Wie die meisten Milliardäre spricht Samih Sawiris nicht gerne über Geld. «Wer nur ans Geld denkt, verpasst das Leben», sagt er im Hotel «Drei Könige & Post» in Andermatt. Ab einem bestimmten Wohlstandslevel sei es völlig überflüssig, das Geld weiter zu vermehren. «Ich kann nicht zehnmal am Tag essen, und wer ein Boot und ein Flugzeug hat, braucht dies nicht zwei- oder dreifach.» Arbeit sei für ihn in erster Linie eine Passion. Diese Passion besteht darin, Wert zu schaffen. Wie in El Gouna, wo er im Niemandsland in Ägypten eine Stadt geschaffen hat. Es freut ihn, dass heute 20000 Menschen dort leben. Es freut ihn, dass ein Abgänger der Schule von El Gouna direkt nach Harvard studieren geht. Das sind Erfolgsgeschichten.

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Auch Andermatt soll eine Erfolgsgeschichte werden. Es würde ihn freuen, wenn Andermatt eines Tages die Bekanntheit von St. Moritz hätte. Andermatt im Kanton Uri ist für ihn eine Herausforderung. Er will zeigen, dass er in einem komplizierten Land wie der Schweiz etwas unternehmen kann; in dieser hohen Liga. Er weiss, dass er für weitere Projekte in Europa an Andermatt gemessen wird. Seine Investoren beobachten das Geschehen sehr genau. Sawiris rechnet damit, dass es mehrere Jahre dauert, bis das Projekt schwarze Zahlen schreibt. Er kann damit leben, weil andere Projekte Geld bringen. Projekte in Jemen, Ägypten, Marokko, Oman.

Kein Einheitsstil

Sawiris investiert über 1 Mrd Dollar am Gotthard. Die Hotels werden eine gewisse Zeit brauchen, bis sie rentabel sind. Bei den Ferienwohnungen beginnt nächstes Jahr der Vorverkauf, über den ein Teil der Finanzierung läuft. Ungelöst ist bisher das Problem, wo die zahlreichen Arbeiter untergebracht werden sollen, wenn voraussichtlich im Frühjahr 2009 der Bau beginnt.

Es geht deutlich schneller voran als einst angenommen. Die erstaunlich tiefen bürokratischen Hürden, sagt Sawiris, senden auch Signale an andere ausländische Investoren. Die Medien haben bereits über russische Investoren berichtet, die sich für Göschenen interessieren sollen. In Andermatt sind die einzigen Landreserven für die lokale Bevölkerung vorgesehen, der Sawiris ein Schwimmbad und eine Feuerwehrstation finanziert. Alles andere ist verplant.

Nachdem die Gemeinden Andermatt und Hospental den Zonenplan überaus deutlich angenommen hatten, wurde kürzlich die Orascom-Tochter Andermatt Alpine Destination Company (AADC) gegründet. Schlüsselpositionen wie jene des Chief Operating Officers, des Finanzdirektors oder des Bauchefs sind bereits besetzt. Die politischen Verhandlungen führt der AADC-Verwaltungsrat Franz Egle. Kürzlich sind die Architektenteams bestimmt worden, die für einzelne Zonen zuständig sein werden – den Golfplatz, die Hotels, das Feriendorf, das Chalet-Dorf, das Gebiet um den Bahnhof, das Hallenbad. Der gebürtige Andermatter Tiefbauzeichner Benno Nager, der vor Jahrzehnten in die USA ausgewandert ist und dort mit der Entwicklung von Ferienresorts beschäftigt war, wird die Tätigkeiten koordinieren. Dabei wird den Architektenteams viel Freiraum gelassen. Sawiris will das so. Er will keinen Einheitsstil.

Zurückhaltung bei der Führung

Samih Sawiris ist in der Aufbauphase seiner Projekte jeweils stark präsent, überlässt dann aber, wenn alles rund läuft, die Realisierung seinen Leuten. Er hält sich aus der operativen Führung seiner Firmen weitgehend heraus. Wenn seine Manager einen Konsens finden, sollen sie handeln. Er konzentriert sich derweil auf das, was er am liebsten tut: Auf die Entwicklung zukünftiger Projekte.

Bei der lokalen Bevölkerung kommt Sawiris gut an. Die Sprache ist wohl der Schlüssel zu dieser hohen Popularität. Er hat in Kairo die Deutsche Schule besucht und in Berlin studiert – mit Abschluss als Diplom-Wirtschaftsingenieur an der Technischen Universität Berlin. Und er hat keine Berührungsängste – weder mit Bergbauern noch mit Vertretern von NGO. «Eigentlich bin ich ein Grüner», sagt Sawiris. Er habe Verständnis für ökologische Anliegen. Auf dem Land gibts einen Sumpf, und auf diesem Biotop werde er selbstverständlich keine Häuser bauen.

Sein Grossvater war ein dominanter Mann, Rechtsanwalt in Kairo, Landbesitzer. Dessen Land interessierte den Sohn – Samih Sawiris Vater – aber nicht. Dieser wurde selbstständiger Bauunternehmer – und befreite sich so von der väterlichen Dominanz. «Mein Vater hat daraus gelernt, nicht zu dominant mit uns Kindern zu sein. Das hat mir geholfen», sagt Sawiris.

Seine zwei Brüder führen Unternehmen in der Bauindustrie und in der Telekommunikation. Die Orascom Telecom seines Bruders betreibt in arabischen Ländern und in Italien Mobilfunknetze und ist die grösste an der Börse in Kairo gehandelte Firma. Teils besprechen die drei Sawiris-Brüder ihre geschäftlichen Entscheidungen, aber nur die strategischen Grundsatzfragen, denn eigentlich sind sie geschäftlich zu weit voneinander entfernt. «Ich kann meinem Bruder nicht sagen, ob er in Algerien besser mit Siemens oder Motorola kooperiert, weil ich zu wenig von seinem Business verstehe», sagt Sawiris.

Schon als Jugendlicher begann Samih Sawiris mit kleinen Motoren und Schlauchbooten zu handeln. Während seines Studiums stellte er in Ägypten Kleinboote her. Er kaufte eine kleine Fabrikhalle und stellte Arbeiter ein. Der Umsatz wuchs rasch auf 1 Mio Dollar. Die Fabrikation wurde grösser, es kamen neue Produktionsstätten hinzu, die ihm noch heute gehören. Allerdings beschäftigt er sich nicht mehr damit. Wie vieles andere hat er auch diesen Bereich delegiert.

Puritanische Werte

Eigentlich könnte sich dieser Mann längst zurückziehen, um sich auf seinem Reichtum auszuruhen. Doch er jettet immer neuen Zielen zu. Am liebsten, sagt er, seien ihm Langstreckenflüge. Dann kann er sich entspannen oder nachdenken. Etwa über Orte, die er neu erschaffen will. Dieser Hang zur rastlosen Produktivität hat calvinistische Züge.

Die Sawiris gehören jedoch zur christlichen Minderheit der Kopten, die in Ägypten ungefähr einen Zehntel der Bevölkerung ausmachen. Gelegentlich hört man von Übergriffen von Moslems auf Kopten – und neuerdings davon, dass Kopten zurückschlagen. «Es gibt diese Probleme», sagt Sawiris, aber sie seien die Ausnahme. Solange das politische System die Kopten nicht kategorisch in eine Ecke dränge und sie frei wirtschaften dürfen, könne die Situation nicht so dramatisch sein. Die Kopten seien sowieso weniger an Politik interessiert. «Die wollen in erster Linie Geschäfte machen.»

Dass der Terrorismus den Tourismus in Ägypten nachhaltig beeinflusst, glaubt Samih Sawiris nicht. «Das Risiko ist überschaubar, und zudem besteht auch in Madrid, London und Bali die Gefahr, Opfer von Terroranschlägen zu werden.» Nach jedem Anschlag sagen weniger Ägypten-Touristen ihre Reisen ab. Das beste Mittel gegen den islamischen Fundamentalismus sei die Öffnung gegenüber dem Westen. Statt knapp 10 sollten 20 bis 30 Mio europäische Touristen nach Ägypten reisen, sagt er. Das schaffe Vernetzung, kulturellen Austausch.

Samih Sawiris hat drei Kinder aus einer ersten Ehe und zwei mit seiner jetzigen Gattin, einer Ecuadorianerin. Er vertritt puritanische Werte. Er will, dass seine Kinder einmal Wert schöpfen. Sie sollen sich schämen, wenn sie Geld ausgeben, das sie nicht selbst erwirtschaftet haben. «Ich sage ihnen, dass sie sich nicht über das freuen sollen, was ich ihnen gebe, sondern über das, was ich nicht gebe.»

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ZUR PERSON

Steckbrief

Name: Samih Sawiris

Funktion: CEO und Chairman der Orascom Hotel & Development (OHD), Kairo

Alter: 50

Familie: Verheiratet, fünf Kinder

Karriere:

- 1989 Mit der Entwicklung der 30 Mio m2 grossen Stadt El Gouna am Roten Meer gründete er die OHD, das grösste Tourismusunternehmen in Ägypten. Neben El Gouna betreibt die OHD u. a. das Taba Heights Resort in Sinai, Ägypten, und das Tala Bay Aqaba Resort in Jordanien. Weitere Resorts entstehen in Saudi-Arabien und am Golf von Oman.

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Führungsprinzipien

1. Im Dialog führen, nicht auf Papier und mit Folien.

2. Praxis zählt; Theorien und Konzepte möglichst dünn halten.

3. Anfangs intensiv präsent sein und intervenieren; wenn es gut läuft, freie Hand lassen.

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Firma

OHD

Mit El Gouna wurde die börsenkotierte Orascom Hotel & Development (OHD) gegründet (2 Mrd Dollar Umsatz). In der Schweiz wurde die Andermatt Alpine Destination Company (AADC) gegründet. Die Bauarbeiten in Andermatt beginnen voraussichtlich im Jahr 2009.