Schweizer Biotechs wagen den grossen Auftritt: Nach AC Immune und CRISPR Therapeutics sucht nun auch die Genfer Firma ObsEva ihr Glück an der New Yorker Börse. Das Unternehmen startet heute im Handel.

Das kleine Unternehmen hat sich ein grosses Ziel gesetzt: Dereinst sollen ihre Therapien Frauen ihren Kinderwunsch erfüllen und Frühgeburten verhindern. Durch die wachsende Erdbevölkerung steige auch das Bedürfnis nach wirksamen Medikamenten aus dieser Gruppe stetig, so die Hoffnung der Forschergruppe. Aktuell 27 Mitarbeiter zählt die Firma, die erst vor vier Jahren von Ernest Loumaye und André Chollet in Genf gegründet wurde. Derzeit forscht ObsEva an drei Wirkstoffen.

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Starke Investoren im Rücken

Zeit und vor allem viel Geld braucht das Jungunternehmen für den langen Weg vom Labor in die Apotheke.  Die Führung unter CEO Loumaye hat sich dazu für die Lotterie «Wall Street» und gegen einen Verkauf entschieden.

Das Risiko könnte sich lohnen: Der Börsengang soll ObsEva um rund 97 Millionen Dollar reicher machen – zum Verkauf stehen 6,5 Millionen Aktien à 15 Dollar. Ganz ohne zweiten Boden wagt sich das Biotech aber nicht auf das Börsenparkett. Die Hälfte der Summe sichern bestehende Investoren zu. Mit 15 Millionen Dollar will sich die Investmentfirma Medicxi beteiligen, weitere 30 Millionen Dollar haben übrige Investoren zugesichert.

Erfolgreiche Geldsammler

Eine solche Unterstützung ist bei Börsengängen von Biotechs entscheidend, schreibt die Nachrichtenseite «Fierce Biotech». Besonders wenn diese wie ObsEva und auch AC Immune ausserhalb der grössten Trendthemen wie Krebs- und Gentherapien forschen.

Bisher kommt das Genfer Biotechunternehmen vor allem mit Hilfe von europäischen Risikokapitalgebern über die Runde. Und das äusserst erfolgreich: 2015 haben nur zwei Schweizer Gesellschaften mehr Geld gesammelt, so eine Auswertung der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association und des Portals Startupticker.ch.

Viele Risiken und einige Plus

Für die Investoren ist ein Aktienkauf an der New Yorker Börse mit grossen Risiken verbunden. ObsEva hat nichts Verkaufsfertiges in der Pipeline: Bevor die Wirkstoffe jemals einen Franken einbringen, gilt es noch viele Hürden zu nehmen. Dabei ist es keineswegs sicher, dass auch nur einer der drei Kandidaten alle der aufwändigen und teuren Tests besteht. Im schlimmsten Fall droht ein Totalausfall - für das Unternehmen und die Investoren. Wie ObsEva im Antrag an die US-Börsenaufsicht SEC weiter schreibt, ist die Branche sehr dynamisch. Wenn sie das Wettrennen gegen die Konkurrenz verlieren, war alle Mühe umsonst.

Den Risikofaktoren stellen die Genfer auch einige Pluspunkte entgegen. Allen voran die erfahrene Mannschaft: CEO Ernest Loumaye hat mit PregLem bereits ein Biotech-Startup erfolgreich aufgebaut. 2010 verkaufte er dieses für 445 Millionen Franken an den ungarischen Pharmakonzern Gedeon Richter. An ObsEva ist Loumaye mit 13 Prozent auch persönlich beteiligt. Auch die wissenschaftlichen und medizinischen Chefs waren schon bei PregLem mit an Bord. Pünktlich zum Börsengang hat sich ObsEva einen Finanzchef gesucht. Timothy Adams wird im neuen US-Hauptquartier in Boston arbeiten.

Aus den Trümmern von Merck Serono

ObsEva hat mit Merck Serono zudem einen bekannten Vorfahren. Co-Gründer André Chollet war bei Serono für das Frühgeburtenprogramm zuständig. Nachdem das Genfer Hauptquartier 2012 geschlossen wurde, verloren Hunderte Mitarbeiter ihre Arbeit oder mussten in den deutschen Standort abwandern. Zurück blieb eine lange Tradition und viel Expertise, die nun auch ObsEva zum Erfolg machen könnte.

Merck Serono ist über die Investgesellschaft Ares Trading auch finanziell beteiligt – im Gegenzug für Rechte an OBE022. Eine weitere Kooperation sind die Genfer mit dem japanischen Pharmakonzern Kissei eingegangen. Sie arbeiten gemeinsam am Wirkstoff OBE2109 (bei Kissei KLH-2109), ObsEva darf diesen mit Ausnahme von Asien weltweit exklusiv entwickeln und kommerzialisieren. Ein Recht für das ObsEva laut SEC-Bericht zahlt. Kommt das Medikament auf den Markt, steht Kissei zudem ein Anteil an den Einnahmen zu.

Noch ist es ein weiter Weg bis zu einem verkaufsbereiten Medikament und noch weiter bis zu einem möglichen Gewinn. Bislang macht ObsEva nur Schulden: 19,9 Millionen Dollar im Jahr 2015 und 19,1 Millionen Dollar in den ersten drei Monaten 2016. Der Millionensegen aus dem Börsengang käme gelegen.

Millionen für Weiterentwicklung

Das erhoffte Geld ist bereits fest verplant. 49 Millionen Dollar sollen in die Weiterentwicklung des vielversprechendsten Kandidaten fliessen. OBE2109 hat bereits zwei Testphasen überstanden, die nächste Phase soll in Kürze folgen. Die zwei weiteren Kandidaten – OBE001 und OBE022 – entwickeln sich weniger gut. Trotzdem sind 11, respektive 8 Millionen Dollar aus dem IPO für die beiden Forschungen vorgesehen.

Der Börsengang wird von der Credit Suisse, Jefferies und Leerink Partners begleitet. Gehandelt werden die Titel unter dem Namen OBSV.