mit niedriger oder mittlerer Qualifikation nicht ausgehen (siehe Bildergalerie).

Mit dem Wandel durch Automatisierung werden Fortbildungen wichtiger – sie ermöglichen Arbeitnehmern, sich auf die neuen Anforderungen im Arbeitsmarkt einzustellen. Befürworter des Grundeinkommens dürfte dies freuen. Denn Umfragen zufolge würde nur eine Minderheit der Schweizerr aufhören zu arbeiten, wenn sie ein Grundeinkommen erhielten. Jeder zweite würde aber in eine Weiterbildung investieren.

Durchlässiger Arbeitsmarkt

Das hält Deloitte-Partner Koch für elementar, Weiterbildung müsse verstärkt werden. «In Zukunft werden die Arbeitsbiografien noch individiueller werden», sagt er, «um den technologischen Wandel aufzufangen, muss der Arbeitsmarkt noch durchlässiger werden.» Branchenwechsel und selbstständige Tätigkeiten würden immer mehr zur Normalität. «Hier muss das Sozialsystem ausgebaut werden, um Menschen in Übergangsphasen aufzufangen.» Diese werden für den Einzelnen und Unternehmen nicht schmerzfrei sein. «Doch die Schweiz ist gut aufgestellt, um sich eine hohe Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.»

Ein Grundeinkommen hält Deloitte-Manager Brandes nicht für nötig. «Die Frage ist doch, wie gross der Anteil an Menschen in der Bevölkerung ist, der aufgefangen werden muss», sagt er. Es sei effizienter, die Betroffenen gezielt zu unterstützen. Wichtiger sei, dass das Bildungssystem sich an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anpasse. «Schulen und Universitäten müssen sich darauf konzentrieren, Metafähigkeiten zu vermitteln.» Kritisches Denken, Problemlösungskompetenz und emotionale Intelligenz seien hier wichtige Qualiäten. Brandes sagt: «In diese Richtung muss noch mehr passieren.» 

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