Ein Jahr ist es her, seit Google einen weltweiten Abbau von 12'000 Stellen ankündigte. Auch die Schweiz war betroffen: Gut 300 Stellen der damals knapp 5000 Arbeitsplätze des Google-Standorts Zürich gingen verloren.

Jetzt rollt erneut eine Abbau-Welle an. Blick-Recherchen zeigen: 160 Stellen der Zürich-Standorte Hürlimann-Areal und Europaallee, wo an Diensten wie Google Maps, Search und Youtube gearbeitet wird, stehen auf der Streichliste. Es läuft bereits ein Konsultationsverfahren, das bei Massenentlassungen zur Anwendung kommt. Das bestätigt eine Google-Sprecherin, ohne auf den genauen Umfang des Jobabbaus einzugehen. Ihre Wortwahl: Der Standort Schweiz könne «bis zu einem gewissen Grad betroffen» sein.

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Blick fragt bei Arbeitnehmervertretern nach. Auch Syndicom hält sich bedeckt zur Zahl der Betroffenen, stellt jedoch den Abschluss des Konsultationsverfahrens bereits für Mitte Februar in Aussicht. «Es ist nicht nachvollziehbar, dass Google erneut zahlreiche Mitarbeitende entlässt, denn der Konzern schreibt weiterhin sehr hohe Gewinne», sagt Syndicom-Zentralsekretärin Miriam Berger (38).

Warum der Abbau?

Der 40-jährige Armin S.* arbeitet bei Google in Zürich. Aus Angst vor einer Kündigung will er anonym bleiben. Google sende derzeit «Signale an Mitarbeitende und Aktionäre, wonach die Arbeitsplätze auch bei Google nicht auf sicher sind, und dass das Unternehmen Investitionen in neue Märkte vornimmt». In der öffentlichen Wahrnehmung sei der US-Techgigant beim Megathema der generativen künstlichen Intelligenz (KI), die neue Texte, Bilder, Video- oder Audioclips erstellen kann, ins Hintertreffen geraten. Nun müsse das Unternehmen dies korrigieren.

Die Google-Sprecherin hüllt sich in PR-Slang: Der Konzern «investiert in die grössten Prioritäten», weshalb «die Ressourcen auf die wichtigsten Produktprioritäten» ausgerichtet werden. Dadurch «fallen einige Rollen weg».

S. beklagt die fehlende interne Kommunikation: «Es kann jeden treffen, die Verunsicherung ist gross.» Weniger schuld am Debakel sei die Schweizer Google-Leitung: «Die grossen Entscheide werden am Hauptsitz im kalifornischen Mountain View gefällt.» Es hat den Anschein, als ob gewisse Forschungs-Abteilungen auf einzelne Orte zentralisiert werden. So sollen manche Google-Jobs aus der Schweiz offenbar nach Polen verlagert werden, wie auch S. gegenüber Blick bestätigt.

Kein Verständnis für die Entlassungen

S. stört sich zudem am Kulturwandel im Unternehmen: Vom Google-Personal wurde stets gute Ausbildung und Wandelbarkeit erwartet, deshalb waren die Angestellten bei den vielen Veränderungen in der Tech-Welt flexibel einsetzbar. Heute gebe es bei Umstrukturierungen oft keinen anderen Job im Google-Universum mehr. «Für die aktuellen Massnahmen gibt es intern kein Verständnis mehr», fügt S. an. Zumal der Standort Schweiz gemäss seiner Beobachtung stärker als andere betroffen sei.

Und das ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2024: Vor 20 Jahren eröffnete Google in Zürich seine Niederlassung. Der Schweizer Standort entwickelte sich rasch zur grössten Forschungsstätte von Google ausserhalb der USA. Die Abbau-Wellen und -Massnahmen kratzen am Bild der idealen Symbiose zwischen Google und Zürich. Gleichzeitig wird ein Bürogebäude an der Zürcher Müllerstrasse zu einem dritten Google-Standort umgebaut. Braucht es das noch? «Es kommt in diesem Kontext zu keinen Veränderungen im Immobilien-Portefeuille von Google in Zürich», sagt dazu die Sprecherin.

Vom einstigen Stolz über den Status als wichtigste Aussenstelle des US-Tech-Riesen ist bei Google Schweiz heute wenig zu spüren.

* Name der Redaktion bekannt 

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