Die Briten sind Exzentriker. Manche ihrer putzig-schrulligen Angewohnheiten lösen im Rest der Welt Ratlosigkeit aus: Etwa die Vorliebe der Untertanen ihrer Majestät für lauwarmes Bier, Blutpudding und Rechtsanwaltsperücken. Oder die Brexit-Debatte.

Andererseits hat die Insel einige der grössten und einflussreichsten Denker, Mathematiker und Erfinder der jüngeren Menschheitsgeschichte hervorgebracht. Deren Ideen, Theorien und technische Neuerungen haben das Leben auf dem europäischen Kontinent — ja der ganzen Welt — auf bahnbrechende Weise verändert.

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Der Computer

Der Philosoph, Mathematiker, Erfinder und Ökonom Charles Babbage baute in den 1820er Jahren eine Rechenmaschine, die er «Analytical Engine» nannte. Allerdings konnte Babbage zu Lebzeiten — er starb 1871 in London — kein funktionstüchtiges Exemplar bauen, so dass die britische Regierung ihm schliesslich die Forschungsgelder strich. Anlass zur Entwicklung von Rechenautomaten war die mangelnde Zuverlässigkeit numerischer Tabellen mathematischer Funktionen, die besonders von der Seemacht Grossbritannien damals  für die Navigation von Schiffen gebraucht wurden. Babbages Maschine konnte mit Lochkarten programmiert werden. Sie gilt als Vorläufer des modernen Computers.

Die Dampfmaschine

James Watt, dem fälschlicherweise gelegentlich die Erfindung der Dampfmaschine zugeschrieben wird, verbesserte lediglich den Wirkungsgrad der Newcomenschen Dampfmaschine — wenn auch erheblich. Er liess sich seine Maschine 1769 patentierten. 1804 baute dann der Bergbauingenieur Richard Trevithick in Pen-y-Darren in South Wales die erste auf Schienen fahrende Dampflokomotive.

Die erste wirklich funktionstüchtige und damit praktisch einsetzbare Dampfmaschine hat der in Dartmouth geborene Erfinder Thomas Newcomen gebaut. Er konstruierte sie 1712 zur Wasserhebung in Bergwerken. Diese sogenannte atmosphärische Dampfmaschine erzeugte durch Einspritzen von Wasser in einen mit Dampf gefüllten Zylinder einen Unterdruck gegenüber der Atmosphäre. Durch den Druckunterschied wurde der Kolben vom atmosphärischen Luftdruck nach unten gedrückt und dann durch das Eigengewicht der anzutreibenden Pumpenstange wieder nach oben in die Ausgangsposition gezogen. Die Kraft zwischen Kolbenstange und Balancier wurde mittels Kette übertragen.

World Wide Web

Der Physiker und Informatiker Tim Berners-Lee entwickelte ab 1989 für die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) ein System für den Austausch von Informationen und Daten zwischen Wissenschaftlern. Denn ein Problem am CERN mit Sitz im schweizerischen Meyrin war, dass sich ein Teil der Forschungseinrichtungen auch auf französischem Gebiet befand. In den beiden Ländern gab es unterschiedliche Netzwerk-Infrastrukturen, was den Informationsfluss erschwerte.

Berners-Lee schlug ein Projekt vor, das auf dem Prinzip des Hypertexts beruhte und dem weltweiten Austausch von Daten dienen sollte. In der Folge entwickelte Berners-Lee die Seitenbeschreibungssprache HTML, das Transferprotokoll HTTP, die URL (den Namen erhielt er aber erst später), den ersten Browser WorldWideWeb und den ersten Webserver CERN httpd unter dem Betriebssystem NeXTStep. Das war der Ursprung des World Wide Web (nicht zu verwechseln mit dem Internet).

Berners-Lee erstellte auch die erste Webpräsenz, http://info.cern.ch. Diese Website gibt es bis heute.

Das Telefon

Alexander Graham Bell liess sich 1876 das Telefon patentieren. Der 1847 in Edinburgh geborene Sprachtherapeut hat den Fernsprechapparat zwar nicht erdacht, aber er brachte ihn zur Marktreife. Der findige Schotte baute dabei auf frühere Entwicklungen etwa des Amerikaners Antonio Meucci und des Deutschen Johann Philipp Reis auf.

Vor Anmeldung des Patents lieferte sich Bell ein Kopf an Kopf-Rennen mit dem amerikanischen Erfinder Elisha Grey, der ihn beschuldigte, seine Erfindung gestohlen zu haben. Doch am Ende entschied die Patentbehörde zu Gunsten von Bell.

Die Glühlampe

Als Erfinder der Glühlampe, zumindest solcher mit praktischem Nutzen, gilt Joseph Wilson Swan. Eines Tages sah der 1828 in Sunderland geborene Physiker und Chemiker — zunächst absolvierte er eine Drogistenlehre — in einer der damals weit verbreiteten wissenschaftlichen Vorführungen die neuartige Glühlampe des walisischen Chemikers William Grove. Der wiederum gilt als Vater der Brennstoffzelle.

Groves Lampe war aber teuer und hielt nicht lange. Swan entwickelte 1860 eine eigene Glühlampe. Seine frühen Modelle hielten indes oft auch nur 12 Stunden. Erst fast 20 Jahre später konnte Swan dank verbesserter Vakuumtechnik brauchbare Birnen fabrizieren. Sein Haus in Gateshead war das erste, dass elektrisch beleuchtet wurde. Die Mosley Street in Newcastle war die erste elektrisch beleuchtete Strasse Englands.

Swan stattete seine Glühlampen mit einer speziellen Fassung aus. Im Gegensatz zu den Schraubgewinden seines amerikanischen Konkurrenten Thomas Edison löste sich die Swan-Fassung auch bei Erschütterung, zum Beispiel in Fahrzeugen, nicht. Nach anfänglichen Patentrechtsstreitigkeiten mit Edison, der kurz nach Swan im Herbst 1879 in den USA eine ähnliche Lampe erfunden hatte, einigten sich die beiden und gründeten schliesslich 1883 in London eine gemeinsame Firma zur Herstellung von Glühlampen.

Der luftgefüllte Reifen

Lange vor John Boyd Dunlop erfand der schottische Eisenbahningenieur Robert William Thomson einen Luftreifen — aus aufgeblasenen Tierdärmen. 1845 meldete er das Patent für einen Reifen aus vulkanisiertem Gummi an. Für die Erfindung gab es aber keinen wirklichen Markt. Fahrräder waren noch nicht verbreitet. Erst 1884 stellte John Kemp Starley in London sein Rover-Bike mit Kettenantrieb vor.

Über 40 Jahre nach Thomson ärgerte sich Dunlop der Legende nach über den ständigen Krach der Metallreifen des Dreirades seines kleinen Sohnes — von dem Lärm bekam er Kopfschmerzen. Dunlop legte aus dünnen Gummiplatten zusammengeklebte Schläuche um die Räder und pumpte die Hüllen mit einer Fussballpumpe auf. 1888 meldete er das Patent für den ersten Fahrradluftreifen an und gründete ein Jahr später das erste Reifenwerk der späteren Dunlop-Gruppe. Das Patent verkaufte er einige Zeit später. Er selbst wurde Zeit seines Lebens durch seine Erfindung nicht reich.

Das Strahltriebwerk

Der Airforce-Pilot Frank Whittle liess sich 1930 im Alter von nur 24 Jahren ein neuartiges Flugzeug patentieren: den Düsenjet. Das Design war so radikal neu, dass ihm weder das Militär noch kommerzielle Hersteller Geld für die Weiterentwicklung geben wollten. Erst 1941 gab es einen ersten Testflug auf einem Flugfeld der Royal Airforce.

Der Deutsche Flugzeugbauer Ernst Heinkel erkannte dagegen das Potential eines ähnlichen von Hans von Ohain entwickelten Triebwerks sofort. So flog die Heinkel He 178 bereits im August 1939 als erstes Düsenflugzeug.

Die Konservendose

Der Franzose Nicolas Appert entwickelte als Erster eine Methode, Nahrungsmittel haltbar zu machen, indem er sie in Gläser packte und diese durch stundenlanges Kochen sterilisierte. Aber es war der britische Händler Peter Durand (1766 bis 1822), der das Prinzip 1810 auf Blechbüchsen übertrug. Durand verkaufte das Patent an die Bryan Donkin und John Hall, die eine Konservenfabrik gründeten und ihre Produkte an die Armee verkauften. Bis 1855 mussten die Büchsen mit Hammer und Meissel geöffnet werden. Erst dann wurde der Öffner erfunden.

Der Staubsauger

Als er beobachtete wie ein Eisenbahnwaggon mit einer Maschine gereinigt wurde, die Dreck wegblies, dachte der Ingenieur Hubert Cecil Booth, es müsse auch andersherum gehen. Drauf konstruierte er im Jahr 1901 den ersten Staubsauger.

Booth hatte jedoch keinen grossen kommerziellen Erfolg. Die riesige Apparatur musste mit Pferdefuhrwerken zu den Kunden transportiert werden. In den Häusern der meist finanziell besser gestellten Herrschaften wurde dann mit langen Schläuchen Staub gesaugt. Booths ehemalige Firma, die Booth Vacuum Cleaner Company, produziert bis in die Nullerjahre Industriestaubsauger. Weiter war Booth als Chefkonstrukteur am Bau des Riesenrads im Wiener Prater beteiligt.

Die Beatles

Die «Fab Four», John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr, revolutionierten die Popkultur: Die Beatles etablierten die Band, deren Mitglieder zusammen ihre eigenen Songs schrieben. Davor sassen Songschreiber wie Jerry Leiber und Mike Stoller in schmucklosen Bürogebäuden und schrieben Lieder, die dann Interpreten wie Elvis oder Ensembles wie die Drifters zur Aufführung brachten. Auch veröffentlichten die Beatles ihre Songs nicht mehr als Singles, sondern auf Alben, die sie als künstlerische Einheiten betrachteten. Damit inspirierten sie Generationen von Musikern.

Die Gitarristin der bahnbrechenden UK-Mädchen-Punk-Band The Slits, Viv Albertine, beschreibt den Augenblick, als sie Mitte der 60er das erste Mal «Can't Buy Me Love» im Radio hört in ihrer Biographie «A Typical Girl» (Suhrkamp Nova) so: «Bis heute dachte ich, das Leben besteht aus traurigen, wütenden Erwachsenen, langweiliger Musik, zähem Fleisch, verkochtem Gemüse, Kirche und Schule. Jetzt ist alles anders: Ich habe den Sinn des Lebens entdeckt, verborgen zwischen den Rillen einer flachen schwarzen

Dieser Text erschien zuerst bei unserer Schwester-Publikation «Business Insider Deutschland» unter dem Titel «18 grandiose britische Erfindungen, die auf dem Kontinent Karriere gemacht haben».