Am Flughafen Zürich werden Neu- und Ausbauten von Pisten und neue Flugrouten über dicht besiedeltes Gebiet nicht verboten: Die Zürcher Stimmberechtigten haben am Sonntag sowohl eine Änderung des Flughafengesetzes als auch den Gegenvorschlag abgelehnt.
Die von 42 Gemeinden lancierte Behördeninitiative «Kein Neu- und Ausbau von Pisten» wurde mit einem Nein-Anteil von 58,8 Prozent verworfen. 150'750 Stimmende befürworteten die damit verbundene Änderung des Flughafengesetzes, 214'995 waren dagegen.
Nicht den Hauch einer Chance hatte der Gegenvorschlag zur Behördeninitiative des Vereins «Flugschneise Süd - Nein». Die Vorlage wurde mit einem Nein-Anteil von 68,2 Prozent bachab geschickt.
Hintergrund der Flughafeninitiativen waren die laufenden Arbeiten am Sachplan Infrastruktur Luftverkehr des Bundes, dem sogenannten SIL-Prozess. Er setzt die Leitplanken für das künftige Flugregime.
Jahrelange Baustopps befürchtet
Die Behördeninitiative wollte den Regierungsrat verpflichten, sich im Flughafenverwaltungsrat und beim Bund gegen Neu- und Ausbauten zu wehren. Die Befürworter eines Pistenausbauverbotes erhofften sich grössere Planungssicherheit. Sie befrüchten jahrelange Baustopps auf ihren Gemeindegebieten, falls Pistenausbauten zur Debatte stehen sollten.
Hinter die Behördeninitiative geschart hatten sich SP, EVP, GLP und Grüne sowie Bürgerorganisationen und Gemeindebehörden im Norden, Osten und Westen des Flughafens. SVP, FDP, CVP, BDP und EDU, der Verein «Flugschneise Süd - Nein», die Gemeindebehörden im Süden sowie Wirtschaftsverbände empfahlen die Behördeninitiative zur Ablehnung.
Der Gegenvorschlag wollte auch Schnellabrollwege zur schnelleren Abfertigung von Flugzeugen sowie alle seit dem Jahr 2000 eingeführten oder künftigen Flugrouten über dicht besiedeltem Gebiet verbieten. Überdies sollte das Volk beim Betriebssystem ein Mitspracherecht bekommen.
Der Bund und die Variante J
Die Gegner werteten die Ablehnung der beiden Vorlagen als «klares Bekenntnis zu einem leistungsfähigen Flughafen». Das Ergebnis habe gezeigt, dass eine Blockierung der Flughafenentwicklung im Kanton Zürich nicht mehrheitsfähig sei, schreibt die Flughafen AG in einer Mitteilung.
Zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren hätten sich die Zürcher Stimmberechtigten zum Flughafen Zürich bekannt. Nun liege es am Bund, im SIL die raumplanerische Entwicklung zu verankern und insbesondere die einzig verbleibende Betriebsvariante J optimiert aufzunehmen. Diese Vairante sieht vor, die Piste 28 nach Westen und die Piste 32 nach Nordwesten zu verlängern.
Der hohe Nein-Stimmenanteil gerade auch in flughafennahen Gemeinden mit zum Teil erheblicher Lärmbelastung zeige, dass die Bevölkerung den grossen Nutzen des Flughafens einzuschätzen wisse und bereit sei, dafür auch gewisse Lasten zu tragen, hält Pro Flughafen fest. Die Lokalpolitiker müssten nun ihre Flughafenpolitik überdenken.
Swiss und Regierung erleichtert
Das doppelte Nein zur Behördeninitiative und Gegenvorschlag sei ein «klares Ja zum Flughafen und zur Flughafenpolitik des Regierungsrates», sagte Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (SVP) vor den Medien. Mit der Ablehnung sei ein Denkverbot für eine massvolle Entwicklung abgewendet worden.
Erleichterung herrschte auch bei der Fluggesellschaft Swiss. Noch vor einem halben Jahr sei ein solch «eindeutiges Ergebnis und ein derart positives Bekenntnis zum Flughafen» nicht zu erwarten gewesen, sagte Swiss-Chef Harry Hohmeister.
Für das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) ist die Ablehnung der beiden Vorlagen «eine Bestätigung dafür, dass der Flughafen Zürich weiterhin eine wichtige Rolle als Landesflughafen der Schweiz spielen soll». Er soll sich moderat entwickeln und bei der Gestaltung des künftigen Betriebs den noch vorhandenen Spielraum nutzen können.
(tno/vst/awp/sda)