Unter Strassenlärm leiden rund 565 000 Schweizerinnen und Schweizer. Knapp halb so viele stört die zu laute Bahn. Und dann sind da jene 88 000 Menschen, die zu viel Fluglärm rund um den Flughafen Zürich-Kloten zu ertragen haben. Viel Leid zwar – aber angesichts der Grössenverhältnisse viel Lärm um nichts?

Niemand käme auf die Idee, die Autolobbyisten oder den obersten Bähnler, SBB-Chef Benedikt Weibel, für den Preis moderner Mobilität verantwortlich zu machen. Im Gegenteil: Wenn der Genfer Autosalon ruft, kommen Zehntausende, womöglich angereist mit dem Zug.

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Beim Flughafen Zürich und bei dessen Betreibergesellschaft Unique ist das anders. Die Figur, die allen Lärm verkörpert, heisst Josef Felder, seit sechs Jahren CEO von Unique und voll im Visier von zornigen Flughafengegnern, Hausbesitzern in Flugschneisen, lärmgeschädigten Mietern, standortbesorgten Dorfhonoratioren von Schwamendingen bis Jona, zürcherischen SVP- und SP-Politikern. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Josef Felder sitzt am fein säuberlich aufgeräumten Pult in einem Eckzimmer des Firmengebäudes. Eine Fensterfront trennt seine stille Bürowelt von den lauten Jets. Im Rücken, in einer Vitrine, sind Flugzeugmodelle parkiert. Auf einem davon steht «Feldair» geschrieben. Dahinter eine halbhohe Stellwand, die wie ein Provisorium wirkt. Drei weisse Orchideen hat er sorgsam hinter seinem Schreibtisch hingestellt. Ihr Anblick vermittelt Ruhe.

Die braucht dieser Mann. Er sitzt aufrecht da, angespannt, spricht von langfristiger Optik und gesellschaftlicher Verantwortung für das Tor, durch das die Schweiz mit der Welt Kontakt halte. Josef Felder ist ein Getriebener und Gehasster ohnegleichen. «Ein armer Kerl. Ich möchte nicht mit ihm tauschen», sagt ein Geschäftspartner.

Zur Person
Josef Felder


Josef Felder (42) wuchs als ältester Sohn in einfachen Verhältnissen im luzernischen 4000-Seelen-Dorf Wolhusen auf, am Eingang zum Entlebuch. Felder, der fünf Geschwister hat, verlor mit sechs Jahren seinen Vater. Als Kaufmann, Buchhalter und Controller arbeitete er in der Autobranche, bei Rohstoffmakler Marc Rich, bei der Hapimag und ab 1989 als Leiter der betrieblichen Buchhaltung bei der Crossair. Dort stieg er bis in die vierköpfige Geschäftsleitung auf. Seit 1998 ist er CEO von Unique.

Josef Felders Gesicht bleibt meist regungslos, wenn er spricht. Dann und wann huscht die Andeutung eines Lächelns darüber, mehr ein Zucken der Mundwinkel. Wenn er sich angegriffen fühlt, verengen sich seine Augen für einen Sekundenbruchteil zu Schlitzen. Das ist oft der Fall.

Die Front gegen Felder wächst: Über 400 000 Menschen leben in Wohngebieten, die in An- und Abflugschneisen liegen. Zählt man Zürich Schwamendingen hinzu, sind es noch viel mehr. Allein am letzten Tag im Januar haben zehntausend vor dem Flughafen demonstriert. Sie haben gegen die im vergangenen Herbst eingeführten Süd- und Ostanflüge protestiert. Die letzten 15 Kilometer vor den Start- und Landepisten führen immer über zürcherischen Boden. Es gibt kein Entrinnen: Der Unique-Chef ist von Gegnern umzingelt. Wo Laudatoren anno 1948, bei der Eröffnung des Interkontinentalflughafens, Jubelreden über Prosperität hielten, wo 1995 der Urnensieg für die fünfte Ausbauetappe des Airports begossen wurde, herrscht heute Katerstimmung. Die 1 223 101 Zürcherinnen und Zürcher wollen zwar fliegen und wichtiger Wirtschaftsstandort sein. Nur den resultierenden Lärm, den mögen sie nicht.
Josef Felder, ein hoffnungslos Verlorener zwischen den Fronten?

Nein. Das sei er keineswegs. Er ist bemüht, in seiner Stimme Konzilianz mitschwingen zu lassen. Ganz leise ist Trotz, Wehrhaftigkeit zu hören. Die Reduktion seines Unternehmens auf eine Lärmquelle empfindet er als unsäglich.

Einer, der bald abtritt?

Nein. Seine Aufgabe sei noch nicht zu Ende geführt. Doch ganz ausräumen kann er den Eindruck nicht, dass er sich diese Frage im Stillen schon gestellt haben mag.

Ein Verkannter?

Nein, nein. Die Augen sind schmal. Er sagt: «Man kann einen Flughafen nicht gegen die Mehrheit der Bevölkerung betreiben.»

Doch genau das muss er tun. Dabei hat er kaum Bewegungsspielraum. Dies halten selbst die nicht für Sentimentalitäten bekannten Revisoren der KPMG fest. Im Anhang des eben erschienenen jüngsten Jahresberichts von Unique ist nachzulesen: «Unsicherheiten und Risiken, die weitgehend ausserhalb des Einflussbereichs des Unternehmens liegen, könnten auf Art und Umfang der Unternehmenstätigkeit und damit auf Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens erhebliche nachteilige Auswirkungen haben.»

Flughafen Zürich AG (Unique)
Werte vernichtet – Erwartungen geschürt


Wird das zwischen 2000 und 2003 in den Ausbau des Flughafens Unique zusätzlich investierte Kapital von mehr als einer Milliarde Franken heute als Verschwendung gewertet? Und: Hat der Markt das Vertrauen in das Management verloren?


Die Antworten auf diese Fragen lassen sich nicht allein auf Grund buchhalterischer Gewinnzahlen geben. Umsatzstagnation oder Gewinneinbruch sind für sich alleine nicht aussagekräftig. Wichtiger sind ökonomische Gewinnzahlen – im Wesentlichen der Economic Profit, das Mass für die periodische Wertschöpfung. Der Economic Profit zeigt den operativen Gewinn nach Berücksichtigung der Opportunitätskosten des eingesetzten Eigen- und Fremdkapitals.


Die OLZ & Partners Asset and Liability Management AG in Murten hat für BILANZ die Berechnungen vorgenommen. Das unabhängige Beratungsunternehmen ist auf Corporate-Finance-Fragen (unter anderem Unternehmensbewertung, Anreizsysteme) und Anlagestrategien spezialisiert. Ehemalige Mitarbeiter des Instituts für Finanzmanagement der Uni Bern haben es 2001 gegründet.


Performance 2000–2003


OLZ errechnet, dass der operative Gewinn von Unique im Jahr 2000 ausreichend war, um die Opportunitätskosten des eingesetzten Kapitals zu decken (Economic Profit von 3,3 Millionen Franken). 2001 bis 2003 war dies nicht der Fall. Der Economic Profit fiel negativ aus, weil Unique viel Kapital investierte, das sich noch nicht gänzlich nutzen liess.


Markterwartungen


Niemand kann mit Bestimmtheit vorhersagen, wie sich der Economic Profit in Zukunft entwickeln wird, aber der Kapitalmarkt hat diesbezüglich Erwartungen. Diese spiegeln sich in der Marktbewertung des Unternehmens. Ein Mass, das bei der Interpretation der Markterwartungen hilft, ist der Market- Value Added (Unternehmenswert minus investiertes Kapital). Der Market-Value Added misst die erwartete Wertschöpfung auf dem investierten Kapital beziehungsweise den erwarteten Wert der Economic Profits. Im Jahr 2000 betrug der Market- Value Added 581,8 Millionen Franken. Der Markt bewertete damals einen in Unique investierten Franken mit 1.34 Franken (siehe Market-to-Capital Ratio).


Der Market-Value Added war im vergangenen Jahr negativ bei einem Wert von minus 444,9 Millionen Franken. Im Vergleich zum Jahr 2000 hat der Markt seine Erwartungen komplett geändert. Einem in Unique investierten Franken wird heute noch ein Wert von 84 Rappen beigemessen. Widerspiegelt der heutige Aktienpreis tiefe Erwartungen an das Management? Wenn das operative Ergebnis konstant auf dem Niveau von 2003 bliebe, läge der aktuelle operative Wert von Unique bei rund 1,3 Milliarden Franken. Der Markt bewertet das Unternehmen jedoch mit rund 2,3 Milliarden Franken. Die Differenz von einer Milliarde entspricht dem erwarteten Wachstumswert. Der Anteil des Wachstumswerts am Unternehmenswert (44 Prozent) widerspiegelt grosse Erwartungen an die Führung von Unique: Die Anleger fordern vom Management eine massive und nachhaltige Verbesserung des Economic Profit.


Schlussfolgerung


Der Kapitalmarkt wertet die Erweiterung des Flughafens bislang als Fehlinvestition. Das ist aber voreilig. Grund: Es handelt sich um ein langfristiges Infrastrukturprojekt, dessen Wert von der unsicheren Entwicklung des Passagieraufkommens abhängt.

Josef Felder kennt die unternehmerischen Unsicherheiten. Das Klumpenrisiko heisst Swiss: 59 Prozent der 280 000 Flugbewegungen auf den Start- und Landepisten gingen 2003 auf ihr Konto. 56 Prozent der 17 Millionen abgefertigten Passagiere sassen in einem Flieger mit dem Schweizerkreuz. Die Passagiergebühren nicht eingerechnet, trug die Swiss rund 16 Prozent zum Umsatz des Flughafens bei. Zählt man die Gebühren hinzu, meint Unique-Finanzchef Beat Spalinger, stammt jeder zweite Umsatzfranken des Flughafens von der Swiss. Bei einem erneuten Grounding hätte Unique ein ernsthaftes Problem – und die Flughafenanwohner dafür eines weniger. Die Flugbewegungen würden kurzfristig dramatisch einbrechen.

Kommt hinzu: Keiner weiss, was das von Unique mitinitiierte Mediationsverfahren mit der lärmgeplagten Bevölkerung bringen wird. Niemand kann vorhersehen, was die hängigen Klagen der Eidgenossenschaft beim Gerichtshof der EU gegen die Ost- und Südanflüge bringen werden. Unklar ist auch, wie weit die finanzielle Kraft der börsenkotierten Flughafen AG reicht (siehe «Werte zerstört – Erwartungen geschürt» auf Seite 40), vor allem wenn milliardenschwere Entschädigungsforderungen von Anwohnern vor Gericht erstritten würden. Auch wenn Unique es im letzten Jahr gewollt hätte: Auf Grund der Verschuldung wäre sie nie in der Lage gewesen, Rückstellungen für kommende, von ihr auf maximal 1,5 Milliarden Franken geschätzte Entschädigungszahlungen an Lärmgeplagte vorzunehmen.

So viel zum Geschäftsfeld des Josef Felder, der zwischen einem Bahntrassee und einer viel befahrenen Kantonsstrasse im luzernischen Wolhusen geboren wurde, in einfachen Vehältnissen aufwuchs und nun in einem Büro neben der Piste arbeitet. Josef Felder ist ein Gefangener in einem System von Faktoren, die er nicht verändern zu können glaubt.

Felder spricht langsam und eindringlich. Er ist bemüht, Vertrauenswürdigkeit zu verströmen. Bei Unique zu arbeiten, heisst, einer grossen Idee verpflichtet zu sein. Dass die Schweiz einen Interkontinentalflughafen braucht. Unique zu sein, bedeutet, einen gewichtigen Auftrag zu erfüllen: Trotz Anfeindungen von allen Seiten an den historischen Wurf zu glauben. Das beseelt, schweisst die Mannschaft zusammen und erleichtert die Abwehrarbeit. Dankbarkeit dürfen Felder und sein Team erst in ferner Zukunft erwarten, dann, wenn die tobenden Stürme durchlitten sein werden. Der Flughafen selber hat längst neue, weniger volatile Einnahmenquellen erschlossen. Parkplatzgebühren. Mieteinnahmen. Unique wird zum Event- und Kongresszentrum aus- und umgebaut.

Dieser Mann will keineswegs bange in die Zukunft blicken. Nur die sich immer wieder verengenden Augen stören bisweilen die Fassade der Zuversicht.

Mit einer fast grenzenlosen Zuversicht trat der ehemalige Buchhalter und damalige Crossair-Marketingchef Josef Felder den Job an, damals im Jahr 1998, als er, noch nicht einmal 40-jährig, zum ersten CEO der neu gegründeten Flughafen Zürich AG (Unique Zurich Airport) berufen wurde. Ausgewählt von den prominentesten Kopfjägern im Land, den Executive-Search-Spezialisten der Egon Zehnder AG. Portiert von Ulrich Bremi, dem Politschwergewicht, und dem Zürcher Volkswirtschaftsvorsteher Ernst Homberger, den beiden geistigen Vätern von Unique, dem Fusionsprodukt der Flughafen-Immobiliengesellschaft (FIG) und der kantonalen Flughafendirektion (FDZ). Zu verlockend war das Angebot für Felder, einen Flughafen im Herzen Europas managen zu können, der auf Expansion programmiert war. Mit einem Home-Carrier namens Swissair, der als «Hunter» mit Vollgas auf Wachstum setzte und 1998 einen der besten Geschäftsabschlüsse in der Geschichte präsentierte. Ein Flughafen schliesslich, der den Börsengang anvisierte, um sein Management-Know-how im grossen Stil auf der ganzen Welt zu vermarkten. Unique als positives Beispiel einer Zeit des «anything goes», des Börsenhypes und der New Economy. Limiten des Wachstums existierten nur im eigenen Kopf.

Doch spätestens seit dem Grounding der Swissair im Herbst 2001 musste Joef Felder sparen, kürzen, reorganisieren. Der Innerschweizer lernte, Docks zu schliessen, Personal abzubauen, eine neue Flughafenführung zu installieren und im letzten Jahr Finanzierungskrisen mit langfädigen und komplizierten Umschuldungsverhandlungen zu meistern.

Die jüngsten Meldungen von Unique-Vorhaben im indischen Bangalore und auf einer Venezuela vorgelagerten Insel sind die letzten Zuckungen eines imperialen Businessplans. Die Zeit und die Schulden haben ihn erledigt.

Nur Josef Felder ist noch immer da. Warum eigentlich? Selten ist ein vorwärts stürmender, eroberungshungriger Euphoriker, wie Felder einer war, auch ein guter Turnaround-Manager. Felder verweist an den Verwaltungsrat. Zwei tiefe Furchen haben sich um seine Nase eingegraben. Die waren noch nicht da, als er die Unique-Kommandobrücke erklomm.

Unique-Verwaltungsratspräsident Andreas Schmid sagt, dass der aus drei Regierungsräten, einem Zürcher Stadtrat und vier Vertretern der Privatwirtschaft bestehende Verwaltungsrat in den letzten vier «Dauerkrisenjahren» an keiner Sitzung über einen Abgang von Felder debattiert habe: «Das stand nie zur Diskussion.» Aus anderer Quelle ist indes zu erfahren, dass der ehemalige Vizepräsident, Regierungsrat Ruedi Jeker, dem felderschen Management nur wenig Vertrauen und Respekt entgegenbrachte.

Schmid attestiert Josef Felder, während bald fünf Jahren «seine Aufgabe sehr gewissenhaft, fundiert und souverän wahrgenommen» zu haben. «Er hat auch unter äusserst widrigen Umständen – mitten in einer negativen Marktentwicklung und beim Swissair-Grounding – hervorragende Arbeit geleistet.»

Doch der Chef, Josef Felder, sei ob all den Aufträgen ein wenig melancholisch geworden, meint ein Weggefährte aus alten Tagen.

Wann genau der Bruch erfolgt sei, möchte man vom Flughafen-CEO wissen. Die Antwort kommt blitzschnell. Im Mai 2000 musste Unique die Piste 28 während neun Wochen sperren, weil der Tunnelbau für das neue Dock Midfield dies verlangte. Erstmals flogen Maschinen den Airport von Süden her an. Die betroffene Bevölkerung reagierte wutentbrannt. Dann implodierte die Swissair. Josef Felder sagt: «Seit dem Grounding der Swissair sind wir in einer Krisensituation und wenden unsere geplanten Szenarien an.»

Die Aussenkommunikation von Unique hielt nicht Schritt mit der Entwicklung am Flughafen und dem inneren Wandel des Managers zum Sanierer. Zu lange noch bevölkerten nach dem Herbst 2001 Grossmannsfantasien die Skripts. Felders zuvor wohltuend aufgenommene Zurückhaltung wurde plötzlich als Arroganz ausgelegt. Versuche, witzige Bemerkungen in ein Referat einzustreuen, als zynische Absonderungen eines auf blosses Wachstum abonnierten Managerhirns ausgelegt. Felder reagierte verärgert auf solche Vorwürfe. Auf Kritik, sagen Leute, die ihn kennen, antworte der Unique-Chef mit Rückzug. Er verstumme. Dieses Missverstehen zwischen Unique und der Öffentlichkeit ist inzwischen ritualisiert.

Veranstaltungen zum Thema Lärm und Flughafen meidet Felder heute, wo er kann. Er hat gelernt, seit er einmal in der «Arena» des Schweizer Fernsehens mit dem Zeigefinger auf die Kritiker deutete und diesen entgegenschleuderte: «Ich mache keinen Lärm – ich organisiere Ihren Lärm! Das ist Aufgabe des Flughafens!» Das kam nicht gut an.

In dieser Art würde sich der neue Josef Felder nicht mehr artikulieren. Doch in seiner Grundhaltung ist er derselbe geblieben. Dies ist ein Grund für seine grassierende Unbeliebtheit. Dass er hartnäckig unbequeme Gedanken verbreitet und womöglich Recht hat.

Josef Felder macht in seinem Büro Aussagen wie diese: «Wir sind in einer gesellschaftspolitischen Phase, in der man nicht mehr bereit ist, negative Auswirkungen seines eigenen Tuns zu tragen. Das erleben wir bei den Handy-Antennen. Im Gesundheitswesen.» Oder, auf den Flughafen bezogen: «Wenn das Land wirklich den Weg des nachhaltigen Wachstums gehen will – und dies wollen derzeit alle von der rechten bis zur linken Seite –, dann ist dies nur über ein Wachstum der Aussenwirtschaft zu erreichen.»

Wie viele Flugbewegungen braucht es dazu?

«Eigentlich müsste es so sein, dass die Gesellschaft die Bestellungen formuliert», sagt Josef Felder. «Wir stellen dann die Infrastruktur zur Verfügung. Das ist bei den SBB nicht anders.»

Seine Antwort ist konsequent, denn Unique sieht er heute als einen reinen Dienstleister. Sauber wie sein Büromobiliar hält er dieses Unternehmen: Infrastruktur bereithalten. Service abliefern. Rendite erwirtschaften. Die Kundschaften am Dock (die Reisenden) und am Desktop (die mit Aktien Handelnden) zufrieden stellen. Und neu: das Nichtfluggeschäft massiv ausbauen. Unique-Verwaltungsratspräsident Andreas Schmid und CEO Felder hatten 2001 die Geschäftsleitung des Unternehmens auf Linie gebracht.

1995 war bei der Flughafenabstimmung von 34 Millionen Passagierkapazität die Rede, was eine Verdoppelung der heutigen Zahlen bedeuten würde. Jetzt sei wieder die Gesellschaft an der Reihe. «Welche Wachstumspolitik will die Gesellschaft? Woher soll das Wachstum kommen? Wie soll die Aussenwirtschaft aussehen? Davon abgeleitet: Welche Zivilluftfahrt braucht es dafür?», fragt Felder.

Letzte Frage in dieser Kaskade: «Welchen Flughafen braucht diese Schweizer Zivilluftfahrt?»

Josef Felder sagt ganz höflich: «Aber die Schweiz geht den umgekehrten Weg und streitet als Erstes darüber, wie viele Flugbewegungen es geben soll.» Zum ersten Mal während des Gesprächs schwingt Empörung in seiner angenehmen Stimme mit. Die beiden Falten graben sich ins Gesicht.

So sieht ein Leidender aus, der vieles aushält und nur ganz selten aus seiner Rolle fällt.

Dabei könnte es ein ganz gutes Jahr werden für Josef Felder. Regierungsrat Ruedi Jeker hat inzwischen das Flughafendossier an Kollegin Rita Fuhrer weitergereicht. Seither weht ein neuer Wind. Die Südanwohner hoffen auf den gekröpften Nordanflug. Am 15. September wird die fünfte Ausbauetappe abgeschlossen sein und das Airside-Center, die neue «Shoppingmall», eröffnen. Sie wird Felders Abhängigkeit vom zyklischen und fremdbestimmten Fluggeschäft verringern. Die Erwartungen des Kapitalmarktes ins Management sind gross.

Josef Felder sagt: «Wir haben hier eine langfristige Aufgabe.»

Auf dem Rollfeld bewegt sich eine Maschine der Thai Airways zur Startposition. Der Unique-Chef schaut auf die Uhr, schüttelt den Kopf. Er greift zum Telefonhörer, meint höflich, aber bestimmt: «Was ist da los?» Er will wissen, weshalb der eben startende Flieger dreieinhalb Stunden Verspätung hat.