Gestern in Mailand. Heute in Küssnacht am Rigi. Morgen in Triest, und danach gehts aufs eigene Weingut in die Toskana. Eigentlich habe er das Leben eines Lastwagenfahrers, sagt Francesco Illy über sich selbst. Und jetzt, soeben in Küssnacht angekommen, will er nur eines einen Espresso. Fünf trinkt er pro Tag. Danach raucht er gerne eine Zigarette. Das passe sehr gut zusammen, sagt er.

Er setzt sich in den Sessel in seinem Büro. Im Regal hinter ihm stehen bunte Kaffeemaschinen. Einige Modelle davon werden nicht mehr hergestellt. Er stellt jetzt eine Kunststoffmaschine her. «Metall ist schön, aber früher oder später gibts einfach Rostprobleme.»

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Er beschreibt sich selbst als sehr emotional. Das prägt auch die Unternehmenskultur. Er baut auf zwischenmenschliche Beziehungen. Er habe eigentlich nie wirklich gelernt zu führen, aber trotzdem habe das immer geklappt. Möglicherweise seien seine führungstheoretischen Defizite nie hervorgetreten, weil er stets Neues anreisse. «Ich flüchte nach vorne, immer. Dies hat mir natürlich auch schon Probleme verursacht.»

«Ich will die Leute begeistern und sie mitreissen in dieses Abenteuer.» Dieses Abenteuer das sind die Marken Francis Francis! und Amici Café, die er in der Schweiz aufgebaut hat. Er verkörpert diese Marken. Es geht um Genuss.

Genuss der rote Faden

Genuss der rote Faden, sein Lebensthema. Es ist sein Glück, dass er in dieser Genusswelt sozialisiert wurde, denn als Marketingverantwortlicher für einen Hundefutterkonzern hätte er seinen Enthusiasmus kaum entwickelt. Er vertieft sich oftmals intensiv in eine Materie und beginnt dann irgendwann wieder etwas Neues Pasta, Kaffeemaschinen, Fotografie, Olivenöl, Literatur, Metall, die Fliegerei. Als junger Mann wollte er Musiker werden. Er schrieb Songs und spielt Gitarre. Doch es kam anders.

Seit 1979 hat Francesco Illy den Schweizer Markt mit der Kaffeemarke Amici aufgebaut. Heute hat er die operative Führung an seine Ex-Frau Annemarie Illy abgegeben. Er konzentriert sich auf Entwicklung, Kommunikation und Forschung.

Es ist das zweite Mal, dass die Familie Illy im Schweizer Markt Fuss fasst. 1939 hat Francescos Grossvater die Firma Illy Café in Thalwil am Zürichsee eine Tochter der Illy in Triest mitbegründet. 1967 hat Francescos Vater dann den Aktienanteil verkauft, womit die Familie Illy den Schweizer Markt vorerst aufgegeben hat. Die Illy Café in Thalwil gibt es noch, nur hat Francesco Illy überhaupt nichts mehr damit zu tun.

Die Schweiz ist somit das einzige Land weltweit, in dem die Familie Illy den Kaffee nicht unter dem Familiennamen vermarktet, marketingtheoretisch ist das eine unglückliche Situation. Natürlich wäre Francesco froh, wenn er den Namen verwenden dürfte, aber daran wird sich kaum etwas ändern lassen. «Es wäre auch ein enormer Aufwand, die ganze Kommunikation umzustellen. Das soll gegebenenfalls dann einmal mein Sohn machen.»

Der Sohn Ernesto ist 23 Jahre alt und studiert Architektur. «Er kann gut kochen und repariert Kaffeemaschinen», sagt Francesco Illy. Das sind eigentlich gute Voraussetzungen. Vielleicht wird er eines Tages bei ihm anfangen, vielleicht nicht. «Ich möchte niemanden zwingen.»

Bilder statt Worte

Francesco Illy hat viele internationale Kampagnen selbst kreiert und fotografiert, beispielsweise die US-Kampagne, die seine Kunden und ihre Restaurants und Bars zeigt. «Ich kenne die Kommunikationsbedürfnisse der Kunden, die ich in Aussagen verwandle. Meist gehe ich von einer grafischen Skizze aus.» Bilder sind wichtiger als Worte. Wenn jemand beim Bild hängen bleibt, dann liest er den Text, vorher nicht. Neu kooperiert Francesco Illy mit einer Werbeagentur. Er wird die Kampagne nach wie vor prägen, sie aber nicht mehr selbst ausführen. Das ist für ihn auch eine Erleichterung. Er kann vieles zugleich machen, aber nicht alles. Und gerade das Fotografieren ist zeitaufwendig, weil es neben einem guten Auge auch viel Praxis erfordert. Francesco Illy hat einmal einen Fotoband über die Dolomiten publiziert. Zurzeit beschäftigt er sich in der Freizeit aber nicht mehr mit Fotografie, sondern mit der Fliegerei.

Einer seiner grossen Erfolge waren die Kaffeetassen Illy Collection: Im Normalfall steht auf Kaffeetassen in Italien der Zulieferername. Der Konsument habe gelernt, sich von jenen «virtuellen Ohrfeigen» zu schützen, sagt Francesco Illy. Also hat er angefangen, die Tassen mit Künstlern zu gestalten. Anstatt des Henkels wurde beispielsweise ein Ohr angebracht. Das hat in Italien ziemlich eingeschlagen. Danach hat er diese Tassen auch in der Schweiz lanciert. Er verbindet so Kaffee und Kunst, die nach seiner Ansicht sowieso zusammengehören.

Sicher, vieles laufe auch über die Kommunikation und Emotionen, sagt Francesco Illy, doch die Basis sei das Produkt. Sonst habe man das Problem der kognitiven Dissonanz. «Wenn ich sage, dass ich gut bin, und die Produkte mangelhaft sind, ist der Kunde umso enttäuschter.»

Das Verständnis seiner Unternehmenskultur ist schnell erzählt: «Wir wollen ganz einfach den besten Kaffee herstellen.» Insofern bewege er sich ganz innerhalb der Familientradition. Drei Illy-Generationen sind am Tüfteln mit Kaffee.

Francescos Grossvater erreichte breitere Märkte, nachdem er die Schutzgasüberdruckmethode entwickelte: Der Kaffee wird in einem Gefäss verpackt. Dann wird die Luft entzogen. Es entsteht ein Vakuum, das mit Stickstoff gefüllt wird. So kann der Kaffee jahrelang gelagert werden.

Sein Vater hat dann die Qualitätskontrolle der Kaffeebohnen über die Jahrzehnte verbessert. Ultraviolette Strahlen erkennen defekte Bohnen vor der Röstung, die dann mit einem Luftstrahl von einem Elektromagneten herausgezogen werden. Francesco Illy arbeitet heute mit der Agraruniversität Florenz, mit der Uni in Triest und der ETH Zürich an einer neuen Extraktion des Kaffees.

Kapselkaffee verschärftden Wettbewerb

Der Kapselkaffee von Nespresso hat das Wettbewerbsklima verschärft. «Zuvor haben wir in einer Märchenwelt gelebt», sagt Francesco Illy. Es sei nun wie in der Weinwelt, in der verschiedene Weine nebeneinander existieren und sich profilieren müssen. Starbucks betrachtet er nicht als Konkurrenz, denn das Konzept stehe in erster Linie für Milch- und nicht für Kaffeekompetenz.

Francesco Illy spricht gerne und oft von der Weinwelt. Seit 1997 hat er einen eigenen Weinberg in Montalcino in der Toskana. Auf den 13 Hektaren stellt er ab 2010 etwa 60000 Flaschen im Jahr her, was den Eigenkonsum signifikant übersteigt. Der Umsatz wird etwa 1,5 Mio Fr. im Jahr betragen. «Das ist verhältnismässig wenig Geld, aber eine interessante Erfahrung eine vertikalisierte Struktur.»

llly bearbeitet mit seinem Caterpillar den Boden, setzt Pflanzen, beobachtet, wie sie wachsen, stellt dann den Wein her. Er versucht Wissenstransfers zwischen Kaffee und Wein herzustellen beides organische Produkte. Und natürlich auch zu Olivenöl, das er ebenfalls produziert. «Oliven und Kaffee haben beide 18% Fett, das ist doch sehr interessant.»

Dann geht er zur Kaffeemaschine und lässt einen weiteren Espresso heraus. «Trinken Sie ohne Zucker, erst schmeckt er ein bisschen bitter, entwickelt aber Süsse und Länge, die Sie mit Zucker nie erreichen. Das ist es, was ich als Körper bezeichne.»

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Steckbrief

Name: Francesco Illy

Geboren: 8.2.1953 in Triest

Funktion: Unternehmer

Wohnort: zwischen Triest, Mailand, Montalcino und Küssnacht am Rigi

Hobby: Fotografie, Bildband über die Dolomiten

Karriere

- 1979 Aufbau der Marke Amici in der Schweiz

- 1994 Aufbau der Kaffeemaschinenmarke Francis

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Francis Führungsprinzipien

1. Immer Neues an- und die Leute mitreissen.

2. Nicht Macht ausüben, sondern begeistern können.

3. Ein Magnet ist besser als ein Tritt in den Hintern.

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Firma

Francesco Illy ist Inhaber der Firma Francis Francis! in Küssnacht am Rigi und besitzt noch einen Viertel der Firma Illy Café in Triest. 22 Personen arbeiten in Küssnacht am Rigi, in Triest 400. Die Firma Illy Café in Triest macht einen Umsatz von 360 Mio Fr. In der Schweiz macht die Firma 11 Mio Fr. Umsatz.