Zur Schweizer Champions League der Wintersportorte gehört das Vallée de Joux nicht. Da sind Destinationen wie Gstaad, St. Moritz oder Zermatt bekannter. Doch jetzt tut sich etwas im beschaulichen Tal im Kanton Waadt. Und was sich in der Hochburg der Nobeluhren-Macher tut, verblüfft Hotel-Experten komplett.
Wohl auch deshalb, weil das Projekt nicht von Tourismus-Profis stammt. Sondern von der Schweizer Uhrenmarke Audemars Piguet. Sie plant neben ihrem Sitz in Le Brassus ein Hotel, das den Anspruch ihrer teuren Ticker unterstreichen soll.
Im Zick-Zack vom Dach brettern
Entworfen wird der Komplex von der Bjarke Ingels Group (BIG). Jetzt hat der dänische Architektur-Star erste Bilder seines Entwurfs veröffentlicht: Die Gäste des Hôtel des Horlogers sollen dereinst auf ihren Ski in Zickzack-Kurven vom Dach zum Ausgang brettern können.
Schweizer Hotel-Profis sind verblüfft: «Eine solche Kombination habe ich noch nie gesehen – aus meiner Sicht ist das einzigartig», sagt Adrian Stalder. Der langjährige Hoteldirektor ist heute unter anderem als Präsident der Swiss Quality Hotels International aktiv.
Ebenso perplex ist André Gribi, Partner beim Hotellerie-Marktplatz Hotel2Invest.com: «Noch nie gesehen.» Dass von neuen Ski-Resorts in der Regel ein «Ski-in-Ski-out»-Zugang gefordert werde, sei klar, sagt Gribi, «aber bisher ging ich immer davon aus, dass die Piste vor dem Hotel beginnt – und nicht auf dem Dach.»
«Architektonischer Rundumschlag»
Grundsätzlich hegen beide Spezialisten Sympathie für das ungewöhnliche Bauvorhaben. «Einen architektonischen Rundumschlag» nennt es Gribi; von «klarer Positionierung, guter Story und Nische» spricht Stalder. Und fügt an: «Eine Nische kann auch eine Nischen-Falle sein.»
Nicht immer sei der Erste mit einer neuen Idee auch ein Gewinner. Denn schlussendlich müsse das Angebot den Kunden schmecken. Und da macht Stalder ein paar Fragezeichen.
Störfaktor Pistentreiben vor dem Fenster
Aus betrieblicher Sicht fragt sich Stalder, ob die Ausssicht aus den Zimmern durch diese Piste nicht zu stark eingeschränkt werde. Zudem erlitten diese Räume einen gehörigen Störfaktor durch das Treiben auf der Piste. Ein weiterer Einwand: «Aus Kundensicht verhindert die Piste, dass die Räume bei diesem Treppenbau über Terrassen verfügen.»
Ob und wie das neue Hotel überhaupt Skigäste in ein Gebiet locken kann, das keine Pisten-Reputation hat, ist für Gribi und Stalder nicht klar. Das Hotel, so es denn tatsächlich in dieser Form gebaut werde, könne sicherlich ein Darling in den sozialen Medien werden, sagt Stalder. «Aber die Instagran- und Facebook-Welt vergisst schnell. Und Postings alleine sind noch keine Buchungen.»
«Stay foolish and hungry»
Für Innovationen sind aber beide Touristik-Pros zu begeistern. Stalder zieht gar einen Vergleich zum legendären verstorbenen Mastermind von Apple.
Dieser Hotel-Plan erinnere an den Mindset des genialen Verkäufers und Pioniers der Unterhaltungselektronik. «Mutig und ganz nach Steve Jobs: «Stay foolish, stay hungry.» Das Hotel soll 2020 öffnen.