Es ist ein leidiges Thema. Während die Banken mit ihren Überschussreserven bei der Nationalbank Milliarden verdienen, gehen Bund und Kantone voraussichtlich auch nächstes Jahr leer aus. 

Dass die SNB nichts zum Ausschütten hat, liegt vor allem am letztjährigen Megaverlust auf den Devisenanlagen. Dass die Banken dieses Jahr schätzungsweise über 6 Milliarden Franken überwiesen bekommen, liegt an der Verzinsung der Sichteinlagen, die die Banken bei der SNB halten. 

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Die SNB-Guthaben werden bis zu einer gewissen Limite mit dem Leitzins von 1,75 Prozent vergütet, darüber hinaus mit 1,25 Prozent. Ein kleiner Teil, den die Banken als Mindestreserven halten müssen, wird neu ab Dezember gar nicht mehr verzinst. Diese Verzinsung der Giro- oder Sichteinlagen sei nötig, um die Geldpolitik durchzusetzen, heisst es dazu seitens der SNB. Aber was ist damit genau gemeint?

Am Geldmarkt-Apéro der SNB am Donnerstagabend in Genf hat sich Thomas Moser, stellvertretendes Mitglied des Direktoriums, dieser Frage angenommen, die anscheinend vielen unter den Nägeln brennt.

Woher kommt also dieser Sachzwang, den Banken so viel Zins zu zahlen? Der Grund ist, vereinfacht gesagt, dass die Banken zu viel Reserven haben. Dies lässt sich am besten durch die Guthaben darstellen, welche die Banken bei der SNB auf Sicht halten. Das tun wir in unserer Grafik der Woche. 

Seit der Finanzkrise sind Guthaben der Banken bei der Nationalbank von weniger als 10 auf zeitweise über 600 Milliarden Franken angeschwollen. Jetzt sind es noch etwa 460 Milliarden. Sie sind die Folge der lockeren Geldpolitik und der Devisenkäufe der SNB. Denn jedes Mal, wenn die SNB den Banken Devisen in Form von Obligationen oder Aktien abkauft, schreibt sie den Gegenwert auf einem Girokonto gut. 

Einlagesatz wird zum Referenzzins

Es besteht laut Moser ein «struktureller Liquiditätsüberschuss». Das heisst, das Angebot an Sichtguthaben übersteigt den Reservebedarf. Das macht es für die SNB schwierig, das Zinsniveau auf das gewünschte Niveau zu heben. Was heisst das?

Die SNB kann nicht einfach einen Zinssatz befehlen. Wenn sich der Markt-Zinssatz vom Ziel entfernt, ist das ein Zeichen dafür, dass die Banken zu viel oder zu wenig Liquidität haben. Die SNB tritt dann selber am Markt auf, um mit eigenen Angeboten den Marktzins in die gewünschte Richtung zu lenken.

Wenn die Reserven aber im Überfluss vorhanden sind, bringt es wenig, nur mengenmässig am Kreditangebot zu schrauben. Der einzige Weg, um den Interbankenzins hoch zu halten, ist dann, die Einlagen bei der SNB entsprechend zu verzinsen.

Denn die Banken können ihre Sichtguthaben entweder am Geldmarkt an andere Banken verleihen oder bei der SNB halten. «Somit werden die Zinsen, welche die Banken auf ihren Sichtguthaben bei der Zentralbank erhalten, zum Referenzwert für die Geldmarktzinssätze, und die Zentralbank kann diese durch die Verzinsung der Sichtguthaben in Richtung des Leitzinses steuern», sagt Moser. 

Es ist simpel: Keine Bank würde einer anderen Bank Geld zu einem tiefen Satz leihen, der tiefer ist als das, was sie risikofrei bei der Nationalbank bekommt. 

Stufenmodell und höhere Mindestreserven senken Kosten

Die SNB setzt auf ein Stufenmodell (Tiering), bei dem Reserven über einer bestimmten Höhe mit 0,5 Prozentpunkte weniger verzinst werden. Damit spart sie ein wenig – ohne Einbussen bei der Zinssteuerung. 

Das Instrument hat laut Moser bis jetzt gut funktioniert, das heisst, es gibt genügend Transaktionen auf dem Interbankenmarkt und die Zinsen sind auf dem gewünschten Niveau. Gekostet hat es im ersten Halbjahr 3,4 Milliarden Franken. 

Ist die Milliardenzahlung also alternativlos? Zu einem gewissen Grad schon. Solange die Liquidität im Überfluss vorhanden ist und die Leitzinsen positiv sind, werden die Banken in den Genuss dieses Zustupfes kommen. Eine Möglichkeit, diesen zu reduzieren, wäre, die Mindestreserveanforderungen zu erhöhen, auf denen kein Zins nötig ist für die Durchsetzung der Geldpolitik. In der Eurozone wird darüber bereits heftig gestritten.  

rop
Peter RohnerMehr erfahren