Beschert die Energiewende der Gebäudetechnikbranche gerade goldene Zeiten?

Die Auftragsbücher der meisten Unternehmen sind auf Monate hinaus gefüllt. Das ist natürlich erfreulich. Es ist sehr motivierend, dass wir als Branche bei so wichtigen gesellschaftlichen Zielen wie der Energiestrategie 2050 und der Transformation des Gebäudeparks in Richtung netto null einen wichtigen Beitrag leisten können.

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Wird eigentlich anerkannt, welchen Beitrag die Gebäudetechnik beisteuert?

Es ist der Gesellschaft teilweise gar nicht bewusst, was die Gebäudetechnik alles leistet, insbesondere sorgen wir ja für sauberes Wasser, frische Luft, behagliche vier Wände und ein dichtes Dach über dem Kopf. Das sind alles Grundbedürfnisse der Menschen.

«Die Wirtschaft hat es immer geschafft, Lösungen zu finden.»

 

Was tun Sie als Verband, um die Branche sichtbarer zu machen?

Wir informieren beispielsweise mit Image- und Nachwuchskampagnen über unsere Leistungen und vermitteln das interessante Berufsbild von Gebäudetechnikerinnen und -technikern. Marktanalysen zeigen, dass sich das Image unserer Branche in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Und dann gibt es auch ganz praktische Projekte: Im Januar haben wir beispielsweise unter Gebäudetechniker24.ch einen nationalen Notfalldienst gestartet, welcher der Schweizer Bevölkerung seriöse Betriebe für den Gebäudenotfall zur Verfügung stellt.

Der Bodenständige

Name: Christoph Schaer

Funktion: Direktor von Suissetec

Alter: 54

Ausbildung: Elektroinstallateur, Studium zum Informatik- undWirtschaftsingenieur

Karriere: Elektroinstallateur in der Maschinenindustrie und in der IT. Leiter Departement Technik und Betriebswirtschaft bei Suissetec.

 

Der Verband  Suissetec vereint rund 3600 Mitgliedsfirmen und erbringt Dienstleistungen für Hersteller, Lieferanten, Planer sowie Installateure aus den Branchen Sanitär, Wasser und Gas, Spengler und Gebäudehülle, Heizung und Lüftung.

Bei den gegenwärtig vollen Auftragsbüchern: Wie sehr schmerzt da der Fachkräftemangel?

Die Anzahl der Lernenden ist zum Glück stabil. Aber die Nachfrage nach unseren Dienstleistungen ist exponentiell gestiegen, daher könnten wir natürlich viel mehr leisten, wenn wir grössere Kapazitäten hätten. Aber das Thema Fachkräftemangel ist ja nicht neu, wir sprechen seit fünfzig Jahren darüber. Und die Wirtschaft hat es immer geschafft, Lösungen zu finden.

 

Was tun ihre Mitgliedsfirmen gegen den Mangel?

Einige versuchen, mit kurzfristigen Lösungen entgegenzusteuern. So zum Beispiel mit der Einführung der Viertagewoche. Die dann häufig schnell auch wieder zurückgenommen werden. Verstehen Sie mich nicht falsch: Teilzeitarbeitsmodelle können sehr wohl zur Attraktivitätssteigerung beitragen. Wir empfehlen aber, das Ganze langfristig zu planen, das erscheint uns am sinnvollsten.

 

Wie können Sie als Verband helfen?

Indem wir auf vielfältige Art und Weise unterstützen, das sinnstiftende Berufsbild Gebäudetechniker, -technikerin realitätsgetreu und so attraktiv wie möglich zu vermitteln. Und indem wir unseren Mitgliedern auch bei kleineren Dingen konkret helfen.

Ein Beispiel?

Eine Möglichkeit, dem Fachkräftebedarf zu begegnen, ist die Effizienzsteigerung mittels digitaler Prozesse. In diesem Bereich bieten wir den Mitgliedern unzählige Hilfsmittel an. Zudem planen wir beispielsweise auch, demnächst ein neues Programm auf die Beine zu stellen, um die Berufswahlphase in den Schulen zu begleiten.

 

Welche Rolle spielen Aus- und Weiterbildung für die Zukunft Ihrer Branche?

Eine sehr grosse. Darum bauen wir auch gerade unser Bildungszentrum aus, selbstverständlich so, wie wir es auch propagieren: als 2000-Watt-Areal in Transformation. Ein anderes Beispiel bringen wir Ende Juni an der Delegiertenversammlung unter dem Arbeitstitel «Bildungscoach» zur Abstimmung: Ausbildungsexperten und -expertinnen sollen in die Betriebe gehen und bei der Umsetzung eines vielseitigen und interessanten Ausbildungsprogramms unterstützen. Das ist auch ein Signal an die Eltern, wie professionell und qualitativ hochwertig die Ausbildung in unserer Branche ist.

 

Trends?

Ein wichtiger Trend ist sicherlich, dass die Gebäude zukünftig noch stärker im Zentrum unseres Lebens stehen: Als E-Tankstellennetz der Zukunft beispielsweise.

Ist die Digitalisierung gerade für kleinere Firmen nicht eine grosse Herausforderung?

Das ist sehr individuell. Häufig ist es auch eine Generationenfrage. Die junge Generation ist da sehr offen und hat eine ganz andere Herangehensweise. Aber die Digitalisierung ist insgesamt eine grosse Herausforderung, und deshalb bieten wir als Verband Unterstützung an.

 

Wie sieht die aus?

Wir haben beispielsweise ein Gebäudetechnikportal, auf welchem wir den Unternehmen Webapplikationen anbieten. Unter anderem eine digitale Unterstützung für die Badezimmerplanung oder die Auslegung von Solaranlagen. Auch digitale Anwendungen für die Kontrolle und Wartung gibt es und viele weitere Lösungen. So können sich die Unternehmen auf ihr Kerngeschäft fokussieren.

«In einigen Regionen geht das schon in Richtung Monopol.»

 

Gibt es nicht einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Gebäudeeffizienz und Gebäudetechnik? Die Gebäudetechnik ist ja grundsätzlich immer daran interessiert, eine neue Heizung einzubauen. Dabei ist es häufig viel sinnvoller, erst einmal das Gebäude besser zu dämmen, etwa mit neuen Fenstern oder einem isolierten Dach.

Ich sehe da keinen Konflikt. Unsere Branche ist ja in beiden Bereichen tätig. Es kommt immer auf die konkrete Situation an. Mal ist bei einer Sanierung die Dämmung des Gebäudes sinnvoller, mal ist zum Beispiel auch aus Budgetgründen oder der Dringlichkeit wegen der Einbau einer neuen Heizung die erste Massnahme. Suissetec hat bereits 2008 ein Beratungstool zur Verfügung gestellt, in dem auch Effizienzaspekte integriert waren. Das Tool zeigte zum Beispiel auf, wie sehr sich Fenster- und Dachsanierungen lohnen und welchen Einfluss sie auf die Dimensionierung der Heizung und auf die Emissionen des Gebäudes haben.

Es läuft sehr gut für die Branche. Wo gibt es noch Herausforderungen?

Zum einen kämpfen wir für den Abbau von Bürokratie und für eine Vereinheitlichung von Prozessen. Wenn Sie eine neue Heizung einbauen wollen, haben Sie von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Formulare und Dokumentationen für die Genehmigungen. Das kostet die Auftraggeber und Gebäudetechnikfirmen viel Zeit. Das könnte und müsste viel effektiver ablaufen.

 

Was noch?

Wir sehen mit grosser Sorge, wie staatsnahe Energieversorger massiv in unsere Bereiche drängen und ganze Branchenteile aufkaufen. In einigen Regionen geht das schon in Richtung Monopol. Bei Ausschreibungen haben dann normale private Firmen oft keine Chance mehr, weil die grossen staatlich beherrschten Firmen ganz andere Möglichkeiten haben, was sich meistens massiv auf den Preis auswirkt. Wir haben ja nichts gegen einen gesunden Wettbewerb, aber das sind ungleiche Spiesse im Markt. Wenn zum Beispiel ein Energieversorger mal eben auf 100 000 Einzahlungsscheinen an seine gebundenen Energiekunden Werbung für Solaranlagendienstleistungen platziert, hat das mit fairem Wettbewerb nichts mehr zu tun.