Sie heissen Global Dividend Runner, Oil-Future Schmetterlinge oder Best Invest Index Tracker. Mit schillernden Namen und spannenden Investment-Ideen sind Zertifikate bei Anlegern der Verkaufsschlager. Für jede Marktsituation und für jeden Anlagetyp findet sich etwas auf dem grossen Markt für Zertifikate. Und zwar in unzähligen Varianten: dynamische und statische, indexierte und aktiv gemanagte, strukturierte und einfache Baskets (siehe Box rechts). Es gibt keine Anlageidee, die sich nicht umsetzen lässt. Ob Indizes, Rohstoffe, Währungen oder Immobilien, ob die Marktpreise nun steigen oder fallen, das geeignete Zertifikat ist mit Sicherheit im Angebot.

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Kein Wunder, dass diese Produkte dem herkömmlichen Investment-Fonds Konkurrenz machen. Kaum gibt es einen neuen Anlagetrend oder ein vermeintliches Kundenbedürfnis, ist schon das passende Zertifikat zur Hand. Die Lancierung eines neuen Fonds dauert oft einige Monate und ist auch mit hohen Kosten verbunden. Ein neues Zertifikat kann dagegen theoretisch von einem auf den anderen Tag auf den Markt gebracht werden.

Fonds und Zertifikate unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Rechtsform. Zertifikate sind Forderungen gegenüber der Investment-Gesellschaft. Wohingegen es sich bei Fonds um verwaltete Sondervermögen handelt. Für den Anleger heisst dies, dass er mit dem Kauf eines Fonds auch indirekt Aktionärsrechte erwirbt. Bei einem Zertifikat partizipiert er dagegen nur an den Kursgewinnen. Das ist vor allem dann entscheidend, wenn der Emittent Pleite geht. Bei einer Fondsgesellschaft ist der Anleger dann immer noch Aktionär, bei einem Zertifikat bedeutet es meist einen Totalverlust. Rolf Biland, Chief Investment Officer beim VermögensZentrum (VZ) in Zürich, rät deshalb, nur Emittenten mit bester Qualität sein Geld anzuvertrauen.

Für den Anleger ganz entscheidend ist ein weiterer Unterschied: Anders als Fonds, die per Definition ewig laufen, haben Zertifikate meist eine begrenzte Laufzeit. In der Regel liegt diese zwischen einem und fünf Jahren.

Günstiger werden Zertifikate dadurch, dass sich das Portfolio während der Laufzeit nicht ändert. Verwaltungs- oder Transaktionskosten fallen also nicht an. Zudem weiss der Anleger immer genau, wie sein Geld investiert ist. Wann Fondsmanager umschichten und welche Titel sie kaufen oder verkaufen, bleibt für Anleger ein Geheimnis. Abhängig von der Marktsituation legen Fondsmanager manchmal bis zu zehn Prozent des Fondsvermögens in Liquidität an. Zertifikate sind im Gegensatz dazu zu jedem Zeitpunkt zu 100 Prozent investiert. «Das ist für den Anleger sehr viel attraktiver», sagt der Finanzanalytiker und Vermögensverwalter Alfred Ernst, «denn Liquidität kann er auch selber halten. Die Anlageidee wird durch diese verwässert.»

Wer also nicht von den Entscheidungen eines Fondsmanagers abhängig sein will, der kauft lieber ein Zertifikat. Es ist ohnehin eine schwere Aufgabe, einen überdurchschnittlich begabten Fondsmanager zu finden – wenn man bedenkt, wie wenige Anlagefonds besser abschneiden als der Vergleichsindex. In der Regel werden Zertifikate nicht aktiv gemanagt. Der Anleger spart so die Kosten für die Verwaltung, die bei Fonds selten weniger als 1,5 Prozent im Jahr ausmachen und so die Performance schmälern.

Zertifikate eignen sich besonders dann, wenn man mit geringem finanziellem Einsatz an einem Markt partizipieren möchte. Die Stückelung ist kleiner als bei Fonds. Mit kleinen Anlagesummen kann man so schnell einen ganzen Index kaufen. Zertifikate sind daher ein gutes Instrument, um eine höhere Diversifikation des Portfolios zu erzielen.

Die Wahl zwischen Fonds und Zertifikat wird dem Anleger oft schon von vornherein abgenommen. Denn für viele Anlageideen gibt es gar keine Fonds. Bei Zertifikaten ändert sich das Angebot jedoch stets mit der Nachfrage. Ein Dauerbrenner sind nach wie vor Garantiezertifikate. Diese garantieren je nach Produkt die Rückzahlung des gesamten und eines Teils des investierten Kapitals. Gleichzeitig kann man während der Laufzeit an Kursgewinnen partizipieren. Anlageexperten sind diesen Produkten gegenüber jedoch skeptisch. «Sie bringen den Kunden eigentlich nie das, was sie sich davon erhoffen», sagt Rolf Biland vom VZ. Das liege oft daran, dass Privatanleger die Konstruktion des Kapitalschutzzertifikats nicht völlig durchschauten.

Das trifft leider auch auf viele andere Zertifikate zu. Der oft extrem komplizierte Aufbau ist ein grosser Nachteil für private Investoren. Doch sogar Profis können diese Produkte nicht auf Anhieb verstehen. Anleger sollten sich daher nicht genieren, so lange nachzufragen, bis ihnen die komplexen Konstruktionen klar sind. Ein unabhängiger Berater ist dafür besonders geeignet. Wie für jedes andere Finanzprodukt gilt auch bei Zertifikaten: Man sollte nichts kaufen, was man nicht versteht.

Wie auf einem bunten Basar ist es nicht ganz leicht, auf dem Zertifikatemarkt den Überblick zu behalten. Banken lancieren derzeit ein Produkt nach dem anderen und haben gute Gründe dafür. «Zertifikate sind ein ideales Instrument, um Kunden zu binden», sagt Anlageexperte Biland. Jedes Zertifikat, das von einer Bank aufgelegt wird, ist einzigartig. Vergleiche mit Konkurrenzprodukten sind daher kaum möglich. Der Emittent spart sich so Diskussionen über die Performance oder darüber, dass andere besser abgeschnitten haben.

Auf Grund dieser Intransparenz ist besondere Sorgfalt bei der Auswahl nötig. Bevor ein Anleger sich jedoch die Frage stellt, ob er in einen Fonds oder in ein Zertifikat investieren möchte, muss er sich über sein Anlageziel klar werden. Gibt es einen bestimmten Sektor, dem man ein überdurchschnittliches Wachstum zutraut? Eine Währung, der eine Aufwertung bevorsteht? Oder auch einen Markt, für den man Kursverluste erwartet? Mit einer konkreten Idee im Hinterkopf kann man sich dann auf die Suche nach dem passenden Produkt machen.
Ohne eine solche Idee sollte man seinen Bankberater nicht aufsuchen. Oft lassen sich gutgläubige Anleger von den Verkäufern blenden. Und investieren dann in ein Produkt, das gerade von den Banken gepusht wird. «Die Banken wollen natürlich vor Ablauf der Zeichnungsfrist ihre Produkte an den Mann bringen», sagt Biland vom VermögensZentrum VZ in Zürich.

Die grosse Vielfalt

Unüberschaubar viele Zertifikate mit unterschiedlichsten Ausprägungen tummeln sich auf dem Markt.

Garantiezertifikate

Die beliebtesten Zertifikate überhaupt sind Garantiezertifikate. Sie setzen sich aus Anleihen und Optionen zusammen. Die Anleihe sichert den Garantieteil. Ist die Spekulation erfolgreich, wird über die Option der Gewinn erzielt. Die Höhe des Garantieteils variiert von Produkt zu Produkt.

Bonuszertifikate

Sie sind mit einer Bonus- und einer Verlustbarriere ausgestattet. Fällt der Kurs des Basiswerts nicht unter die Verlustschwelle, erhält der Anleger eine Rendite in Höhe des Bonuslevels. Diese liegt 30 bis 40 Prozent über dem Ausgangskurs. Alle höheren Kurse werden eins zu eins ausgezahlt. Fällt der Kurs unter die Verlustschwelle, gibt es keinen Bonus.

Discountzertifikate

Bei Discountprodukten gibt es einen Abschlag auf den Kaufpreis. Dafür kann das Zertifikat nicht über eine Gewinngrenze, den Cap, hinaussteigen. Bei höheren Kursgewinnen des Basiswerts hat man das Nachsehen.

Indexzertifikate

Sie haben keinen Risikoschutz, keinen Bonus, sind dafür leicht zu verstehen. Ein Index wird eins zu eins abgebildet. Sie sind meist günstiger als die Fondskonkurrenz.

Themen- oder Basketzertifikate

Wie bei Indexprodukten wird eins zu eins an der Performance partizipiert. Statt eines Index liegt eine Auswahl an Aktien, Rohstoffen oder Währungen zu Grunde.