Der neue Trend zur Heimat manifestiert sich auch in der Getränkebranche. Letzte Woche verkaufte Feldschlösschen, das zum dänischen Brauereiunternehmen Carlsberg gehört, den Abfüllbetrieb der Passugger Heilquellen und die Markenrechte für Passugger und Allegra an die in Gründung befindliche Allegra Passugger Mineralquellen AG. Mehrheitsaktionär und Geschäftsführer ist der Bündner Urs Schmid. Er wird unterstützt von einer Bündner Unternehmensgruppe, die erst nach der Gründung an die Öffentlichkeit treten will. Feldschlösschen bleibt mit rund 10 % am neuen Unternehmen beteiligt.

Feldschlösschen konzentriert sich in ihrer eigenen Mineralwasserstrategie auf ihre beiden nationalen Marken Rhäzünser und Arkina und füllt zudem für Coop deren Eigenmarke Swiss Alpina ab. «Die Marke Passugger wurde in den letzten Jahren stark vernachlässigt. Früher wurden einmal 12 bis 16 Mio Liter produziert, heute sind es nur noch 10 Mio Liter», sagt der neue Passugger-Besitzer Schmid.

In Eglisau hat Feldschlösschen bereits vor zwei Jahren den Abfüllbetrieb für alkoholfreie Getränke an Thurella verkauft. Seit Juli bietet nun der Zürcher Gastronom Cello Rohr das wiederbelebte Wasser aus der Eglisauer Quelle unter der Marke «Zürcher Mineral» in Trendlokalen an und ist überzeugt, dank Lokalkolorit eine Nische gefunden zu haben.

Auch Schmid glaubt fest daran, dass er mit Passugger und Allegra bei seiner Kundschaft aus der Gastronomie und dem Getränkehandel erfolgreich sein wird, wenn er «als Vertreter der einzig unabhängigen Bündner Mineralquelle» auftritt - im Gegensatz etwa zu Valser, das dem Coca-Cola-Multi gehört.

Passugger soll weiterhin nur im Glas und nicht im Pet angeboten werden soll. Dieses Mineralwasser eignet sich daher weniger für den Detailhandel oder den Conveniencemarkt, wo immer mehr Kunststoff-Gebinde verlangt werden. Schmid will aber auf den Gastromarkt setzen. «In der Gastronomie und im klassischen Getränkehandel liegen unsere Chancen. Der Preisdruck ist im Detailhandel zu gross.» Und dieser drückt auf die Marge. So ist laut dem Verband SMS der Anteil der Ausgaben für Getränke im Schweizer Warenkorb gesunken.

Trotz neuen Nischen wird hart gekämpft im Schweizer Mineralwassermarkt. Die ausländische Konkurrenz ist gross: Importierte Wasser erreichen in der Schweiz mittlerweile einen Marktanteil von rund 33%. Insgesamt 60 bis 70 Anbieter buhlen um Schweizer Kehlen. Nach Einschätzung von Branchenkennern ist Henniez Marktführer, gefolgt von Migros, Feldschlösschen, Valser und Nestlé (siehe Grafik).

*Pet als Wachstumsmotor*

In der Schweizer Gastronomie lässt sich der Verkauf von Mineralwasser kaum mehr steigern. Denn zu viele Gastronomen graben einander gegenseitig das Wasser ab. «Mehr Wachstum ist in Convenience-Shops etwa an Tankstellen oder Bahnhofläden zu erwarten, wo Pet verlangt wird. Der Unterwegskonsum steigt um 15%», sagt Nicolas Rouge, Chef von Henniez. Doch die Investition in eine Pet-Anlage ist teuer. Laut Rouge kostet eine neue Abfüllstrasse rund 10 Mio Fr. «Es wäre schwierig, eine derartige Anlage in Passugg zu bauen», sagt Feldschlösschen-Sprecher Stefan Kaspar.

*Potenzial im Export*

Pläne hat der neue Passugger-Chef Schmid für das Auslandgeschäft. «Wir möchten dank den Kontakten eines bündnerischen Mitbesitzers unser Mineralwasser in ein bis zwei Länder exportieren.»

Der Exportanteil von Schweizer Mineralwassern ist klein. Denn die Marketingaufwendungen dafür sind gross. Letztes Jahr wurden 7,4 Mio Liter ausgeführt. Valser baut sein Exportgeschäft in kleinen Schritten auf. Bisher wurden 0,5 Mio Liter in Russland abgesetzt, in Polen erste Outlets beliefert, und in Taiwan wurde kürzlich Valser Wasser lanciert. Seit längerem ist Valser in Getränkefachmärkten in Süddeutschland erhältlich.

Das langjährige Wachstum im Schweizer Mineralwassermarkt ist im letzten Jahr eingebrochen. Das war nach dem Jahrhundertsommer 2003 zu erwarten. Aber auch in der ersten Hälfte 2005 war der Mineralwasserumsatz laut Verband der Schweizerischen Mineralquellen und Softdrink-Produzenten um 2% rückläufig. Dabei wurde Migros nicht berücksichtigt. Der grösste Detailhändler konnte laut ACNielsen seinen Umsatz ohne Tessin im ersten halben Jahr volumenmässig um 4,4% und wertmässig um 1,6% steigern.

Durch die Flutkatastrophe wurde der Mineralwasserkonsum wieder angekurbelt, da in Emmen und Thun kein sauberes Trinkwasser mehr vorhanden war. «Das allerdings mag das Wachstum nur kurzfristig stimulieren», sagt SMS-Verbandssekretär Patrick Schäfli. Wichtiger für das Geschäft mit dem Durst bleibt die langfristige Wetterlage.

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