So viel ist sicher: ABB-Chef Björn Rosengren, der am Freitag seinen Abgang ankündigte, gehört zu den besten Industriemanagern Europas. Er hat in seiner Karriere geschafft, was nur den allerwenigsten gelingt: Er übernahm drei kriselnde Konzerne und brachte sie stets innert fünf Jahren in neue Sphären. Da war bei Wärtsilä so, einem finnischen Industriegiganten, der Schiffsmotoren produziert. Dieser konnte unter Rosengrens Führung den Börsenwert um 50 Prozent steigern. 

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Als Nächstes packte er bei Sandvik an, einem Industrieriesen aus seiner Heimat Schweden. Dessen Börsenwert hat Rosengren in seiner Amtszeit verdoppelt. Dasselbe Muster wiederholte er jetzt bei ABB, deren Kurs er ebenfalls multiplizierte.

Die Erfolge sind kein Zufall, es gibt Muster, die der neue ABB-Chef Morten Wierod gut studieren sollte. Denn Rosengrens Managementstil ist genau das Gegenteil des Chefs, der alles besser weiss und überall nervös reinfummelt. Er tut genau das Gegenteil: Er gibt die Strategie vor und setzt fähige Divisionsleiter ein. Diese agieren nicht als Befehlsempfänger vom Chef; sie sind quasi Unternehmer mit weitestgehenden Kompetenzen.

Ein CEO als Coach 

Rosengren versteht sich derweilen als Coach, der seine Führungsleute antreibt und überwacht. Dabei misst er deren Erfolg an zwanzig Kernzahlen, die in drei Farben eingeteilt sind: Grün, Orange, Rot. Bei Grün ist man auf Kurs, bei Orange wird Krisenmanagement erwartet. Bei Rot wackelt der Stuhl der Divisionsleiterin, oder die Geschäftseinheit wird abgespalten und verkauft.

Dass dieser Industriestar per Ende Jahr definitiv abtritt, ist zweifellos ein Verlust für ABB und für den Industriestandort Schweiz. Immerhin wird er seinen Nachfolger Morten Wierod noch bis Ende 2024 begleiten.

Überraschend kommt die Wahl nicht: Der Norweger leitet mit der Elektrifizierung die wichtigste Division von ABB. Und er hat sie unter seiner Führung zur rentabelsten gemacht. Zudem ist er ein Insider, kennt ABB seit 25 Jahren und hat diverse Divisionen mit Erfolg geführt. Er wird, davon ist auszugehen, wohl auch die spezielle Führungsphilosophie seines Vorgängers weiterführen. Denn dieser hat bewiesen, zu welchen Höchstleistungen ABB mit einer dezentralen Führung fähig ist. ABB ist ein Fall, der Mikromanagerinnen und -manager an der Firmenspitze ins Grübeln bringen muss.

Stefan Barmettler HZ
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