Mit Machosprüchen müssen Frauen auch heute noch rechnen, wenn sie in die einstige Männerdomäne Wirtschaft eindringen: «Mit Frauen soll man schlafen, aber nie in sie investieren», gab noch 2001 der Investmentguru Marc Faber in der «Schweizer Illustrierten» zum Besten.

Als Frauen sich einst bei den Banken beraten lassen wollten, wurde ihnen empfohlen, doch den Mann mitzubringen. Von Anlageberatern wurden sie oft nicht ernst genommen. Und nicht nur von denen. «Wenn es im Zuge einer Erbschaft oder Scheidung um eine Depotaufteilung ging, wurden die Frauen eher benachteiligt», erinnert sich Luisa Bürkler.

Der Ärger über solche Ungerechtigkeiten war für die Rechtsanwältin Motiv genug, um 1998 mit ihren Gesinnungsgenossinnen Verena Imhof und Traute Rüegg die Frauen-Investment-Clubs Zürich (FICZ) zu gründen. Hier sollten sich Frauen einerseits das nötige Know-how erwerben und auch gleich an der Börse praktische Erfahrungen sammeln.

Auch der Smart Ladies’ Investment Club (SLIC) stammt aus dieser Zeit. 14 Frauen haben diesen Anfang 1997 gegründet. Das Motiv war dasselbe: Frauen in Börsenfragen und bei der Vermögensverwaltung weiterzubilden.

Die Clubs sind keine Wettvereine. Die Performance, der Erfolg an der Börse, hat in beiden Organisationen eine untergeordnete Bedeutung. Wichtiger sind das soziale Netz und der Erwerb von theoretischem und praktischem Know-how. Dieser beschränkt sich bei beiden Clubs keineswegs auf die Frage, welche Aktien am besten verkauft oder gekauft werden können. Die Frauen orientieren sich vielmehr an einem Allfinanz-Ansatz: Sie lernen, sich nicht nur in Aktien, sondern auch in so unterschiedlichen Bereichen wie Immobilienanlagen, Derivaten, Obligationen, Steueroptimierungen und Versicherungslösungen besser auszukennen.

Die Baisse und ihre Folgen

Für die meisten Frauen geht es ohnehin nicht um ein Spiel. Das Interesse an diesen Themen hat mit den knallharten Anforderungen zu tun, denen sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels Frauen zunehmend gegenübersehen.

Viele der Frauen in den Clubs sind selbstständige Unternehmerinnen, arbeiten etwa als Anwältinnen, Beraterinnen oder Ärztinnen. Einige werden nach einer Scheidung mit Fragen von Vermögensaufteilung und Vermögensverwaltung konfrontiert. Viele haben eine Erbschaft gemacht, die es nun sinnvoll zu verwalten gilt. Aber selbst Hausfrauen tun mit, die sich für die Familie um das Vermögen kümmern. Das Durchschnittsalter der Frauen liegt etwa bei fünfzig, doch beteiligen sich Frauen jeden Alters.

Beide Gründungen erfolgten mitten im Börsenboom der späten Neunzigerjahre. Spekulieren wurde zum Volkssport. Mit den Kurseinbrüchen schwand dann das Interesse. Nicht aber bei
den beiden Cluborganisationen. Sowohl SLIC wie FICZ gingen gestärkt aus der Krise hervor.
Als «grosse Hoffnungslosigkeit» beschreibt Luisa Bürkler die damalige Stimmung bei den Zürcher Clubs. «Viele Anleger sind zuvor erstmals nahe an den Höchstwerten eingestiegen», sagt die Börsenfachfrau und SLIC-Beraterin Fleur Platow, «mit dem nachfolgenden Absturz ist dann eine nachhaltige Frustration eingetreten.»

Die Entwicklung an der Börse liess sich auch an der Entwicklung der Mitgliederzahlen messen: 450 Frauen zählte der SLIC im letzten Boomjahr 2001, jetzt sind noch 330 Frauen dabei. Bei den FICZ waren es zu dieser Zeit 300 Mitglieder, jetzt sind nur noch 200 mit von der Partie. Die Mitgliederzahlen nehmen aber bei beiden Organisationen wieder zu.

Die trockenen Zahlen verdecken die Sicht auf den fundamentalen Wandel, den die Frauen in den Investorinnenclubs durchgemacht haben. «Das Selbstbewusstsein in allen Börsenangelegenheiten ist gestiegen», sagt Fleur Platow, «denen kann heute kaum jemand etwas vormachen.»

Wie regle ich meinen Nachlass?

Der soziale Halt hat sich in der Krise besonders bewährt: «Dadurch, dass damals alle verloren haben, hat sich ein Gefühl der Solidarität eingestellt», sagt SLIC-Mitbegründerin und -Präsidentin Rosmarie Oehninger, «wären sie damit allein geblieben, hätten wohl viele Frauen an sich selbst gezweifelt.»

Aufgebaut sind die beiden Organisationen ziemlich ähnlich. Im Vordergrund stehen periodische Treffen, an denen Spezialisten zu einem Allfinanz-Thema referieren. Am Rande dieser Treffen finden sich die Investmentclubs zusammen. Jeder Investmentclub darf, um nicht mit dem Anlagefondsgesetz in Konflikt zu geraten, höchstens zwanzig Mitglieder umfassen.

Die Frauen-Investment-Clubs Zürich treffen sich 13-mal jährlich. In der gediegenen Atmosphäre des «Au Premier» im Zürcher Hauptbahnhof referieren dieses Jahr zum Beispiel Fachleute zu Themen wie «Schlüsse aus einer Bilanz», «Die asiatischen Märkte» oder «Wie regle ich meinen Nachlass?».

«Grössere Risikostreuung»

Die insgesamt 14 Investmentclubs der FICZ sind schon während des allgemeinen Teils um je einen Tisch versammelt. Am selben Abend befinden sie über allfällige Anpassungen in ihrem Portfolio. Entschieden wird gemäss dem Willen der Mehrheit der anwesenden Frauen.

Die Clubs unterscheiden sich nicht nur nach ihren von Göttinnen und mythologischen Frauengestalten abgeleiteten Namen wie Circe, Elektra, Isis oder Luna, sondern auch nach ihren Einlagesummen. Im Club mit der geringsten Summe zahlt jedes Mitglied 4000 Franken ein, im Club mit der höchsten Summe 20 000 Franken.

Die Treffen des Smart Ladies’ Club verteilen sich auf die Städte Bern, Basel, Wil und Zürich. Für die monatlichen Treffen reisen die Referenten – meist Spezialisten von Banken oder Universitäten – an jeden dieser Orte, um über dasselbe Thema zu referieren. Dieses Jahr stehen etwa das Güter- und Erbrecht, Investitionsethik, strukturierte Anlagen oder die Konjunkturforschung auf dem Programm.

Die SLIC-Mitglieder, die in einem so genannten Learning-by-doing-Investmentclub mitmachen, beratschlagen vor der jeweiligen Veranstaltung darüber, welche Titel zugekauft und welche verkauft werden sollen. Die Einlagen bei den Clubs des SLIC sind tiefer als bei den Zürchern und auf 1000 Franken pro Person beschränkt, sodass jeder der Clubs maximal 20 000 Franken zur Verfügung hat.

Der kleine Unterschied

Die alte Frage zu den Unterschieden zwischen Frauen und Männern lässt sich auch beim Anlegen nicht restlos klären. Die Ansichten selbst unter den erfahrenen Vorstandsmitgliedern der beiden Organisationen gehen hier auseinander. «Frauen neigen zu einer grösseren Streuung der Risiken», sagt Fleur Platow, «wo die Kosten nicht deutlich sichtbar sind, halten sie sich eher zurück.» Ansonsten ist sie aber überzeugt, dass Frauen in der Performance leicht besser abschneiden als Männer.

«Frauen sind eher an nachhaltigen und ethischen Investitionen interessiert», sagt Traute Rüegg von den FICZ. Dem widersprechen jedoch ihre beiden Vorstandskolleginnen: «Wir sind nicht ethischer, nicht nachhaltiger, nicht vorsichtiger und auch nicht erfolgreicher als die Männer», sagt Luisa Bürkler, «aber wir sind ebenso gut.»

Grossspurige Sprüche

Am wichtigsten sind die Kenntnis und die Erfahrung, unabhängig vom Geschlecht. Hierin sind sich alle einig. Bestätigt wird das auch von der Forschung. Dem Unterschied der Geschlechter beim Anlegen ist Renate Schubert, Ökonomieprofessorin an der ETH Zürich, wissenschaftlich nachgegangen.

Ihre Forschungen zeigen, dass scheinbar bestehende Unterschiede im Anlageverhalten weniger auf das Geschlecht zurückzuführen sind als auf Kenntnis und Erfahrung und auf das Selbstvertrauen beim Anlegen. Wenn das Risiko abschätzbar ist, zeigen sich zwischen Frauen und Männern bei gleichem Kenntnisstand keine Unterschiede im Anlageverhalten.

Und doch besteht ein Unterschied: Bei grosser Unsicherheit in den Märkten neigen Männer mehr als Frauen zu «overconfidence», wie das im Fachjargon heisst. Männer tendieren dann zur Selbstüberschätzung. Diese kann zu Fehlentscheiden an der Börse führen – und zu grossspurigen Sprüchen über das andere Geschlecht.

Investmentclubs für Frauen (eine Auswahl):

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