Innovation ist mehr als nur eine Erfindung. Innovation ist Erfindung plus Markterfolg. Wie sehr ein Unternehmen diesen angestrebten Markterfolg mit der preislichen Brechstange erreichen will, wird dieser Tage beim orangen Riesen augenfällig: Die Migros vertickt Coffee B quasi zum Nulltarif. Die selbsternannte «grösste Produktinnovation in der Geschichte der Migros» wird drei Wochen lang verschenkt.

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Klar, auch wenn Coffee B mit seinen biologisch abbaubaren Kaffeebällchen eine ökologische Alternative zu den konventionellen Kapsel-Konzepten bieten will, kann sich das Migros-System dem üblichen Lock-in-Prinzip dieser Welt wohl nicht ganz entziehen. Jenes Prinzip, mit dem Kaffeemaschinen supergünstig in den Markt gedrückt werden, damit man die Kunden danach für das eigene System gewinnt – oder «einsperrt», wie das beim Terminus «Lock-in» gemeint ist.

Eine Strategie also, wie man sie auch bei Rasierern oder Druckern kennt: Basisprodukt verschleudern – und sich danach am Verkauf der Druckerpatronen, Rasierklingen oder Kapseln freuen. Ein Ökoblumentopf ist damit nicht zu gewinnen, doch es ist wohl der Marketingrhythmus, bei dem offenbar jeder mit muss.

Coffee B: Künftig preislich noch mehr draufzulegen, kann kaum die Lösung sein

Wie nachhaltig die preisliche Brechstange wirkt, scheint im Fall von Coffee B zweifelhaft. Wer sein Publikum langfristig per Tiefpreispolitik anzieht, gibt damit auch zu, dass der eigentliche Vorteil des Systems offenbar zu wenig Zugkraft hat. Oder dem Publikum noch zu wenig deutlich vermittelt worden ist. Kommt dazu: Der momentane Überraschungseffekt, das innovative Coffee-B-Produkt zum Nulltarif herauszuballern, verpufft nach Ablauf der aktuellen Aktionsfrist wieder. Und bei künftigen Angeboten noch mehr draufzulegen, kann für die Migros kaum die Lösung sein.

Um den angestrebten Markterfolg zu erreichen, muss mehr kommen von Coffee B. Verblüffende Eintauschaktionen vielleicht. Oder Konzentration auf den Trinkgenuss. Die grösste Degustation aller Kaffee-Zeiten. Eine Ambassadorin, die das Wesen von Coffee B in Reichweite verwandelt. Oder eine sonstige zündende Idee, welche das Alleinstellungsmerkmal des Systems publikumsnah dramatisiert und es damit in den Overdrive bringt. Wenn eine Dumping-Aktion um den Black Friday herum das stärkste Mittel bleibt, scheint der Markterfolg fern. Tiefe Preise alleine machen noch keinen Zaubertrank aus.

Es ist verfrüht, jetzt schon den Stab über Coffee B zu brechen. Aber sicher nicht zu früh, dem System mehr Schwung und Sinnhaftigkeit zu geben. Wer mit der «grössten Produktinnovation» der Firmengeschichte aufwartet, muss auch innovative Wege finden, seine Erfindung Konsumentinnen und Konsumenten schmackhaft zu machen. Sie zu begeistern. Der Nulltarif alleine schenkt nicht ein.