Die Schaufenster: Blind. Die Rolltreppe: Abgeriegelt. Am Schluss war nur noch der Figaro im Haus. Alle anderen Mieter hatten Ende 2015 das Einkaufszentrum Centro Ovale in Chiasso verlassen.

Das Einkaufszentrum, das 2011 errichtet wurde, kam zu trauriger und landesweiter Berühmtheit: Die erste «Dead Mall» des Landes. Solche ausgestorbenen Einkaufszentren sind in der Regel in den USA zu sehen, doch in der Schweiz hatte es das in dieser Form zuvor noch nie gegeben. 

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Online-Reiseprofis wollen einziehen

Die Besitzer planten zunächst, das «Silberne Ei», wie der charakteristische Bau in Chiasso genannt wird, als «Aurum Gate» wieder aufleben zu lassen: Als Einkaufszentrum mit Konzentration auf die Themen Luxus und Uhren.

Doch das wäre wohl aussichtslos gewesen: Fast alle Detailhändler im Tessin durchleben schwierige Zeiten – weil das nahe Italien so viel preisgünstiger ist. Das war auch einer der Hauptgründe für das Ableben des architektonisch ansprechenden Centro Ovale.

Vom Centro Ovale zum Centro Digitale

Jetzt wird eine neue Entwicklung eingeleitet in der ersten «Dead Mall» der Schweiz. Das ausgestorbene Einkaufszentrum soll zur Büro-Hochburg werden. Als neue Mieterin will die Online-Reisevermittlerin Lastminute.com-Groupe einziehen, bekräftigt deren Sprecher Martin Meier-Pfister: «Die Firma bestätigt ihr Interesse, den Hauptsitz in das ehemalige Einkaufszentrum Centro Ovale zu verlegen.»

Gemäss Kennern der Grössenverhältnisse sollen rund 400 Angestellte der Firma im Centro Ovale einziehen. Bruno Arrigoni, Bürgermeister von Chiasso, bestätigt gegenüber der «Handelszeitung» Meldungen von «Teleticino» und «Ticinonews.ch» bezüglich der neuen Flächenaufteilung: Drei von vier Stockwerken sollen von der Lastminute.com-Gruppe belegt werden; das vierte Obergeschoss soll an externe kleine und mittlere Unternehmen des Sektors Digital/Hi-Tech weitervermietet werden. Plan sei es, aus dem einstigen erfolglosen Einkaufszentrum ein «Centro Digitale, also einen digitalen Pool, zu machen», so der Sindaco von Chiasso.

Zuvor allerdings müsse das eingereichte Projekt und der Antrag auf Umnutzung im Kantonshauptort Bellinzona bewilligt werden. Im einstigen Centro Ovale sollen gemäss Arrigoni nur noch auf der untersten Etage weiterhin klassische Detailhändler aktiv sein.

Trend: Weniger Shopping im Einkaufszentrum

Eine neue Flächenverteilung zeichnet in Shopping-Centers im ganzen Land ab: «Weil die klassischen Detailhändler ihre Netze in der Tendenz verkleinern, rücken alternative Anbieter nach. Dieser Trend wird sich gewaltig verstärken in den nächsten Jahren», sagt Marcel Stoffel, Geschäftsleiter des Branchenverbands Swiss Council of Shopping Centers (SCSC).

Heute noch besetzten klassische Detailhändler rund 70 Prozent der Flächen in Schweizer Einkaufszentren. In den nächsten Jahren werde dieser Anteil auf 45 Prozent sinken, andere Angebote würden dabei von heute 20 auf einen Anteil von 40 Prozent kommen: «Kleinere Einkaufszenten bis 10 000 Quadratmeter werden auch künftig eine Nahversorger-Rolle spielen», sagt Stoffel, «aber bei grösseren Einkaufszentren ab 25 000 wird der Mieter-Shift zur Realität.»

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