Seit Monaten ist der Chatbot Chat GPT in aller Munde. Die künstliche Intelligenz (KI) hat nicht nur in der Tech-Industrie und in den Medien für Aufsehen gesorgt, sondern wird auch im privaten Umfeld heiss diskutiert. Die Technologie erlebt einen regelrechten Boom und wird von immer mehr Menschen für unterschiedliche Zwecke verwendet.

Auch im Immobilienbereich nutzen sowohl Eigentümerinnen und Eigentümer wie auch Agenturen die KI, um ihre Angebote zu präsentieren. Allerdings häufig mit nur mässigem Erfolg, denn die ausgeschmückten Inhalte der KI entsprechen selten dem effektiven Angebot.

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Die Autorin

Nicole Wieting-Kaelin, Chief Marketing Officer, Properti

Der Preis der Einfachheit

Um Zeit und Geld zu sparen oder das fehlende Wissen zu kompensieren, beanspruchen viele den besagten Chatbot. Obwohl seine Wortgewandtheit zweifellos beeindruckend ist, zeigt die Erfahrung, dass sie selten zu den gewünschten Erfolgen im Immobiliengeschäft führt. Der Grund dafür: Oberflächliche, zum Teil inkorrekte Inhalte erzeugen einen falschen Eindruck. Auch lesen sich viele der Inhalte gleich und lassen die zu vermarktende Immobilie schnell in der Masse untergehen. «Massenware» wird zunehmend unbeliebt, während die Nachfrage nach personalisierten Angeboten steigt. Hier zählen Wissen, Vermarktungsgeschick, Kreativität und die Extrameile im Sinne eines 360-Grad-Services. Das schafft bei potenziellen Käuferinnen und Mietern einen bleibenden Eindruck und überzeugt in der Preisverhandlung. Das Fach- und Marktwissen sowie die Expertise spielen eine entscheidende Rolle.

Der Immobilienmarkt ist ständig in Bewegung und wird von vielen Faktoren wie Angebot und Nachfrage, Zinsen, Konjunktur und politischen Entscheidungen beeinflusst. Eine gute Strategie kann den Unterschied zwischen einem erfolgreich abgeschlossenen Verkauf und einer Durststrecke bedeuten.

 

Chat GPT mangelt es derzeit an einem der bedeutendsten professionellen Merkmale: der Qualitätskontrolle. Zahlreiche Beispiele für Fake News und Fehlaussagen, die durch den Bot generiert wurden, machen deutlich, dass die Technologie noch immer Schwachstellen aufweist.

Besonders problematisch ist, dass Fehler auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind, da die durch künstliche Intelligenz generierten Falschaussagen genauso plausibel klingen wie echte Fakten. So besteht bei KI-generierten Immobilienvermarktungsinhalten das Risiko, dass potenziell ungeeignete Interessenten und Interessentinnen angezogen oder ihre Erwartungen nicht erfüllt werden.

 

Es drohen Auseinandersetzungen

Als Immobilienunternehmen betreut Properti gegenwärtig einige Eigentümerinnen und Eigentümer, die bereits Schwierigkeiten hatten, mit den Folgen einer unzureichenden Eigenvermarktung durch KI-basierte Inserate umzugehen. In einigen Fällen führen die blumigen Beschreibungen der Immobilie durch den KI-Bot, die nicht immer mit der Realität übereinstimmen, zu unangenehmen Auseinandersetzungen mit potenziellen Käufern oder Mieterinnen.

Die KI verdreht oft den Kontext, was zu Falschaussagen führt.

Ein aktuelles Beispiel aus dem Immobilienmarkt verdeutlicht die Herausforderungen, welche eine Vermarktung insbesondere bei Neubauten mit sich bringen kann. Die Vermarktung von Neubauten erfordert eine fundierte Expertise, besonders in einem herausfordernden Markt mit Zinserhöhungen, hohen Baukosten, Inflation, überhöhten Angebotspreisen und erschwerten Finanzierungsmöglichkeiten. Chat GPT kennt weder die regionalen Gegebenheiten noch den Marktwert oder die Ausstattungsmerkmale und ist auch nicht in der Lage, aktiv bei Finanzierungsfragen zu unterstützen.

Chatbots in Kinderschuhen

Bisher kratzt die künstliche Intelligenz noch an der Oberfläche, was sich sicherlich irgendwann ändern kann. Viele (Erst-)Bauherren oder private Eigentümerinnen unterschätzen, wie wichtig eine professionelle Positionierung ist. Für den kurz- wie langfristigen Erfolg gilt es, Zielgruppen zu definieren, Ansprachen zu personalisieren und professionelle Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Obwohl die Formulierungen von Chat GPT gut klingen, entspricht der Baubeschrieb häufig nicht den Normen. Die KI verdreht oft den Kontext, was zu Falschaussagen führt.

Aussagen wie «Chat GPT ersetzt die Vermarkter» sind aufgrund des aktuellen Wissensstandes und der Wechselwirkungen nicht korrekt. Die Hoffnung, dass KI Vermarktungskosten reduziert, ist aktuell nicht gegeben. Im Gegenteil: Mit der erhöhten Komplexität wird menschliche Expertise dringend benötigt.

Ein Fehler kann gerade in dieser Branche teuer werden. Der Bot kann Inspiration liefern, aber den Auftritt einer Immobilie nicht in die aktuellen Marktgegebenheiten einordnen, Verhandlungen führen oder Fakten prüfen. Interessierte wissen wahrheitsgetreue und hochwertige Inhalte zu schätzen. Wir brauchen also nicht weniger Immobilienmaklerinnen und -makler, sondern bessere.

 

Vermarktung mit neuen Anforderungen

Die traditionelle Immobilienvermarktung steht inmitten einer Wende. Es genügt nicht mehr, lediglich Käuferinnen und Verkäufer zusammenzubringen. Vielmehr müssen sich Immobilienunternehmen auf die Bedürfnisse der Kundschaft fokussieren und auch diejenigen unterstützen, die sich von den aktuellen Marktgegebenheiten überfordert fühlen.

Transparenz, Marktwissen und Qualität sind ebenso wichtig wie eine auf Augenhöhe geführte Kommunikation, Zeit und Geduld. Werte, die in unserer schnelllebigen Gesellschaft häufig vernachlässigt werden, sollten insbesondere bei einer solch emotionalen Angelegenheit wie Immobilien hochgehalten werden.