Die Wahl zum Mister Schweiz hätte er damals locker geschafft», sagt die ehemalige HSG-Kommilitonin Ingrid Felten über ihn. Dieses Urteil bedarf – mindestens 15 Jahre nach seinem Studienabschluss – einer Überprüfung: Feltens Urteil ist nicht daneben. Das findet auch die Fotografin, die ihn ablichten soll.

Doch sobald das Gespräch beginnt, traut man sich nicht, ihn mit solchen Einschätzungen zu behelligen. Das käme bestimmt schlecht an. Pascal Forster ist der Typ des jungen Managers, der zwar eine gute Prise Humor goutiert, aber alles zu seiner Zeit. Und an diesem Morgen ist etwas angesagt, das zwar zu seinem Kerngeschäft gehört, aber in «a reverse sense», wie man im angelsächsisch geprägten Mutterhaus Russell Reynolds wahrscheinlich sagen würde: Nicht ein potenzieller Anwärter für höhere Weihen in der Beletage wird geröntgt, sondern er selber.

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Wie muss einer beschaffen sein, dem ein international renommiertes Unternehmen für Executive Search zutraut, in der Schweiz einen festen Anker auszuwerfen?

Erster Eindruck: Offen, aber nicht geschwätzig, kommunikativ, aber nicht anbiedernd. Dazu zwei Beispiele. Darauf angesprochen, wie er Russell Reynolds erstmals wahrgenommen habe, antwortet er ohne Umschweife: «Als Konkurrent, der mir aus London heraus einen tollen Mandatsauftrag, der so gut wie akquiriert war, weggeschnappt hat.» Nach einer kurzen Denkpause fügt er hinzu: «Ich dachte ‹Chapeau›.»

Dass auch Russell Reynolds im Rahmen der Expansionspläne für die Schweiz auf den jungen und sehr agil wirkenden Executive Searcher und seine Firma Forster Reichstein Associates aufmerksam geworden ist, beweist ein Telefonanruf, den er drei Jahre später bekam. Forster wurde angefragt, ob er bereit sei, als Managing Director für seine damalige Konkurrenz in der Schweiz tätig zu werden.

«Für die Antwort mussten meine Frau und ich schon ziemlich lange überlegen. Immerhin ging es um die Aufgabe meiner seinerzeit angestrebten und voll ausgelebten Selbstständigkeit», sagt er. Dass der Berater, welcher seinen Beruf als Berufung versteht und in seiner bisherigen Laufbahn über 180 Spitzenpositionen erfolgreich besetzt hat, im Zusammenhang mit einem so schwerwiegenden Entscheid auch seine Frau mit einbezieht, ist selbstverständlich.

Eher aussergewöhnlich dürfte sein, dass sie nicht einfach als Partnerin und Managerin der Familie, sondern als Sachverständige mitreden konnte. Margarita Forster hat Kommunikationswissenschaften studiert und kennt die verschiedenen Ebenen, in denen sich Menschen wohl fühlen wie Fische im Wasser. Solche gibt es übrigens en masse im Haushalt der Forsters –in einem Aquarium.

Krasser Gegensatz

Die Antwort der beiden fiel positiv aus, und ab 1. Mai 2008 wird Pascal Forster an der Genferstrasse 21 in Zürich wirken. Die Jugendstilfenster stehen im krassen Gegensatz zu seinem Auftritt. Er ist sec und schnörkellos. Erst Fragen nach seinem Studentenleben und allfälligen «Tolggen» im akademischen Reinheft bringen ihn vom Geschäftlichen ab.

Eigenartigerweise ist es gerade der gewagteste Streich in jener Zeit, der im gegenteiligen Sinn auf seinen Charakter zielt. Es geht um eine grosse Tafel, die er in einer lauen Augustnacht im Morgengrauen heimlich an der Dufourstrasse mit seinen WG-Genossen abmontierte. «Wenden verboten» stand darauf. Wenn Forster diese beiden Worte nur schon ausspricht, schüttelt er sich vor Lachen. Die möglicherweise leicht angesäuselten Studenten wurden jedoch beobachtet, polizeilich zur Rede gestellt und mussten eine kräftige Busse hinblättern.

Wer sich mit Forster länger unterhält, spürt, dass Wenden bei ihm das Gegenteil bedeutet: Hinwenden, Wahrnehmen von Trends und Bedürfnisstrukturen der Kunden. «Das ist mit ein Grund, wieso ich mich entschieden habe, bei Russell Reynolds einzusteigen. Meine neuen Partner haben sich einem Prinzip verschrieben, das meiner eigenen Auffassung von unserem Beruf entspricht: Sie wollen nicht die Grössten, sondern die Besten sein. Wir sind global integriert, bewahren uns jedoch lokal den Boutique-Charakter.»

Bei Russell Reynolds werden die Boni nicht einfach nur aufgrund der eingespielten Mandatsumsätze errechnet. «Bei uns zählt vielmehr die Qualität der Arbeit und der Mehrwert, den ein Mitglied dieser weltweit an 39 Standorten verteilten Ableger für die gesamte Gruppe erbringt», erläutert Forster das eigenwillige Entlöhnungssystem. Konkret: Wer mit seinen Aktivitäten innerhalb des Netzwerkes auch eine Wertschöpfung erbringt, die dem gesamten Unternehmen dient, wird dafür entsprechend honoriert.

Zweiter Eindruck: Forster ist nicht empfindlich. Er erzählt, dass er ursprünglich Arzt werden wollte, weil er in seiner Verwandtschaft und im Bekanntenkreis seiner Eltern viele interessante Menschen dieser Spezies getroffen hat. «In diesem Beruf kann man manuelle, technische, intellektuelle und psychologische Fähigkeiten kombinieren.» Letztere konnte er besonders gut beurteilen: Seine Mutter ist Psychologin, sein Vater Unternehmensberater mit psychoanalytischer Zusatzausbildung. Dieses Rüstzeug kommt ihm auch im Berufsleben immer wieder zustatten.

Forster hat sein Studium als Lehrer finanziert. Haupteinnahmequellen waren die Handelschule in Wil und die Schule für angehende Hotelfachangestellte in Pontresina. Ferien war für ihn ein Fremdwort. Wie vielen jungen Leuten er das grosse ABC in Betriebs- und Volkswirtschaft, das Führen einer ordentlichen Buchhaltung und Kenntnisse im Umgang mit OR-Paragraphen beigebracht hat, weiss er nicht mehr. «Aber es waren schon ziemlich viele», sagt er. Bis zu 34 Wochenstunden hat er im Optimalfall geschafft. Für sein Lieblingshobby, die körperliche Betätigung, fehlte die Zeit. Dafür holt er das jetzt nach.

Begeisterte Sportsfreunde

Outdoor-Sports in allen Facetten gehören zu seinen Leidenschaften. Einzig beim Wasser ist er etwas wählerischer geworden. Zusammen mit einem seiner besten Freunde, Schweiter-CEO Beat Siegrist, frönt er dem Kitesurfing, dem Lenkdrachensurfen. Gerne auch am Roten Meer. Dafür, dass Destinationen wie diese jedes Jahr rechtzeitig gebucht werden, kann er sich höchstwahrscheinlich auf einen weiteren guten Freund, TUI-CEO Martin Wittwer, verlassen.

Wie der Vierte im Bunde, Georges Kern von IWC, liebt dieses Trio auch Griechenland, wo gemeinsame Familienferien zum festen Bestandteil der langen Freundschaften gehören.

Die vier verbindet, neben beruflichen Interessen, vieles. Alle haben sie Kinder im Schulalter, Frauen, die sich gut verstehen und ebenfalls sehr aktiv sind, wobei Margarita Forster ein nicht alltägliches Engagement hat: Die gebürtige Ecuadorianerin stellte in ihrer Heimat ein Hilfswerk für allein erziehende Mütter auf die Beine, aus dem mittlerweile eine Institution mit Schulen, Zugang zu medizinischer Versorgung und Mikrokrediten geworden ist.

Ein kleines, aber für viele Männer nicht unbedeutendes Detail beweist, dass die als temperamentvoll geschilderte Frau auch einen langmütigen Charakter hat. «Ich wog einmal über 110 Kilogramm», sagt der schlanke Mann. Es ist kaum zu fassen. Erst ab etwa 108 Kilogramm habe seine Frau seine Klagen über sein Gewicht nicht mehr beschwichtigt.

Was für einen Willen einer hat, der 20 Kilogramm leichter geworden ist, wird einem beim Abschied klar: «Oh, alles ist erreichbar, wenn man sich nur auf das Ziel konzentriert», lautet die einfache Antwort.