Self-Checkout hat viele potenzielle Vorteile, für uns Konsumenten, wie auch für die Läden selbst. Kein Wunder erfreuen sich die Selbstbedienungskassen hierzulande zunehmender Beliebtheit. Doch in den USA und anderen Ländern, wo das System schon länger verbreitet ist, zeigen sich auch die negativen Seiten des Bezahlens ohne menschlichen Kontakt.

Für die Forscher der Universität Leicester ist klar: Self-Checkout erleichtert Diebstahl und gibt potenziellen Langfingern gleichzeitig eine praktische Ausrede für nicht-bezahlte Artikel. So können sie bei einer Kontrolle angeben, dass sie vergessen hätten, die Artikel zu scannen oder dass die Technologie versagt habe. Eine Täuschungsabsicht könne dabei meistens nur sehr schwer nachgewiesen werden.

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«Kundenbeziehungstechnisches Minenfeld»

Tatsächlich sind Fehler bei Self-Scanning auch ohne Vorsatz jederzeit möglich. Der Entscheid über eine Anklage gleiche für die Detailhändler deshalb einem «rechtlichen und kundenbeziehungstechnischen Minenfeld», so die Autoren der Studie. Dieses Problem schlägt sich zumindest in den untersuchten Läden in England, Belgien, Holland und den USA auch in den Zahlen nieder.

Eine Million Einkäufe mit insgesamt sechs Millionen Artikeln wurden genauer unter die Lupe genommen. Rund 850'000 davon wurden nicht eingescannt, was einem Wert von 4 Prozent des Gesamtwertes der Ware entsprach. Die Verlustrate lag damit 122 Prozent über dem Durchschnitt. «Wenn diese Verluste typisch sind, dürfte der ‹Service› den Detailhändlern nur wenig einbringen, wenn nicht in anderen Bereichen kompensiert werden kann», schliessen die Forscher.

In den USA scheint der Boom vorbei

In den USA sind einzelne Läden inzwischen sogar wieder zurückgerudert und haben das Self-Checkout durch bediente Kassen ersetzt. Die Supermarktkette Big Y nannte 2011 neben der fehlenden Akzeptanz durch die Kunden explizit auch Diebstahl als Grund für die Abschaffung der Selbstbedienungskassen.

Ein Ikea-Sprecher bestätigt im Grundsatz die Problematik auch für die Schweiz. «Wir sehen einen klaren Unterschied zwischen Ecokassen und bedienten Kassen bezüglich Diebstahl», sagt Aurel Hosennen. Das Diebstahl- und Betrugsrisiko sei bei den Ecokassen, wie Self-Checkout bei Ikea genannt wird, höher, obwohl auch diese Kassen immer beaufsichtigt seien. «Trotzdem überzeugen Ecokassen durch Komfort und Schnelligkeit», sagt Hosennen. Insgesamt habe man aber bei Ikea eine sehr niedrige Verlustquote im Vergleich zu anderen Läden.

Migros und Coop wollen weiter ausbauen

Die grossen Detailhändler Migros und Coop setzen trotz der Probleme im Ausland weiter auf Selbstbedienungskassen und wollen das Angebot ausweiten. Beide haben nach eigenen Angaben keine signifikanten Veränderungen bei den Diebstahlquoten festgestellt. Genaue Zahlen dazu wollen die Detailhändler nicht bekanntgeben.

Die Inanspruchnahme des Angebots nimmt jedenfalls auch hierzulande zu: Bei der Migros nutzen inzwischen 26 Prozent der Kunden Self-Checkout. Bei Coop sind 197 von 856 Verkaufsstellen mit Self-Checkout-Kassen ausgerüstet. «Der Kundenanteil variiert je nach Region und Verkaufsstelle zwischen 10 und 75 Prozent», schreibt der Detailhändler.

«Schweizer sind ehrlich unterwegs»

Mit der Diebstahlprävention ist man in der Schweiz weitgehend zufrieden. Obwohl die Firmen in diesem Bereich aus nachvollziehbaren Gründen nur sehr zurückhaltend kommunizieren, scheinen insbesondere die Stichproben zu wirken. «Die erwähnten Massnahmen haben sich bewährt», schreibt die Migros.

Beim Kaufmännischen Verband sieht man Unterschiede zwischen der Schweiz und den USA. «Die Schweizer sind beim Self-Checkout grossmehrheitlich sehr ehrlich unterwegs.» Aus Sicht des Berufsverbandes stehen beim Thema andere Probleme im Vordergrund. «Die Frage des Arbeitsplatzabbaus ist nach wie vor im Raum.»

Auch wenn nicht sofort Mitarbeitende abgebaut werden, würden Abgänge oft nicht mehr ersetzt. Doch die Automatisierung sei wohl nicht aufzuhalten. «Technologisch ist es leider eine Entwicklung, die nicht rückgängig gemacht werden kann», so der Verband.

Die Entwicklung geht weiter

Die Autoren der Studie glauben ebenfalls nicht an ein Ende der Automatisierung beim Einkaufen. Doch während sich die Sicherheit heute hauptsächlich auf die Überwachung der Kassen und Stichproben beschränke, könnten weitere Massnahmen die Diebstahlquote reduzieren, so die Forscher.

So könnte etwa die Anonymität der Kunden im Laden durch Mitteilungen über Apps reduziert werden. Big Data würde helfen, Besucherströme zu analysieren und verdächtiges Verhalten zu erkennen. Zusätzliches Verbesserungspotenzial gebe es auch durch an Produkten und Verpackungen angebrachte Sender und automatische Non-Scan-Warnungen. Es ist offensichtlich, dass auch beim Self-Checkout noch nicht das Ende der Entwicklung erreicht ist. Konsumenten können sich jedenfalls schon einmal auf weitere Neuerungen in ihrem Einkaufsalltag einstellen.