Sie wechseln von einem Weltkonzern zu einem Hilfswerk. Gibt es religiöse Gründe dafür, oder waren Sie die grosse Bühne leid?
Bernhard Metzger*: Weder noch. Als langjähriger Unterstützer der Migros Kids School in Indien und als Kinderpate von World Vision Schweiz hatte ich immer einen etwas tieferen Einblick in effiziente Entwicklungszusammenarbeit. Nun habe ich mein bisher privates Bedürfnis, die Lebensumstände von benachteiligten Kindern, deren Familien und Umfeld zu verbessern, zu meinem vollzeitlichen Berufsengagement gemacht.

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Immer wieder beschwert man sich über teure Business-Class-Flüge von Hilfswerk-Vertretern. Wie ist das bei Ihnen geregelt?
Regelmässige Reisen von Mitarbeitenden in die Projektländer sind uns wichtig, damit der Fortschritt verfolgt und dokumentiert werden kann. Das ist unsere treuhänderische Verpflichtung gegenüber unseren Paten und Firmenkunden. Das Reisereglement von World Vision Schweiz sieht vor, dass immer die günstigste Reisevariante gewählt werden muss, für Flugreisen also ausschliesslich Economy Class – unabhängig von der Reisezeit.

Wie hat sich die Spendenbereitschaft der Schweizer für ausländische Projekte verändert?
Den Spendern sind primär die Effizienz und die Wirkung ihrer Spende am Zielpunkt wichtig. Bei World Vision Schweiz bürgen wir dafür, dass mehr als 80 Rappen eines Spenderfrankens direkt ins Projekt im entsprechenden Land fliessen. Da wir mit eigenen lokalen Mitarbeitenden in über 100 Ländern tätig sind, haben wir die Kontrolle über den gesamten Prozess und müssen nicht wie andere Hilfswerke oder Sammelorganisationen auf Drittunternehmen als Implementierungspartner zurückgreifen.

Welche Schwerpunkte werden Sie bei World Vision Schweiz setzen?
Das Kinderhilfswerk zählt in der Schweiz seit 35 Jahren zu den effizientesten und renommiertesten Entwicklungshilfsorganisationen. Dies wird einerseits durch die strenge «SQS-Zertifizierung», die «ISO-9001»-Qualitätsstandards und das «NPO-Label für Management Excellence» bestätigt. Und andererseits durch die Akkreditierung und enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und mit UN-Organisationen wie World Food Programme, WHO, UNHCR. Bei Teilen der Schweizer Bevölkerung ist dies noch zu wenig bekannt und muss folglich mit verschiedenen Massnahmen kontinuierlich kommuniziert werden. Darüber hinaus möchten wir unsere grosse Expertise in der Not- und Katastrophenhilfe, wo unsere Organisation den Menschen innert Stunden mit ersten Massnahmen vor Ort helfen kann, noch besser bekannt machen, gerade auch in Bundes-Bern.

Was ist Ihr liebstes digitales Gadget?
Mein iPhone, das mir ermöglicht, überall auf der Welt erreichbar zu sein und alles bildlich festzuhalten.

Welches sind Ihre wichtigsten Führungsprinzipien?
Ich will nahbar, klar, authentisch, leidenschaftlich und ehrlich sein.

Von wem haben Sie am meisten gelernt?
Generell sind mir Menschen Vorbilder, die sich mit ihren Meinungen exponieren, die nicht mit dem Strom schwimmen, die positiv denken und die sich nach Tiefschlägen immer wieder aufraffen und Neues wagen. Einer, der dies immer wieder unter Beweis gestellt hatte, war Gottlieb Duttweiler, der Gründer der Migros.

Was ist Ihre grösste Sorge?
Dass ich den Mut und Drang verliere, auch Unbequemes anzusprechen und Neues zu erkunden und zu lernen.

Ihr Lieblingsbuch?
«The Wisdom of the Crowds» von James Surowiecki, das eindrücklich beschreibt, dass auf lange Sicht die Entscheide mehrerer Laien zu einem besseren Resultat führen, als die Entscheide eines einzelnen Experten.

Was stimmt Sie traurig?
Wenn es leidenden Menschen trotz fremder Hilfe nicht gelingt, sich aus ihrer Misere zu befreien.

Was tun Sie in Ihrer Freizeit?
Die verbringe ich am liebsten im geselligen Rahmen mit Familie und Freunden – oder beim Joggen und an Bergläufen mit unserem Hund Nora.

Welche Küche ist Ihnen am liebsten?
Diejenige meiner Frau. Sie ist eine super Köchin und weiss, was ich gerne mag.

Kochen Sie auch selber?
Ab und zu gelingt es mir, bei der Menüwahl Einfluss zu nehmen. Aber durch die Kochkünste meiner Frau und unseres Sohnes Jonathan, der den Kochberuf erlernt, kriege ich keine Gelegenheit dazu, mein «Talent» unter Beweis zu stellen.

Was würden Sie gerne erfinden?
Etwas Einmaliges, das für viele Menschen einen nachhaltigen Nutzen hat.

Wie wichtig ist Ihnen Geld?
Ich versuche tagtäglich zu lernen und zu leben, dass ich meine Entscheide nicht am Geld festmachen möchte. Dies ist mir zumindest beim Entscheid, für World Vision Schweiz zu arbeiten, ganz gut gelungen...

Wie wohnen Sie?
Ich wohne zusammen mit meiner fünfköpfigen Familie und unserem Hund in einem Einfamilienhaus im Grünen.

Wohin werden Sie als nächstes verreisen, und wo waren Sie in Ihren letzten Ferien?
Ich plane im Moment verschiedene Projektbesuche, einerseits in Afrika (Simbabwe) und in Asien (Nepal und Bangladesch). Meine letzten Ferien habe ich in den Bündner Alpen verbracht.

Welche Musikstücke hätten das Potenzial, so etwas wie Ihre persönliche Hymne zu sein?
Als emotionaler Typ mag ich tiefgründige Songs wie beispielsweise die Filmmusik von Forrest Gump oder den Song «If I had only known» von Reba McEntire.

Welchen Lebenstraum wollen Sie sich erfüllen?
Weiterhin das zu tun, wovon ich überzeugt bin und woran ich Freude habe.

*Bernhard Metzger (51) hat sich nach einer Lehre als Speditionskaufmann und nach mehrjährigen beruflichen Auslandaufenthalten in den USA, in Hongkong und in Australien  kontinuierlich weitergebildet. So hat er sein Masterstudium an der Cranfield University in England und Weiterbildungen am Insead in Frankreich durchlaufen.