Sie pflegen, operieren und behandeln in den Spitälern – oder sie arbeiten für einen reibungslosen Ablauf auf dem Flughafen Zürich oder sonstwo in der Industrie. 8909 Grenzgänger haben im vierten Quartal 2013 im Kanton Zürich zur Wirtschaftsleistung beigetragen.

Viele von ihnen haben ein Konto bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Oder genauer ausgedrückt: Sie hatten ein Konto bei der Zürcher Staatsbank.

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ZKB kündigt Lohnkonto auf Ende März

Als Grenzgänger ist ein Lohnkonto bei einer Schweizer Bank Pflicht. Dorthin wird der Lohn nach Abzug der sogenannten Quellensteuer von 4,5 Prozent überwiesen. Mit Datum von 9. März wurde einigen Grenzgängern in einem Schreiben mitgeteilt, dass das Konto bis spätestens Ende April saldiert sein müsse.

Laut Recherchen von handelszeitung.ch sind auch Kunden betroffen, die seit über zehn Jahren als Grenzgänger eine Stelle beim Kanton Zürich (in einem Kantonsspital) haben – und ebensolange Kunde bei der Bank sind. Im ZKB-Brief wird den Betroffenen klargemacht, dass Kontogutschriften nach diesem Termin umgehend an den Absender zurückgeschickt würden. Wie handelszeitung.ch weiss, seien Nachfragen nach dem Kündigungsgrund Kunden gegenüber eher rüde beantwortet worden.

Neuausrichtung des Private Banking

Die ZKB bestätigt auf Anfrage die Kündung der Geschäftsbeziehungen zu Grenzgängern. Die Bank will sich im Zuge der Neupositionierung von rund 10'000 Kunden aus dem Ausland trennen, die «ihr Domizil nicht in den von der Bank definierten Zielmärkten haben» und «steuerkonform sind», schreibt die ZKB.

Und weiter: «Ebenso verabschiedet sich die Bank aus betriebswirtschaftlichen Gründen von ausländischen Kleinkunden, zu denen auch Grenzgänger gehören.» Wievielen Grenzgängern gekündigt worden sei, kann die ZKB nicht offenlegen. Dass sich unter den Gekündigten auch Zürcher Staatsangestellte befinden, liess die Bank ebenfalls unkommentiert. Übrigens: Die ZKB hat selber Grenzgänger angestellt, diese sind jedoch von der Regelung ausgenommen.

Alarm bei den Grenzgängern

Die Kontokündigungen führen bei Grenzgängern zu Alarmstimmung – ist doch ein Schweizer Bankkonto eine der Grundvoraussetzungen für die sogenannte Bewilligung «G». Die ebenfalls grenznahen Kantonalbanken der Kantone Schaffhausen, Thurgau, Aargau und Basel-Stadt betonen gegenüber handelszeitung.ch, dass bei ihnen eine Überprüfung der Kundenbeziehungen zu Grenzgängern nicht zur Diskussion stehe.

Die Schaffhauser Kantonalbank schreibt, dass die Anfragen von Grenzgängeren «spürbar zugenommen haben» und bereits neue Kundenbeziehungen eröffnet worden seien. «Grenzgänger sind für uns seit Langem eine geschätzte Kundschaft und wichtig für die positive Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Schaffhausen», heisst es im Zürcher Nachbarkanton.

Politiker erstaunt und verärgert

Der Zürcher Kantonsrat beschäftigt sich gerade mit dem neuen ZKB-Gesetz. Kantonsrat Claudio Zanetti ist Mitglied der Spezialkommission «ZKB-Gesetz». Dass Grenzgänger nicht mehr erwünscht sind, erfährt er durch die Recherchen. «Dies ist ein unfreundlicher Akt gegenüber Menschen, die einen wertvollen Beitrag zur Zürcher Volkswirtschaft leisten. Im Übrigen ist das auch das Ziel, dem die ZKB verpflichtet ist», sagt der SVP-Politiker.

Ins gleiche Horn stösst auch Ralf Margreiter, Kantonsrat der Grünen: Er bezeichnet die Kündigungen als eine unverständliche Schikane gegenüber Kleinkunden. «Dieses Verhalten der ZKB ist erstaunlich. Der Leistungsauftrag gilt für den Wirtschaftsraum Zürich. Wer hier arbeitet, gehört dazu – klarerweise auch Grenzgänger», so Margreiter. FDP-Kantonsrat und Finanzpolitiker Hans-Peter Portmann sieht den Auftrag der ZKB durch deren Verhalten verletzt. «Da stellt sich für mich die Frage, ob sich die ZKB mit ihrem Verhalten gegenüber Grenzgängern noch an den Leistungsauftrag hält. Tragen diese doch zum volkswirtschaftlichen Erfolg des Kantons bei.»

Die Argumentation der ZKB mit der Steuerkonformität will Portmann nicht gelten lassen: «Die Steuerkonformität kann kein Argument für die Beendigung der Geschäftsbeziehungen sein. Mit Quellensteuer und EU-Zinsmeldeformular ist die Konformität für Grenzgänger gegeben.»