Gibt es bei euch kein Pils? Was viele Deutsche verwirrte, war für Schweizerinnen und Schweizer schlicht normal: Das Standardbier heisst hierzulande nicht «Pils» oder «Pilsner», sondern «Spezial». Pilsner heisst bei uns nur Bier, das effektiv aus Pilsen – oder einem anderen Ort in Tschechien – kommt.
Das dürfte sich nun ändern. Denn Grund für die Schweizer Besonderheit war ein alter Staatsvertrag noch mit der Tschechoslowakei, der «Pilsner» als Herkunftsbezeichnung für tschechische Biere schützte. Und dieser Schutz ist nun offenbar ausgelaufen, wie der Schweizer Brauerei-Verband mit Verweis auf das Amt für Geistiges Eigentum festhält.
«Die Bezeichnung Pils/Pilsen kann nun in der Schweiz für Bier frei verwendet werden und ist nicht mehr nur tschechischem Bier vorbehalten», so der Verband. Jedes «Spezial» darf ab sofort als auch «Pilsner» heissen.
Doch halt! Bereits kämpft der Brauerverband um den Helvetismus im Bierglas. So einfach sei das nämlich nicht. Zwar gebe es eine «Verwandtschaft» zwischen dem hiesigen «Spezial hell» und dem international gebräuchlichen «Pilsner». Ähnliche Brauweise, gleiche Rohstoffe, ähnliche Farbe.
«Spezial» und «Lager»: Was ist der Unterschied?
Schweizer Brauereien unterscheiden traditionell zwischen zwei hellen Bierstilen: «Spezial» und «Lager». Spezial wird normalerweise als «Stange» ausgeschenkt, Lager als «Becher», «Ruugeli» oder «Grosses» im Halbliterglas. Den feinen Unterschied schmecken allerdings nur die wenigsten Konsumentinnen und Konsumenten raus: «Spezial» ist etwas stärker im Alkohol und bitterer im Geschmack und kommt damit tendenziell einem tschechischen Pilsner etwas näher als das Schweizer «Lager».
Und doch sei das «Spezial» ein eigener Bierstil, findet der Verband – und wirbt für dessen Überleben. Das Schweizer Bier sei etwas dunkler und stärker als ein deutsches Pils. Zugleich sei es weniger stark gehopft und somit weniger bitter. Auch vom tschechischen Vorbild mit seinem etwas butterigen Geschmack unterscheide sich das «Spezli».
Was für viele einfach Schweizer «Kartellbier» ist, gelte es zu würdigen. Und so will der Brauerverband im Rahmen seiner Prämierungen auch weiterhin zwischen «Spezial hell» und «Pilsner» unterscheiden. Für lange Diskussionen ist gesorgt.
In der Vergangenheit hatte das Schweizer Pilsverbot teilweise kurios anmutende Folgen. Vor knapp zehn Jahren ging etwa der Kanton Zürich streng gegen importierte Biere vor, die illegal als «Pilsner» bezeichnet wurden. So musste der auf Bier spezialisierte Getränkehändler «Drinks of the World» von Hand Etiketten übermalen, um dem Gesetz nachzukommen. Grosse deutsche Brauereien füllen – nicht nur wegen der Schweiz – ihre Exportbiere denn auch ohne die heikle Herkunftsbezeichnung ab.