Die EU-Staaten und die USA als wichtigste Unterstützer der Ukraine wollen dem von Russland angegriffenen Land weiter mit ihrer Hilfe zur Seite stehen. Von Washington aus versuchte Präsident Joe Biden, Befürchtungen in Kiew wegen des Haushaltsstreits im US-Kongress zu zerstreuen. «Ich möchte unseren amerikanischen Verbündeten, dem amerikanischen Volk und dem ukrainischen Volk versichern, dass sie auf unsere Unterstützung zählen können und wir uns nicht zurückziehen werden», sagte der Demokrat am Sonntag.

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Auf Besuch in Kiew sicherte auch der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell der Ukraine «dauerhafte und strukturelle» Hilfe gegen die existenzielle Bedrohung zu. Er hat den EU-Staaten vorgeschlagen, von 2024 bis 2027 jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Ukraine aufzubringen. Das osteuropäische Land wehrt seit Februar 2022 eine Invasion des übermächtigen Nachbarn Russland ab. Die Militärs in Kiew zählen am Montag den 586. Kriegstag. Den Süden der Ukraine griff Russland in der Nacht erneut mit Kampfdrohnen an.

Joe Biden: Die Zeit drängt im Haushaltsstreit

In Washington hatte der US-Kongress am Samstag in letzter Minute mit einem Kompromiss eine Haushaltssperre abgewendet - um den Preis, dass die Hilfe für die Ukraine darin nicht festgeschrieben ist. Biden warnte, dass nicht viel Zeit bleibe, um neue Hilfe zu genehmigen. «Wir haben Zeit, nicht viel Zeit, und es gibt ein überwältigendes Gefühl der Dringlichkeit.»

Auf die Frage, was er der Ukraine und Verbündeten zu sagen habe, betonte Biden: «Sehen Sie mich an. Wir kriegen das hin.» Mit Blick auf die Genehmigung weiterer Hilfen machte der Präsident deutlich, dass er einen Deal mit dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen habe. Ob man diesem vertrauen könne, werde sich nun zeigen. Er wolle nicht glauben, dass Republikaner und Demokraten «aus rein politischen Gründen noch mehr Menschen in der Ukraine unnötig sterben lassen», so Biden weiter. Ein Teil der Republikanischen Partei zieht im US-Vorwahlkampf die Ausgaben für die Ukraine in Zweifel.

Der EU-Aussenbeauftragte Borrell kommentierte bei einem Besuch in Kiew, die Entscheidung in den USA sei zu bedauern. Wie Biden gab er sich aber zuversichtlich, dass sich im Grundsatz nichts an der US-Unterstützung für die Ukraine ändern werde. «Wir glauben, dass das nicht das letzte Wort ist», sagte er.

Geld und Munition für die Ukraine

Borrell sprach nach eigenen Angaben mit dem neuen ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow über die Prioritäten der EU und ihrer Mitglieder bei Militärhilfe und Training. «Unsere Militärhilfe hat die Zahl von 25 Milliarden Euro erreicht», sagte er. Humanitäre, wirtschaftliche und finanzielle Hilfe dazugerechnet werde Europa das von Russland angegriffene Land mit 85 Milliarden Euro unterstützen.

Von einer Million Artilleriegeschossen, die in der EU beschafft werden sollen, könnten 300 000 schon geliefert werden. Der EU-Aussenbeauftragte stellte klar, dass die EU-Hilfe unabhängig von der Lage auf dem Gefechtsfeld sei. «Unsere Unterstützung für die Ukraine hängt nicht davon ab, wie der Krieg in den nächsten Tagen oder Wochen verläuft.» Borrell war am Samstag in die Ukraine gekommen und hatte zunächst die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer besucht.

Heftige Feuergefechte ohne Veränderung der Lage

Der Generalstab in Kiew berichtete von heftigen Feuergefechten entlang der fast 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden des Landes. Veränderungen der Lage liessen sich aus dem Bericht für Sonntagabend aber nicht ablesen. In der Nähe der Stadt Bachmut im Donbass seien Versuche der Russen abgewehrt worden, verlorene Positionen zurückzugewinnen. Die ukrainische Armee setze eigene Angriffe bei Bachmut und bei Robotyne im Süden fort. Diese Militärangaben waren nicht unmittelbar überprüfbar.

Die angegriffene Ukraine beging den Sonntag erstmals als Tag des Vaterlandsverteidigers. Mit einer landesweiten Schweigeminute wurde der getöteten und verwundeten Soldaten und Soldatinnen gedacht. «Hinter uns liegt unsere Geschichte», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache. «Vor uns liegt der Sieg. Und ein freies Land. Das wir verteidigt haben, verteidigen und verteidigen werden.»

Ukrainischer Angriff auf Flughafen Sotschi

Die Ukraine griff nach inoffiziellen Angaben den russischen Flughafen Sotschi am Schwarzen Meer mit Kampfdrohnen an. Ziel sei ein Abstellplatz für Hubschrauber gewesen, berichteten Kiewer Medien am Sonntag unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Russlands wichtigster Badeort Sotschi, von dem aus Präsident Wladimir Putin oft seine Amtsgeschäfte führt, liegt etwa 800 Kilometer von ukrainisch kontrolliertem Gebiet entfernt. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte den Abschuss einer ukrainischen Drohne in der Region mit.

Ukrainische Drohnenangriffe wurden am Sonntag auch aus den russischen Gebieten Smolensk und Belgorod gemeldet. Über der von Russland annektierten Halbinsel Krim wurden nach Moskauer Militärangaben zwei ukrainische Raketen abgefangen.

(awp/gku)