Der russische Staatskonzern Gazprom hat nach Angaben der Regierung Bulgariens und des polnischen Energieunternehmens PGNiG für Mittwoch einen Stopp der Gaslieferungen in beide Länder angekündigt. Sollte Gazprom die Ankündigung wahr machen, käme dies einer deutlichen Eskalation im Konflikt Russlands mit westlichen Staaten über den Einmarsch in die Ukraine gleich. Die Regierung in Moskau hatte Europa gewarnt, dass Gaslieferungen unterbrochen werden könnten, wenn künftig nicht in Rubel gezahlt werde.

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Das Energieministerium in Sofia erklärte, Gazprom habe die staatliche Gasfirma Bulgargaz informiert, dass ab Mittwoch die Versorgung eingestellt werde. Es seien Schritte eingeleitet worden, um der Situation zu begegnen und Alternativen für die Lieferungen zu finden. Vorerst sei es nicht notwendig, den Gasverbrauch in Bulgarien einzuschränken. Das Land bezieht mehr als 90 Prozent seiner Gasimporte aus Russland.

Die polnische Staatsfirma PGNiG teilte mit, Gazprom habe angekündigt, die Gaslieferung am Mittwochmorgen zu stoppen. Das zuständige Ministerium in Warschau erklärte, die Energieversorgung des Landes sei gesichert. Es sei nicht notwendig, Gasreserven anzuzapfen oder die Versorgung der Verbraucher zu beschänken. Aus Regierungskreisen verlautete, die Gasspeicher seien zu 76 Prozent gefüllt und es gebe verschiedene Möglichkeiten, über andere Leitungen an Gas zu kommen - unter anderem durch zwei Verbindungen in Deutschland.

«Erdbebenartiger Warnschuss Russlands»

Bereits am Dienstag war die Versorgung Polens mit russischem Gas über die Jamal-Pipeline vorübergehend gestoppt worden. Wie aus Daten des EU-Verbunds von Gasnetzbetreibern hervorging, floss am Nachmittag kein Gas aus Belarus nach Polen. Am Abend strömte demnach dann wieder Gas durch die Leitung. PGNiG hat mit Gazprom langfristige Verträge, die die Polen dieses Jahr auslaufen lassen. Die Lieferstopp-Ankündigung sei ein «erdbebenartiger Warnschuss Russlands», sagte Tom Marzec-Manser, Gas-Analyst bei der Datenanalyse-Firma ICIS.

Russland hatte gedroht, europäischen Ländern den Gashahn zuzudrehen, wenn sie ihre Einfuhren nicht wie seit März gefordert direkt in Rubel bezahlen beziehungsweise Euro oder Dollar auf ein eigens dafür einzurichtendes Konto bei der Gazprombank zur Umrechnung einzahlen. Polen erklärte daraufhin mehrfach, der Forderung nicht nachkommen zu wollen.

Gazprom steht zudem auf einer am Dienstag veröffentlichten Liste russischer Unternehmen und Oligarchen, deren Vermögenswerte nach einem neuen Sanktionsgesetz eingefroren werden können. Polen hat diese Strafmassnahmen unabhängig von Sanktionen eingeleitet, die die EU-Länder gemeinsam gegen Russland verhängt haben.

«Spezialoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung»

Das russische Präsidialamt hatte am Dienstag zunächst ohne nähere Erklärungen mitgeteilt, Gazprom setze die angekündigten Bestimmungen zur Bezahlungen in Rubel um.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte diese per Dekret für «unfreundliche» Länder angeordnet, nachdem viele westliche Staaten mit Sanktionen auf den Einmarsch in die Ukraine reagiert hatten. Russland bezeichnet seinen Einsatz im Nachbarland als «Spezialoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung».

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(reuters/gku)