Die Projektgruppe des amerikanischen Nestlé Research Center war mit ihrem Latein am Ende. Das Problem der US-Nahrungsmitteltechnologen: Wie sprüht man ein Gemisch aus Fett und Kakao auf die Innenseite einer Cornetwaffel und verhindert gleichzeitig, dass die Flüssigkeit sich anschliessend in der Waffelspitze ansammelt? Etliche Tests blieben erfolglos. Aus Verzweiflung steckte man schliesslich ein Praliné in die Waffelspitze und pries dies als exklusives Extra des «Extrême»-Cornets der Nestlé-Marke Frisco an.

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Die Pralinés finden sich heute noch in der Waffel obwohl das Problem bereits seit längerem gelöst ist. Die Jato Düsenbau AG mit Sitz in Reussbühl bei Luzern hat die Wissenschaftler aus ihrem Dilemma gelotst. «Wir entwickelten für sie eine Spezialdüse, die das Medium aus dem richtigen Winkel mit genügend hohem Druck und korrektem Zerstäubungsgrad auf die Waffel sprühte», erklärt Geschäftsleiter Louis Kuster. Angenehmer Nebeneffekt für die Controller bei Nestlé: Mit den neuen Düsen können jährlich viele Tonnen Schokolade eingespart werden.

Hightech und Tradition

In einem kleinen Gewerbegebiet in Reussbühl bei Luzern entwickelt und produziert die Jato Düsenbau AG Hochpräzisionsdüsen für diverse Anwendungsbereiche. Die über 65-jährige Firma liefert direkt an Konzerne, aber auch an Zulieferer, welche die Düsen in ihre Systeme einbauen. Heute verfügt das Unternehmen weltweit über rund 1000 Kunden aus diversen Branchen, unter anderem aus der Nahrungsmittel- und Chemieindustrie, der Energiebranche oder aus der Stahlindustrie.

Die Produktionsstätte lässt nicht auf das breite Kundenportfolio schliessen. Die rund 20 Mitarbeiter arbeiten in einer überschaubaren Fabrikationshalle, «wie in vielen typisch schweizerischen KMU», kommentiert Kuster. Von Vergangenem mag man sich, ganz Familienbetrieb, nur schwer trennen. Zwischen den computergesteuerten Dreh- und Fräsautomaten findet sich auch eine gut 50 Jahre alte Drehbank. Der Geschäftsführer lacht verlegen: «Diese Maschine ist noch ein Überbleibsel aus alten Tagen. Die entsorgen wir jetzt endgültig.» Zudem, ergänzt er, werde man in diesem Jahr in neue Technologien investieren, um die Automatisierung der Produktion weiter voranzutreiben. Die Maschine kann den Menschen allerdings nicht in jedem Fall ersetzen. Spezielle Einzelstücke werden weiterhin von Hand angefertigt. «Gewisse Bohrungen für die Düsen sind so anspruchsvoll in der Herstellung, dass diese Stück für Stück von Hand gefertigt werden», erklärt Kuster. Die bislang grösste Lieferung betrug rund 1000 Düsen, die kleinste nur ein einziges Stück.

Die breite Kundenpalette der Jato Düsenbau überrascht. Ein Grund für die zahlreichen Abnehmer ist, dass jeder Kunde mit dem Kauf einer Düse gleichzeitig auch die Eigentumsrechte erwirbt. «Ist ein Zweitkunde an einer Düse interessiert, so bestimmt der Eigentümer den Geschäftsverlauf», sagt Kuster. «Andernfalls würde sehr bald kein Kunde mehr in die Entwicklung einer Spezialdüse investieren, die ein Konkurrent anschliessend zu einem Bruchteil der Kosten beziehen kann.» Mit dieser Strategie der Konzentration auf Nischenprodukte sei es möglich, sich gegen die grossen Massenhersteller, die hauptsächlich in den USA angesiedelt sind, zu behaupten. Laut eigenen Angaben ist Jato Düsenbau seit Jahren profitabel. 2003 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 3,5 Mio Fr.

Das Unternehmen generiert den Hauptumsatzanteil über das Exportgeschäft. Rund 70% der Produkte werden ins Ausland geliefert, grösstenteils in den EU-Raum. Weitere Abnehmer befinden sich in den USA, in Südamerika, Indien, Australien, Südkorea und in China. Am schnellsten wachse derzeit der asiatische Markt. «Die Chemie- und die Stahlindustrie gewinnen im überproportionalen Verhältnis an Bedeutung», so Kuster. Das Unternehmen hat auf diesen Trend reagiert und bedient heute Zulieferer der asiatischen Niederlassungen von Novartis und Roche.

So verschieden die Anwendungsbereiche der Düsen sind, so stark variieren auch die Preise. Das günstigste Produkt, eine einfache Wasserdüse, kostet 5 Fr. Das bislang teuerste Objekt entwickelte Jato Düsenbau für einen Chemiekonzern, der dafür ganze 15000 Fr. berappte. Der Preis einer Düse sagt aber nichts über deren Grösse aus. «Für eine Rauchgaswaschanlage in einer Kehrichtverbrennungsanlage entwickelten wir ein Objekt, das rund 6000 l Wasser in der Minute transportiert», sagt Louis Kuster. Diese Düse kostet aber weniger als die Spezialdüse für ein Befeuchtungssystem einer Solariumanlage, die maximal 0,8 l Wasser pro Stunde zerstäubt.

Eine Düse für jedes Medium

Während des Entwicklungsprozesses führen physikalische Berechnungen nicht immer ans Ziel. «Jedes Medium verhält sich anders», weiss Kuster. «Wasser, Öl oder Chemikalien können in einem Berechnungsmodell nicht gleichgesetzt werden.» Hier kommt die langjährige Erfahrung, die im Unternehmen steckt, zum Zug. Das Credo: Nicht nur der Theorie vertrauen, sondern auch empirisch arbeiten. «Mit umfangreichen Tests und dank viel Kreativität stossen unsere Techniker immer wieder auf die richtige Lösung», erklärt Kuster.

Ein weiterer wichtiger Punkt während der Entwicklungsphase ist die Materialwahl. Jato Düsenbau setzt alle gängigen Werkstoffe ein. «Die Palette reicht von Messing über Kunststoff bis zu hochlegierten, rostfreien Stählen, wie etwa Hastelloy oder Titan», schildert Kuster. Letztere Metallarten werden dann verwendet, wenn Medien mit besonders hohen Temperaturen transportiert werden müssen.

Firmen-Profil

Name: Düsenbau AG, 6015 Reussbühl.

Gründung: 1938, 1952 Umwandlung der GmbH in eine AG

Hauptaktionärin: Familie Ehrenzweig

Geschäftsleitung: Louis Kuster

Beschäftigte: 20

Umsatz: 3,5 Mio Fr.

Produkte: Entwicklung, Produktion und Anwendung von Spezialdüsen für Aircondition-Systeme, für die Stahlindustrie, die Chemie-, Lebensmittel- und Energieproduktion sowie für die Turbinentechnik.

Internet: www.jato.ch