Die Deutsche Bundesbank lüftet ein grosses Geheimnis: Sie legte offen, wo sie ihre Goldreserven lagert - in den USA, Deutschland, England und Frankreich.

1536 der 3396 Tonnen des deutschen Goldes, also 45 Prozent, befinden sich bei der US-Notenbank Fed in New York, 1036 Tonnen (31 Prozent) bei der Deutschen Bundesbank in Frankfurt, 450 Tonnen (13 Prozent) bei der Bank of England in London und 374 (11 Prozent) bei der Banque de France in Paris. Das sagte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele der Nachrichtenagentur dpa. 

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«Wir werden in den kommenden drei Jahren jährlich 50 Tonnen Gold aus New York nach Deutschland bringen», kündigte Thiele ausserdem an. «Das gibt uns die Gelegenheit, diese Barren zu überprüfen, einzuschmelzen und in die Form des Good-Delivery-Standard zu bringen.» Neben dieser Stichprobenkontrolle gebe es Gespräche, um die Revisionsrechte vor Ort in New York, London und Paris auszuweiten.

Zuvor hatte der Bundesrechnungshof eine genaue Bestandsaufnahme der Goldreserven im Ausland sowie regelmässige Kontrollen gefordert. Denn umstritten ist, ob die bisherige Praxis ausreicht, sich auf schriftliche Bestätigungen ausländischer Notenbanken zu verlassen. Bundestagsabgeordnete wollten die im Ausland lagernden Barren sehen, das wurde ihnen jedoch verweigert. Kritiker monierten, die Bundesbank habe die Kontrolle über das Gold aus der Hand gegeben.

Auch in Österreich hat der Rechnungshof des Landes für 2013 eine umfassende Prüfung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) angekündigt. Teil dieser Prüfung werde auch sein, sich die Goldbestände genau anzuschauen, zitiert der «Kurier» eine Sprecherin des Rechnungshofes. «Ein Teil ist in Österreich, ein Teil in der Schweiz und ein Teil in London», so ein OeNB-Sprecher über die 280 Tonnen Gold Österreichs. Wieviel davon wo liegt, bleibt jedoch geheim.

SNB vertraut und schweigt

Nichts tut sich dagegen in der Schweiz: Seit dem Jahr 2008 verfügt die Schweizerische Nationalbank (SNB) unverändert über 1040 Tonnen Gold, die im In- und Ausland gelagert sind. Mehr lässt die Nationalbank sich nicht entlocken. «Ich und zwei Kollegen wissen, wo sich der Bestand befindet, aber die Politik der Nationalbank ist es, nichts darüber zu sagen», zitierte «20min.ch» den damaligen Nationalbank-Chef Philipp Hildebrand aus dem September 2011.

Auch die Schritte aus Deutschland und Österreich bewegen die SNB nicht zu grösserer Offenheit: Auf Anfrage von «Handelszeitung Online» verweist die Nationalbank lediglich auf eine Antwort des Bundesrates auf eine Interpellation von SVP-Nationalrat Lukas Reimann. «Das im Ausland lagernde Gold wird mit gemäss nationalen und internationalen Standards erstellten Drittbestätigungen nachgewiesen», schreibt der Bundesrat.

Bei diesen Drittbestätigungen handelt es sich um eben solche schriftlichen Bestätigungen aus den lagernden Ländern, wie sie in Deutschland für Skepsis gesorgt haben. Nicht so in der Schweiz: «Wir vertrauen dabei auf die Bestätigungen der Parteien, bei denen das Gold lagert», sagt SNB-Pressesprecher Meier. «Dabei werden auch die Nummern der Barren aufgeführt.» Im Inland würden die Reserven auch physisch geprüft.

«Aus Sicherheitsgründen»

Aber warum werden die Standorte geheim gehalten? «Aus Sicherheitsgründen», heisst es in der Bundesratsantwort. Fraglich ist jedoch, ob es die Sicherheit der Schweizer Goldreserven gefährenden würde, wenn etwa bekannt würde, dass ein Teil davon bei der US-Notenbank in New York lagert. Dass dort etwas zu holen ist, dürfte eh bekannt sein - mit oder ohne Schweizer Gold.

Sicherheitstechnisch heikel könnten dagegen Transporte sein, mit denen das Gold an einen anderen Standort verlagert wird. So spekuliert «Bild.de» im Falle des deutschen Goldes etwa, ob Transporte von den USA nach Deutschland von Soldaten überwacht werden müssen. 

Bei der Schweizerischen Nationalbank argumentiert man derweil mit der Tradition, wenn es um die «Sicherheitsgründe» geht: «Wir haben seit vielen Jahren diese Sprechreglung und wollen vorherhand nicht davon abrücken», so Sprecher Walter Meier.

«Schweiz muss nachziehen»

Nationalrat Lukas Reimann fordert dagegen mit Blick auf Deutschland und Österreich: «Die Schweiz muss unbedingt nachziehen.» Es gebe keinen Grund, dass die Bevölkerung nicht erfahre, wo das Gold gelagert sei. «Man würde ja keine Geheimnummern oder Details zu Tresoren verraten.»

Reimann hatte mit seiner Interpellation vesucht herauszufinden, wo sich das Schweizer Gold befindet und wer die Reserven wie und wann prüft. Er spekuliert  darin auf die Schweiz, die USA, Deutschland, England und Frankreich als mögliche Standorte. Der Bundesrat geht auf die Ortsfrage aber nicht ein. Und Gewissheit hat auch der SVP-Politiker nicht. 

Mit der Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold» geht Reimann noch weiter: Er fordert, dass die Goldreserven der SNB unverkäuflich werden, komplett in der Schweiz lagern und die Nationalbank zumindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold hält. «Wir haben schon etwa drei Viertel der 100'000 Stimmen für die Volksinitiative gesammelt», sagt der Politiker.

Vor- und Nachteile

«Gold ist nach meinem Verständnis die letzte Reserve für Notfälle, daher sollten wir es es in der Schweiz lagern», so Reimann weiter. «Nur so sind Sicherheit, Unabhängigkeit und sofortige Verfügbarkeit garantiert.»

Anders argumentierte eine SNB-Sprecherin gegenüber «20min.ch» im Jahr 2011: «Ein massgebender Grund für diese dezentrale Lagerung war schon immer die Vorsorge für den Krisenfall», so Sprecherin Silvia Oppliger mit Blick auf mögliche Krisen in der Schweiz.

Ein weiterer wichtiger Grund liege im Zugang zum Goldmarkt, an dem die Bestände nötigenfalls liquidiert werden könnten. Die Webseite zitiert einen Gold-Experten: «Wenn beispielsweise die USA von der Schweiz Gold kaufen, dann wandern die Barren einfach vom einen Tresor in Fort Knox in den nächsten.»