Erwin Beyeler bleibt nicht Bundesanwalt. Die Vereinigte Bundesversammlung hat seine Wiederwahl abgelehnt. Beyeler erhielt lediglich 109 von 227 gültigen Stimmen. Damit erreichte er das absolute Mehr von 114 Stimmen nicht.
Gegen die Wiederwahl Beyelers hatte sich einzig die SVP ausgesprochen. Beyeler erhielt jedoch auch aus den anderen Fraktionen nicht alle Stimmen. Die Gerichtskommission hatte den Bundesanwalt zur Wiederwahl empfohlen.
Beyeler war seit Juni 2007 Bundesanwalt. Nach dem turbulenten Abgang seines Vorgängers Valentin Roschacher musste er die Behörde beruhigen und neu organisieren. Stichworte: Zusammenführung von Eidgenössischem Untersuchungsrichteramt und Bundesanwaltschaft, Verselbständigung der Bundesanwaltschaft.
Ausserdem erbte er eine Reihe problematischer Dossiers: etwa den Fall der Hells Angels, die der organisierten Kriminalität verdächtigt worden waren, sowie den Fall des Bankiers Oskar Holenweger.
Umstrittener Einsatz von Drogenbaron Ramos
Holenweger wurde der Wäsche von Drogengeld und der Führung schwarzer Kassen für den französischen Industriekonzern Alstom verdächtigt. Der Prozess endete Mitte April 2011 mit einem Freispruch Holenwegers - und einer Blamage für die Bundesanwaltschaft.
Umstritten war unter anderem die Rolle Beylers als Chef der Bundeskriminalpolizei beim Einsatz des kolumbianischen Drogenbaron Ramos, der als Vertrauensperson der Strafverfolgungsbehörden auf Oskar Holenweger angesetzt worden war. Nach Beyelers Worten war er in der Vorphase des Einsatzes von Ramos beteiligt, hatte aber in der Folge nichts mehr damit zu tun.
Seine politischen Gegner, vor allem die SVP, kauften ihm diese Aussage nicht ab. Sie warfen im zudem vor, entgegen seien Beteuerungen 2007 von einem Komplott gegen den früheren Bundesrat Christoph Blocher gewusst zu haben.
Nach der Schlappe im Holenweger-Prozess verstärkte sich die Kritik von Politikern an Bundesanwalt Beyeler. Die Gerichtskommission der eidgenössischen Räte schlug ihn Ende Mai 2011 nur knapp zur Wiederwahl vor.
Krimis und Kriminalpolizei
Beyeler ist FDP-Mitglied, verheiratet und Vater von zwei Töchtern. In seiner Freizeit spielt er Theater und schreibt Krimis - der letzte, «Kern», erschien 2004.
Der am 21. Februar 1952 in Schaffhausen geborene Beyeler hatte 1978 das Jus-Studium in Zürich mit dem Doktorat abgeschlossen. 1983 bis 1989 leitete er eine Anwaltskanzlei in Schaffhausen.
Weitere Stationen seiner Karriere: Kommandant der Schaffhauser Polizei (1990-1999), Stabschef der Kantonspolizei Zürich (1999-2001), Chef der Bundeskriminalpolizei (BKP, 2001/2) und erster Staatsanwalt des Kantons St. Gallen (2002 bis 2009). Dort etablierte er die einstufige Strafprozessordnung, welche später in allen Kantonen und beim Bund eingeführt werden sollte.
(tno/laf/sda)