Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hat einen Massnahmenplan gegen den vorherrschenden Fachkräftemangel präsentiert. Diesen will der Verband unter anderem mit einer Verlängerung der Arbeitszeiten und zusätzlichen Anreizen für eine höhere Erwerbstätigkeit bekämpfen, wie der SAV am Montag mitteilte.

Schon jetzt blieben in der Schweiz rund 120'000 Stellen wegen des Fachkräftemangels unbesetzt. Bis 2030 würden eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen. Durch den Rückgang der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit - wegen des Teilzeitbooms und verschiedenen Formen von Ferien - verschlimmere sich die Situation zusätzlich, hiess es weiter in der Mitteilung.

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«Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen wir das gesamthaft geleistete Arbeitsvolumen erhöhen und nicht über eine weitere, generelle Senkung nachdenken», sagt Daniella Lützelschwab, Leiterin des Ressorts Arbeitsmarkt beim SAV, laut der Mitteilung.

Als weitere Massnahmen führte der SAV zusätzliche Anreize für eine höhere Erwerbstätigkeit - unter anderem die Förderung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen, die Abschaffung der sogenannten «Heiratsstrafe» und die Einführung einer individuellen Besteuerung - in seinem Massnahmenplan auf.

Hintergrund ist die Tatsache, dass verheiratete Paare mit ähnlich guten Einkünften in manchen Kantonen deutlich höhere Steuern zahlen als wenn sie unverheiratet zusammenleben. Die Einführung einer Individualbesteuerung würde bis zu 60'000 zusätzliche Vollzeitstellen generieren, schrieb der Verband.

Berufsbildung soll gestärkt werden

Auch müsse das Interesse von Jugendlichen und Eltern an einer Berufsbildung wieder vermehrt geweckt werden, hiess es in der Mitteilung. Der Trend zu kürzeren Arbeitspensen halte zudem vor allem bei Akademikerinnen und Akademikern an, deshalb lohne sich deren teure Ausbildung wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht mehr, schrieb der SAV weiter. Diese sollen, ginge es nach dem SAV, ihre Studienkosten deshalb bewusst abarbeiten müssen. Der SAV bringt hierbei auch exponentiell steigende Studiengebühren und Darlehenssysteme ins Spiel.

Des weiteren sprach sich der SAV für eine Modernisierung des Arbeitsgesetzes im Sinne einer Lockerung der Arbeitszeitregelungen aus. Davon verspricht sich der Verband einen grossen Effekt auf die bessere Ausschöpfung des inländischen Fachpersonals. Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen zudem mithilfe neuer Arbeitsmodelle - und neben einer generellen Erhöhung des Rentenalters - länger im Arbeitsmarkt verbleiben.

Der SAV sieht in diesem Zusammenhang das Modell der «Bogenkarriere» als einen vielversprechenden Weg an: Der Beschäftigungsgrad wird mit zunehmendem Alter reduziert und Führungsverantwortung abgegeben, dafür wird bis in ein höheres Alter gearbeitet. «Die Betriebe, die Politik, aber auch die Gesellschaft müssen sich bewegen, wenn wir den grossen Arbeitskräftebedarf in den nächsten Jahren nicht ausschliesslich über eine höhere Zuwanderung füllen wollen», sagt SAV-Präsident Roland A. Müller laut der Mitteilung.

Gewerkschaftsbund will Lohnerhöhungen

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) lehnt die vom SAV geforderten Arbeitszeitverlängerungen ab, wie er am Montag mitteilte. Stattdessen müssten die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld verbessert werden. Die Schweizer Beschäftigungspolitik müsse fortschrittlich sein, hiess es weiter. Nur wenn Familie und Beruf vereinbar seien, die Arbeit nicht krank mache und alle gut von ihr leben könnten, habe sie eine Zukunft.

Es brauche zudem zeitgemässe Arbeitszeiten und Löhne. Lohnerhöhungen seien überfällig, gerade auch für Menschen mit Lehrabschluss, schrieb der SGB. Zudem sollten die Arbeitgeber die Organisation der Arbeit in ihren Betrieben verbessern.

(sda/dob)