Die Auslagerung komplexer Logistikdienstleistungen ist gefragt wie nie zuvor. Entsprechend zukunftsträchtig sind die Aussichten der Logistikdienstleister in diesem Bereich. Neben den klassischen Transportdienstleistungen, wie Luft- und Seefracht, nimmt die Kontraktlogistik einen immer höheren Stellenwert ein. Die Übernahme komplexer integrierter und ganzheitlicher Logistikdienstleistungen entlang der kompletten Supply Chain bedeutet für die zahlreichen Unternehmen in diesem Sektor eine grosse Herausforderung, gleichzeitig stellt sie eine erhebliche Chance dar, sich durch ein engmaschiges logistisches Netzwerk von der Konkurrenz abzuheben. Die jüngsten Akquisitionen im Bereich Kontraktlogistik zeigen, dass die wichtigsten Player in dieser Sparte alles daran setzen, um über eine ausreichende kritische Grösse zu verfügen, die es ihnen erlaubt, für weltweit tätige Konzerne das Management der gesamten Supply Chain übernehmen zu können.

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Die Megafusion Deutsche Post World Net und Exel

Die spektakulärste Übernahme im Logistikbereich und insbesondere in der Kontraktlogistik kündigte vor wenigen Wochen die Deutsche Post World Net (DPWN) an. Für rund 5,5 Mrd Euro will die einstige Deutsche Post den Marktleader in der Kontraktlogistik Exel übernehmen. Addiert man die 1,8 Mrd Euro Umsatz von DHL Solutions zu den 5,57 Mrd Euro Umsatz von Exel, ergibt sich für DPWN/Exel die unbestrittene Nummer-1-Position mit derzeit wohl uneinholbaren 7,37 Mrd Euro Umsatz in der Kontraktlogistik. Gleichzeitig steigt DPWN mit einem konsolidierten Gesamtumsatz von rund 52 Mrd Euro zum weltweit klar grössten Transportunternehmen in der See- und Luftfracht auf.

Geht also der Gigantismus im Bereich der weltweiten Logistik und insbesondere in der Kontraktlogistik weiter? Die Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden. Auszuschliessen sind weitere Akquisitionen nicht, aber deren Grössenordnung dürfte wohl eher abnehmen. Experten schätzen das Umsatzvolumen in der Kontraktlogistik für das Jahr 2004 auf rund 150 Mrd Euro. Bis zum Jahr 2007 soll ein Volumen von rund 210 Mrd Euro erreicht werden. Berücksichtigt man, dass die zehn grössten Anbieter im Bereich Kontraktlogistik gerade mal ein totales Umsatzvolumen von rund 22 Mrd Euro erreichen, dann wird ersichtlich, dass in dieser Sparte noch viel Raum für Übernahmen vorhanden ist.

Einige konzentrieren sich auf Europa

Andererseits hat sich der noch vor wenigen Jahren prophezeite Trend zum One-stop-Shopping, konkret das Outsourcing der Logistik an einen einzigen Logistikdienstleister, in jüngster Zeit eher wieder etwas abgeschwächt. Dies bedeutet, dass auch Logistikdienstleister, welche nicht über eine weltweite Präsenz verfügen, durchaus intakte Marktchancen besitzen. Ein Beispiel dafür ist die vorwiegend in Europa tätige Fiege-Gruppe. Das Unternehmen hat bereits vor einigen Jahren damit begonnen, ein europäisches Netzwerk qualitativ hoch stehender Logistikstandorte aufzubauen und sich darüber hinaus mit seinen so genannten Mega-Centern die notwendigen Lagerkapazitäten geschaffen. «Wir hatten als einer der ersten Kontraktlogistiker ein europäisches Netzwerk hochqualitativer Logistikstandorte aufgebaut und mussten uns dann wundern, dass uns die Nachfrager logistischer Dienstleistungen nicht die Tür eingerannt haben. Inzwischen wissen wir, dass wir weit vor dem Markt waren. Industrie und Handel fordern erst jetzt verstärkt europäische Logistikkonzepte», erklärt Heinz Fiege, der zusammen mit seinem Bruder Hugo Fiege den Konzern leitet.

Zukunftssichernde Investitionen in den EU-Beitrittsländern und neue Akquisitionen stehen deshalb ganz oben auf der strategischen Agenda der Fiege-Gruppe. «Wir wachsen kontrolliert mit unseren Kunden, so mit Bridgestone», nennt Heinz Fiege ein Beispiel. «In Hamburg entsteht ein neues MegaCenter für die Versorgung Nordeuropas mit Pneus; von Süddeutschland aus werden wir Teile Frankreichs mit bedienen, und in der Tschechischen Republik entsteht demnächst das Flaggschiff der Reifenlogistik, die von Polen bis Italien reichen wird.» Angesprochen auf die weitere Konsolidierung im europäischen Kontralogistikmarkt und den Kauf der britischen Exel durch die Deutsche Post World Net (DPWN) sind sich die Brüder Fiege einig: In der Weltlogistikliga spielen sie als klar auf Europa fokussierter Logistiker nicht.

Die beiden Firmeninhaber rechnen aber mit einer gewissen Sonderkonjunktur für europäische Logistiklösungen, vor allem wenn spezialisierte Logistikanbieter mit hoher Flexibilität gefragt sind. Die fortwährende Modernisierung der Logistikanlagen und der IT-Infrastruktur lässt sich Fiege jährlich 30 Mio Euro kosten. Alle zwei Jahre kommt eine zusätzliche Grossinvestition für ein weiteres Logistik-Center hinzu; in den nächsten drei Jahren stehen hier Investitionen von 150 Mio Euro in Logistiksysteme an. «Wir haben eine sehr gute Liquidität, die für die Finanzierung weiterer Grossprojekte zur Verfügung steht», stellt Hugo Fiege fest.

Kontraktlogistiker wie die FiegeGruppe bauen auf ein kompetentes Team von Spezialisten im Logistikmanagement. Die Kompetenz der einzelnen Unternehmenssparten liegt in der Planung, Realisierung und Koordination integrierter Logistiksysteme, die weltweite Warenströme in ihrer Komplexität beherrschbar machen. Die Bandbreite reicht von der Standortplanung, der Entwicklung der IT-Strukturen und -Schnittstellen über die Planung der Gebäude- und Materialflüsse bis hin zum täglichen Betrieb. Die Modellkonzepte der Mega-Center, kürzlich ausgezeichnet mit dem Frost & Sullivan «Product Innovation Award», haben die Fiege-Gruppe zum Systemführer im Warehousing gemacht. Für einen oder mehrere Kunden wird eine Vielzahl logistischer Dienstleistungen unter einem Dach durchgeführt. Die durchgängige IT-Verknüpfung steigert die Effizienz, und kundenspezifische Mehrwertdienste erhöhen die Wertschöpfung innerhalb der Logistikkette.

Kühne + Nagel hat Ziel schon erreicht

Mit der geplanten Übernahme des Kontraktlogistikers ACR Logistics hat Kühne+Nagel-Konzernchef Klaus Herms sein Ziel, innerhalb der kommenden drei bis fünf Jahre in der Kontraktlogistik ein Umsatzvolumen von 3 Mrd Fr. zu erzielen, bereits jetzt schon erreicht. Zusammen mit ACR kommt K+N nun auf ein Umsatzvolumen von über 3 Mrd Fr. im Kontraktlogistik-Geschäft. Zudem kann die Präsenz sowohl geografisch wie auch in Bezug auf die Kundschaft durch die Übernahme von ACR synergetisch ergänzt werden. Zu den bisher von Kühne+Nagel betreuten Branchen Automobil, Luftfahrt, Hightech, Pharma und Industriegüter kommen dank ACR die Sparten Retail, Telekom sowie Industrie- und Konsumgüter dazu. Mit dieser Akquisition kann K+N auch dem deutschen Konkurrenten Deutsche Post World Net stärker als bisher Paroli bieten, übte doch Firmeninhaber Klaus-Michael Kühne Kritik an der Akquisition der Exel-Gruppe durch DPWN, insbesondere aber an deren Finanzierung.

Der Kampf um den Kunden in der Kontraktlogistik geht also weiter, denn der Markt steht nach Ansicht der Experten mit einer derzeitigen Auslagerungsquote von 27% noch am Anfang seiner Entwicklung.

Outsourcing spart Kosten

Der intensive Wettbewerbsdruck, ausgelöst durch die Globalisierung, wird die Industrie- und Handelsunternehmen auch in Zukunft zwingen, sämtliche Kosteneinsparungsmöglichkeiten zu nutzen. Mit der Auslagerung der Logistik kann hier ein entscheidender Schritt getan werden. Ausgehend vom derzeitigen Marktvolumen von rund 150 Mrd Euro und einer geschätzten Wachstumsrate von 12% pro Jahr sowie einem durchschnittlichen Kosteneinsparungspotenzial von 10%, errechnete die Unternehmensberatung AT Kearney akkumulierte Kosteneinsparungen von 14 Mrd Euro bis zum Jahr 2010. Eindrückliche Zahlen, die belegen, dass die Kontraktlogistik noch immer ein äusserst interessanter Zukunftsmarkt ist.



Kontraktlogistik-Markt

Umsatz 2004 (in Mrd Euro)

1. Exel 5.57

2. TNT Logistics 4.08

3. Wincanton 2.47

4. DHL Solutions 1.80

5. UPS 1.80

6. Fiege 1.50

7. Thiel 1.43

8. ACR Logistics 1.28

9. Christian Salvesen 1.24

10. Kühne + Nagel 1.17

11. Geodis 0.90

Neue Situation

1. DWPN/DHL/Exel 7.37

2. TNT Logistics 4.08

3. Wincanton 2.47

4. Kühne + Nagel/ACR 2.45

5. UPS 1.80

6. Fiege 1.50

7. Thiel 1.43

8. Christian Salvesen 1.24

9. Geodis 0.90

Quelle: Geschäftsberichte / «HandelsZeitung»