Je höher die Zahl, desto besser. Wir kennen es von Gesellschaftsspielen, von Auslosungen oder vom Casino. Würfeln macht Spass und der Zufall entscheidet über Glück oder Unglück. So auch in den Filialen von Import Parfumerie und Christ Uhren + Schmuck. Doch bei den Coop-Töchtern ist es genau umgekehrt – die höchste Zahl verliert.

In den Parfümerie- und Schmuckläden der Coop-Gruppe muss jeder Mitarbeitende am Ende des Arbeitstages den Würfel über den Ladentisch rollen lassen. Die Person, die eine sechs würfelt, muss danach ihre Taschen für eine Diebstahlkontrolle öffnen. Die wird vom Filialleiter durchgeführt. Was absurd klingt, ist nichts Ungewöhnliches.

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Fragwürdige Methode

Regelmässige Taschenkontrollen zur Überprüfung von Diebstählen sind umstritten. Diebstähle müssten sich zuvor gehäuft haben, damit Taschenkontrollen legitim seien, sagt Mathias Regotz, Leiter Rechtsdienst des Syna. Das ist bei Coop jedoch nicht der Fall. «Es kommt selten zu Diebstählen. Die ganz grosse Mehrheit unserer Mitarbeitenden ist ehrlich», sagt Konzernsprecher Ramon Gander. Dennoch hält Coop an der ungewöhnlichen Praxis fest. Präventionsmassnahmen und Kontrollen seien eben notwendig, so Gander.

Es scheint fast, als wolle Coop ein heikles Thema auf eine spielerische Art angehen. «Das Auswürfeln durch die Mitarbeiter ist eine unakzeptable Methode und gehört abgeschafft.», sagt Pepo Hofstetter von der Gewerkschaft Unia. Die Methode sei «höchst fragwürdig« und zudem würden Persönlichkeitsrechte verletzt.

Verletzung der Sorgfalt

Die Taschenkontrolle durch den Arbeitgeber liegt in einer gesetzlichen Grauzone. Bei der Würfelmethode ist umstritten, ob es sich um eine systematische Kontrolle handelt. Denn gesetzlich erlaubt ist die Überprüfung nur, solange alle Arbeitnehmer gleichmässig geprüft werden. Für Syna-Mann Regotz ist der Fall klar: «Bei Kontrollen nach dem Würfelprinzip könne nicht gewährleistet werden, dass alle gleich betroffen sind. Vielmehr wird es manche öfters treffen.»

Des Weiteren sei ein expliziter Verdacht auf Diebstahl durch den Mitarbeiter für solch eine Kontrolle zwingend, sagen die Gewerkschaften. Das klingt logisch – ist beim Würfeln allerdings nicht der Fall: So werden alle Arbeitnehmer unter Generalverdacht gestellt. Zudem werde die Sorgfaltspflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Mitarbeiter verletzt und so die Motivation geschwächt.

Hohe Erfolgswahrscheinlichkeit

Mit dem Würfeln stellt Coop Rahmenbedingungen auf, um Diebstähle durch Mitarbeiter vorzubeugen. Wie effizient diese Methode der Kontrolle sein kann, ist zudem in einer anderen Hinsicht fraglich: Denn für Personen mit krimineller Energie und dem nötigen Kalkül könnte das Stehlen mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 5 zu 6 geradezu ein Anreiz darstellen.