Landauf, landab verlangen die Menschen mehr Nachhaltigkeit. Zu Recht! Dieser Gedanke sollte uns bei allen Entscheidungen leiten, auch bei der Beurteilung der Vorlage zur Einführung einer 13. AHV-Rente. Wer die Idee verlockend findet, allen Pensionierten eine zusätzliche Monatsrente zu überweisen, sollte die finanziellen und sozialen Konsequenzen berücksichtigen. Denn selbst ohne diesen massiven Ausbauwunsch, der die AHV-Reform von 2022 gleich wieder zunichtemachen würde, wissen wir, dass es enorme Anstrengungen brauchen wird, um das wichtigste Schweizer Sozialwerk so zu stabilisieren, dass auch die kommenden Generationen davon profitieren können.

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Der Gastautor

Reto Savoia ist CEO des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte Schweiz.

Wer rechnet, sieht rasch, dass die Einführung einer 13. AHV-Rente nicht etwa einen sozialen Ausgleich bewirkt, sondern im Gegenteil das System noch stärker belasten würde. Die Gesamtkosten stiegen jedes Jahr um 4.1 Milliarden Franken – Tendenz laut Bundesrat rasch steigend. Doch wie sollte das finanziert werden? Die Antwort ist einfach: entweder durch höhere Einkommenssteuern, höhere Mehrwertsteuersätze, höhere Lohnabzüge oder weitere Schulden. All dies hätte einen hohen Preis: Die wirtschaftliche Entwicklung würde gebremst, die Bevölkerung verlöre an Kaufkraft, und für sinnvolle Investitionen in Zukunftsbereiche stünde weniger Geld zur Verfügung. 

Die steigenden Lebenshaltungskosten sind für einige Menschen in diesem Lande ein echtes Problem. Der sozial gemeinte Ausbauwunsch könnte zutiefst unsoziale Auswirkungen haben: Haushalte mit niedrigerem Einkommen würden besonders belastet, denn sie sind bereits jetzt überproportional mit steigenden Lebenshaltungskosten konfrontiert. Da jüngere Menschen zwar über Einkommen verfügen, im Durchschnitt aber erwiesenermassen viel weniger Vermögen und in der Summe wesentlich weniger Geld zur Verfügung haben als Pensionierte, wären die Jungen noch stärker betroffen: Sie stehen am Anfang ihrer Karriere und haben entsprechend einen tieferen Lohn, müssen aber zahlreiche Zusatzausgaben stemmen für Wohnen, Bildung und evtl. auch Kinder.

Als CEO eines Unternehmens mit rund 3’000 Mitarbeitenden in der Schweiz und einem vergleichsweise jungen Durchschnittsalter von 35 Jahren bereitet mir dies grosse Sorgen. Die 13. AHV-Rente ist in der Wirkung besonders unsozial gegenüber der jüngeren Generation, welche den ungedeckten Renten-Check letztlich bezahlen muss. 

Unser Wirtschaftsstandort und unser gesellschaftlicher Zusammenhalt leben davon, dass wir Probleme stets differenziert angehen. Wir überlegen uns genau, wie wir Unterstützung gezielt anbieten können, dort, wo sie am dringendsten benötig wird. Bei den Renten tun wir dies durch Ergänzungsleistungen. Unser föderalistischer Ansatz erlaubt es, Menschen wirksam zu helfen und auch die regional unterschiedlichen Lebenshaltungskosten einzubeziehen. Ein zentralistischer «Geld für alle»-Ansatz nach dem Giesskannenprinzip, der nicht unterscheidet, ob jemand pensionierter Postbeamter oder Verwaltungsratspräsidentin im Ruhestand ist, lässt dem Staat weniger finanziellen Spielraum, um die zu unterstützen, die es auch wirklich brauchen. Mit derselben finanziell unverantwortlichen «Giesskannenlogik» könnte man z.B. auch vorschlagen, sämtlichen jungen Familien mit Kindern eine 13. Kinderzulage zukommen zu lassen. Die Initiative über eine 13. AHV-Rente gilt es daher abzulehnen.

Wem eine nachhaltige Sicherung der AHV am Herzen liegt, kommt nicht um eine Lösung herum, die der demografischen Realität Rechnung trägt und eine Angleichung des Rentenalters an die Lebenserwartung verlangt. Dänemark hat kürzlich gezeigt, dass dies absolut machbar ist – selbstverständlich unter Berücksichtigung des Schutzes für Menschen aus besonders belastenden Berufen. Viele ältere Menschen möchten durchaus länger arbeiten, eventuell etwas reduziert und flexibel. Dies zur Freude vieler Unternehmen, die angesichts des aktuellen Arbeitskräftemangels daran interessiert sind, gerade die erfahrenen Angestellten länger im Betrieb zu halten. An der Politik – und damit uns allen – liegt es, die unnötigen Hürden für eine längere Erwerbstätigkeit zu senken. Das ist wesentlich nachhaltiger, als den jüngeren Generationen weitere Lasten aufzubürden.