So fern und doch so nah: Obwohl der Mond im Durchschnitt fast 385 000 Kilometer von der Erde entfernt ist, erkennt man mit blossem Auge sogar die Krater auf seiner Oberfläche. Und kann mit Faszination beobachten, wie sich sein Anblick von Nacht zu Nacht verändert. Innerhalb eines knappen Monats wechselt seine Gestalt vom Neumond über den schmalen Sichelmond, den Halbmond, zunehmend bis hin zum Vollmond – und wieder zurück.

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Dabei ist der Erdtrabant durchaus für Überraschungen gut, etwa wenn er plötzlich mitten am Tag am Himmel steht. Denn der Mondaufgang verschiebt sich jeden Tag um circa fünfzig Minuten nach hinten, sodass er sich auf der Erde zu völlig unterschiedlichen Uhrzeiten zeigt. Küstenbewohner bemerken das an der Veränderung von Ebbe und Flut: Als Herrscher über die Gezeiten bewegt der Mond die Meere und sorgt für das Zurückweichen und die Wiederkehr des Wassers. Und genauso wenig wie der Mond sich an unseren 24-Stunden-Tag hält, so wenig Rücksicht nimmt er auf die Länge der Monate. Die Dauer von Neumond zu Neumond beträgt «unrunde» 29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 2,9 Sekunden, was man als synodischen Monat bezeichnet. Ein Zyklus, der für Uhrmacher von grossem Interesse ist, denn schon vor Jahrhunderten begannen sie, Astronomie und Zeit zu verbinden. Bereits im 15. und 16. Jahrhundert stellten sie auf astronomischen Grossuhren, wie es sie etwa in Strassburg und Prag gab, den Wechsel der Mondphasen dar. Über Jahrhunderte wurden diese Mechanismen immer weiter miniaturisiert, bis sie schliesslich über die Taschenuhren an das Handgelenk gelangten.

Bei Armbanduhren war die Mondphasenanzeige von den 1920er- bis in die 1950er-Jahre hinein überaus beliebt. Und gemeinsam mit der Rückkehr der Mechanik nach dem zwischenzeitlichen Höhenflug der Quarzuhren erlebte auch diese Komplikation in den 1980er-Jahren eine Renaissance. Seither ist die Mondphasenanzeige bei Armbanduhren immer ein Thema geblieben. Obwohl der Mond es den Uhrmachern mit seinem unsteten Rhythmus nicht leicht macht. Nur zur Erinnerung: Von Neumond zu Neumond dauert es exakt 29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 2,9 Sekunden. Das ist den Kon-strukteuren von Uhrwerken in der Regel zu kompliziert. Sie runden lieber und rechnen mit 29,5 Tagen, um im Uhrwerk einen «schaltbaren» Wert zu schaffen. Das hat jedoch die Konsequenz, dass 44 Minuten und 2,9 Sekunden pro Mondzyklus unberücksichtigt bleiben. Auf Dauer summiert sich das: Nach ungefähr drei Jahren hat sich diese knappe Dreiviertelstunde zu einem ganzen Tag addiert, sodass eine «gewöhnliche» Mondphasenuhr von Hand nachgestellt werden muss.

Doch kein Problem ohne Lösung: Dank Konstruktionen mit zusätzlichen oder grösseren Zahnrädern gibt es weitaus genauere Mondphasenanzeigen, die erst nach Hunderten von Jahren einer Korrektur bedürfen. Den Rekord an Präzision hält der Schweizer Uhrmacher Andreas Strehler mit seiner Lune Exacte: Deren Handaufzugswerk wurde so verfeinert, dass die Mondphasenanzeige erst nach zwei Millionen Jahren um einen Tag von der Realität abweicht. Die faszinierende Mechanik, die dazu in der Lage ist, zeigt sich durch grosszügige Ausschnitte auf dem Zifferblatt. Der Mondphasenanzeige ist ein eigener Ausschnitt gewidmet, der von der Darstellung eines Mondes durchwandert wird.

Das ist der Anblick, der bei den meisten Uhren mit Mondphasenanzeige bevorzugt wird: Ein Ausschnitt auf dem Zifferblatt, unter dem eine Scheibe mit einem symbolhaften Mond kreist und dessen Anblick darstellt – gern vor dunkelblauem Nachthimmel als Hintergrund. So wurde das etwa von Hermès in der zauberhaften Arceau Petite Lune umgesetzt, auf der Opal und Perlmutt wie Planeten wirken, die man neben dem Mond beim Blick ins Weltall entdecken kann.

Einen besonders ausdrucksvollen Mond hat Meister Singer in der Stratoscope Gold unter-gebracht: Er ist fotorealistisch in der Farbe Gold abgebildet und zeigt Krater und dunkle Flecken, wie man sie auch auf dem Original sehen kann. Ins Dreidimensionale geht der Mond im Modell Luna Magna von Arnold & Son: Eine Kugel mit heller und dunkler Seite stellt die verschiedenen Phasen des Erdtrabanten dar. Uhrmacherisch ist das durchaus anspruchsvoll, denn das Handaufzugswerk wurde rund um den Platz, den die Mondkugel für sich beansprucht, aufgebaut.

Als wäre all das noch nicht kompliziert genug, gibt es da noch die Schwierigkeit mit der nördlichen und der südlichen Hemisphäre: Am Nachthimmel südlich des Äquators verlaufen die Mondphasen anders als bei uns – nämlich genau spiegelbildlich. Schweizer Uhren bilden in der Regel den Himmel der nördlichen Erdhalbkugel ab. Blickt man auf der südlichen Hemisphäre auf die Anzeige, verläuft die Richtung der Ab- und Zunahme des Mondes also seitenverkehrt.

Wen das unglücklich macht, der kann eine Uhr wählen, in deren Werk durch das Einbauen eines Zwischenrades die Drehrichtung der Mondphasenscheibe umgekehrt ist. Oder man entscheidet sich für eine Uhr, die beide Ansichten auf einen Blick darstellt. So hat das Parmigiani Fleurier in der Tonda PF Annual Calendar umgesetzt, deren Mondphase eine Markierung trägt: Zwei Pfeile mit der Bezeichnung «N» für Norden und «S» für Süden informieren den Betrachter, welche Ansicht für welche Hemisphäre gilt.

Parmigiani Fleurier hat diese Komplikation mit einem Jahreskalender kombiniert – eine beliebte und bewährte Verbindung. Auch andere Manufakturen ergänzen ihren Kalender gern um die Mondphasenanzeige. So wie eine neue Version der Overseas von Vacheron Constantin mit retrograder Datumsanzeige und einer Mondphase, die nur alle 122 Jahre nachgestellt werden muss.

Und dann gibt es noch Uhren, die das ganze Universum ans Handgelenk bringen. Dieses zauberhafte Schauspiel bietet die Lady Arpels Planétarium von Van Cleef & Arpels, die den Lauf der Planeten Merkur und Venus sowie der Erde mit dem Mond rund um die Sonne abbildet – in Echtzeit: Das heisst, dass die rosafarbene Perlmuttkugel, die den Merkur darstellt und am nächsten zur Sonne rotiert, innerhalb von genau 87,97 Tagen eine Umdrehung rund um den Mittelpunkt vollzieht. Es ist wohl die faszinierendste Art, uns unseren Platz im Universum zu vergegenwärtigen.

Über den Charme dieser Komplikation könnte man vergessen, dass sich Mond und Erde immer weiter voneinander entfernen. Jedes Jahr wächst der Abstand um fast vier Zentimeter, das haben Wissenschaftler herausgefunden. Doch sie sind sicher: Verlieren werden sich die beiden nicht – in einigen Milliarden Jahren wird diese Auseinanderbewegung enden.